Vermögensschutz – Asset Protection- Schutz des Privatvermögens vor dem Zugriff von Gläubigern, Ex- Gatten oder Pflichtteilsberechtigten
Vermögensschutz – Asset Protection- Schutz des Privatvermögens vor dem Zugriff von Gläubigern, Ex- Gatten oder Pflichtteilsberechtigten
Das Vermögen wird stetig in seinem Bestand bedroht. Nicht nur Inflation oder Steuern mindern das Vermögen, auch unternehmerische Tätigkeiten, Finanzierungen, Erbfälle, Scheidungen etc. bergen die Gefahr eines Haftungszugriffs von Gläubigern wie Banken, Ex-Gatten oder Pflichtteilsberechtigten. Es ist daher entscheidend rechtzeitig entsprechende Vorkehrungen zu treffen, um das Betriebsvermögen und insbesondere das davon getrennte Privatvermögen einer derartigen Haftung zu entziehen. Diese Maßnahmen zum Vermögensschutz werden auch als „Asset- Protection“ bezeichnet. Ziel der Asset Protection ist es, Vermögen vor unberechtigtem Zugriff Dritter zu schützen, im Besonderen vor Haftungsrisiken, Pflichtteilsberechtigten oder Ex-Gatten. Es gibt eine Reihe von rechtlich zulässigen präventiven Maßnahmen, die sicherstellen, dass die Substanz des Vermögens erhalten bleibt, zum Beispiel:
- Haftungsausschluss/ Haftungsreduzierung: Um mögliche Haftungsansprüche schon von Anfang zu vermeiden, können durch vertragliche Gestaltung (zum Beispiel AGB) Haftungen aus unternehmerischer Haftung reduziert werden. Eine persönliche Haftung kann durch die Wahl der passenden Gesellschaftsform (GmbH bzw. GmbH & Co.KG) sowie entsprechenden Regelungen im Gesellschaftsvertrag sowie durch Geschäftsführerverträge reduziert werden.
- Vermögensübertragungen: Hier kommen insbesondere Schenkungen zugunsten von Familienangehörigen in Betracht. Überträgt man rechtzeitig Vermögen auf den Ehegatten oder Kinder und Enkel, kann man dadurch den Zugriff einiger Gläubiger ausschließen oder zumindest erschweren. Hier muss man besonders auf insolvenzrechtliche Anfechtungstatbestände, der möglichen Pfändbarkeit etwaiger Rückforderungsansprüche des Schenkers oder strafrechtliche Verbote achten.
- Familienrechtliche Gestaltungen: Im Familienrecht gibt es eine Reihe verschiedener Instrumente des Vermögensschutzes. So kann bspw. Vermögen von einem Ehegatten auf den anderen durch Güterstandswechsel (Güterstandsschaukel Zugewinngemeinschaft – Gütertrennung) übertragen werden. Die pfändungserleichternde Eigentumsvermutung kann durch ein rechtzeitiges Vermögensverzeichnis widerlegt werden. Ein Ehevertrag, der im Fall der Scheidung Zugewinnausgleichsansprüche und Unterhaltsforderungen regelt, ist ein wesentliches Element des Vermögensschutzes.
- Erbrechtliche Gestaltungen: Ist Betriebsvermögen im Nachlass, können Pflichtteilsansprüche die Existenz des Vermögens gefährden und Erbstreitigkeiten hervorrufen. Hier muss die Unternehmensnachfolge frühzeitig geregelt werden. Für überschuldete Erben oder um Ansprüche eines Geschiedenen im Erbfall auszuschließen gibt es die erbrechtlichen Instrumente der Vor- und Nacherbschaft sowie der Testamentsvollstreckung.
- Familiengesellschaft: Zur Vermögensverwaltung kann Privatvermögen sehr gut in einer Familiengesellschaft gebündelt werden. Hier können im Gesellschaftsvertrag entsprechende Vorkehrungen getroffen werden, um den Zugriff von Gläubigern oder Schwiegerkindern auf das Vermögen zu erschweren. Gesellschafter, die insolvent werden, können zum Beispiel gegen eine geringe Abfindung aus der Gesellschaft gedrängt werden, um das Vermögen der übrigen Gesellschafter (Familienmitglieder) zu erhalten.
- Ausnutzung nicht pfändbarer Vermögenswerte: Bestimmte Vermögensrechte, wie Wohnrechte können bei entsprechender Gestaltung nicht gepfändet werden. Die Umwandlung oder Neuschaffung solcher Vermögenswerte ist oft sehr sinnvoll.
Zu beachten ist stets, dass die Maßnahmen zum Schutz des Vermögens nur im Vorfeld eines möglichen Haftungsfalls zielführend sind. Es ist daher besonders wichtig, rechtzeitig zu handeln.
Als auf das Wirtschaftsrecht spezialisierte Kanzlei beraten wir Sie umfassend und kompetent in allen Fragen des wirksamen Vermögensschutzes und entwickeln gemeinsam mit Ihnen eine individuelle Strategie, um Ihr Vermögen vor dem unberechtigten Zugriff Dritter effektiv zu schützen.
Neue Entscheidung des BGH zur Insolvenzanfechtung
Neue Entscheidung des BGH zur Insolvenzanfechtung- Insolvenzrecht und Gesellschaftsrecht : Die Darlehensrückzahlung an einen Nichtgesellschafter ist nicht anfechtbar (BGH, 27.02.2020 – IX ZR 337/18)
Gewährt ein außenstehender Dritter einem Gesellschafter der späteren Insolvenzschuldnerin und dessen Ehefrau ein Darlehen, welches der Gesellschafter zur Gewährung eines Darlehens an die Gesellschaft verwendet, ist die Rückzahlung des Darlehens an den Dritten durch die Gesellschaft dem Dritten gegenüber nicht als Rückgewähr eines Gesellschafterdarlehens anfechtbar (BGH, Urteil vom 27.02.2020 – IX ZR 337/18).
Hintergrund dieses Urteils ist ein Fall, in dem ein Dritter dem Gesellschafter und dessen Ehefrau ein Darlehen in Höhe von 1 Mio. Euro gewährt, den Betrag aber direkt an die Gesellschaft (GmbH) überwiesen hat. Die Gesellschaft tilgte das Darlehen durch eine Zahlung in Höhe von 550.000 Euro, indem sie den Betrag direkt an den Dritten zahlte. Der Insolvenzverwalter war der Ansicht, dass es sich hierbei um die Rückzahlung eines Gesellschafterdarlehens durch die GmbH handeln würde. Er erhob eine Anfechtungsklage gegen den Darlehensgeber auf Rückgewähr der 550.000 Euro nebst Zinsen. Während zwei Vorinstanzen dem Insolvenzverwalter Recht gaben (LG Heidelberg – 5 O 265/16 und OLG Karlsruhe – 3 U 15/17) und den Darlehensgeber zur Zahlung an den Insolvenzverwalter verurteilten, hob der BGH die Entscheidung mit Urteil vom 27.02.2020 auf und wies die Klage ab. Der BGH führt aus, dass eine Darlehensrückzahlung an einen außenstehenden Dritten nicht der Insolvenzanfechtung nach § 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO unterliegt. Eine Rechtshandlung sei nach § 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO anfechtbar, die für die Forderung eines Gesellschafters auf Rückgewähr eines nachrangigen Darlehens im Sinne des § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO oder für eine gleichgestellte Forderung Befriedigung gewährt hat, wenn die Handlung im letzten Jahr vor deren Eröffnungsantrag oder nach diesem Antrag vorgenommen worden sei. Im Verhältnis zum Beklagten seien diese Voraussetzungen offensichtlich nicht erfüllt. Dem Nachrang des § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO unterliegen Ansprüche auf Rückgewähr von Darlehen, die von einem Gesellschafter gewährt worden seien, der einer Gesellschaft im Sinne von § 39 Abs. 4 Satz 1 InsO angehöre und der nicht dem Kleinbeteiligtenprivileg gem. § 39 Abs. 5 InsO unterfalle. Der Beklagte sei allerdings nie Gesellschafter der Schuldnerin gewesen oder stehe einem solchen gleich. Finanzierungshilfen Dritter sind aber nur dann wie Gesellschafterdarlehen zu behandeln, wenn der Dritte bei wirtschaftlicher Betrachtung einem Gesellschafter gleichsteht. Andernfalls ist diese extreme Form der Insolvenzanfechtung nach § 135 InsO nicht gerechtfertigt.
Gerne beraten wir Sie als Fachanwälte für Insolvenzrecht im Gesellschaftsrecht und im Insolvenzrecht umfassend zum Thema Insolvenzanfechtung und zur Abwehr von Insolvenzanfechtungsansprüchen.
Wir bieten Ihnen während der Coronakrise unsere Beratungsleistung selbstverständlich auch telefonisch an und stimmen die Kosten im Vorfeld mit Ihnen ab.
Neue Entscheidung des BGH im Scheidungsrecht
Neue Entscheidung des BGH im Scheidungsrecht
Trennungsunterhalt auch ohne früheres Zusammenleben – Der Anspruch auf Ehegattentrennungsunterhalt setzt nicht voraus, dass die Eheleute tatsächlich in einer Wohnung zusammengelebt haben, und auch nicht, dass die Eheleute gemeinsam gewirtschaftet haben BGH, 19.02.2020, XII ZB 358/19).
Mit Beschluss vom 19.02.2020 entschied der Bundesgerichtshof (BGH) im Falle einer arrangierten Ehe, dass der Frau Trennungsunterhalt zustehe, auch wenn die Eheleute nie zusammengelebt oder gewirtschaftet haben und die Ehe nur von kurzer Dauer war. In dem Fall hatte eine Frau von ihrem Mann Trennungsunterhalt verlangt. Die Ehe war von den Eltern arrangiert worden, die einen indischen kulturellen Hintergrund haben. Die Frau lebte zum Zeitpunkt der Heirat bei ihren Eltern in Frankfurt und arbeitete bei einer Bank, der Mann lebte in Paris und arbeitete dort als Wertpapierhändler. Ursprünglich war geplant, dass sich die Frau zu ihrem Mann nach Paris versetzen lassen würde, um dort gemeinsam zu leben. Auch nach der Eheschließung im August 2017 lebten die beiden weiter getrennt in Frankfurt und Paris. Das Paar verbrachte gelegentlich die Wochenenden miteinander aber ohne eine sexuelle Beziehung aufzunehmen. Es gab kein gemeinsames Konto und ihre Einkünfte verbrauchten beide jeweils für sich selbst. Im August 2018 trennte sich das Paar. Die Frau forderte von dem Mann Trennungsunterhalt, schließlich habe er mehr verdient als sie. Sie hätten „ein ganz normales Eheleben“ geführt. Während das Amtsgericht ihren Antrag noch zurückwies, hatte die Frau vor dem Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main dann aber Erfolg. Der Anspruch auf Trennungsunterhalt hänge nicht davon ab, ob die Beteiligten vor der Trennung zusammengezogen sind oder zusammengelebt haben, entschieden die Frankfurter Richter. Auch eine „Verflechtung der wechselseitigen Lebenspositionen“ sei ebenso wenig Voraussetzung, betonte das OLG. Es gebe keine nur formell bestehende Ehe mit gegenüber den gesetzlichen Rechten modifizierten oder verminderten Rechten. Durch ihr Verhalten können die Eheleute auch die gesetzlichen Ansprüche nicht beschränken. Der BGH wies die Rechtsbeschwerde gegen den Frankfurter Beschluss zurück. Dass die Ehegatten von Anfang an getrennt gelebt und kein gemeinsames Konto geführt haben, stehe dem Trennungsunterhaltsanspruch der Frau nicht entgegen. Auch eine Verwirkung wegen einer kurzen Ehedauer liege nicht vor. Da ursprünglich geplant war, gemeinsam in Paris zu leben, liege ein anfängliches Einvernehmen vor, eine eheliche Lebensgemeinschaft zu begründen. Um es kurz zu machen: Ehe bleibt Ehe, egal welches Lebensmodell die Ehepartner für sich wählen.
Bei der Trennung von dem Ehepartner ergeben sich einige Rechtsfolgen. So kann ein Ehepartner Anspruch auf Trennungsunterhalt haben. Es können sich aber weitere Pflichten ergeben, etwa aus einer gemeinsamen Wohnung oder einem gemeinsamen Haushalt. Eine unabhängige anwaltliche Beratung ist dabei unerlässlich. In unserer auf das Familienrecht spezialisierten Kanzlei beraten wir Sie gerne im Hinblick auf sämtliche Rechtsfolgen, die eine Trennung mit sich bringt.
Wir bieten Ihnen während der Coronakrise unsere Beratungsleistung selbstverständlich auch telefonisch an und stimmen die Kosten im Vorfeld mit Ihnen ab.
Corona- Sonderregelungen- Allgemeines Leistungsverweigerungsrecht für Unternehmer
Corona- Sonderregelungen- Allgemeines Leistungsverweigerungsrecht für Unternehmer
Aufgrund der Corona-Pandemie befinden sich viele Unternehmen in der Krise. Der Bundestag hat daher am Mittwoch beschlossen, dass ein zeitlich befristetes Leistungsverweigerungsrecht eingeführt wird.
Der Bundestag hat am Mittwoch im Rahmen eines milliardenschweren Hilfspaketes beschlossen, ein bis zum 30.06.2020 befristetes Leistungsverweigerungsrecht einzuführen. Hintergrund ist die Zustimmung zu einem Gesetzesentwurf der Fraktionen CDU/CSU und SPD zur „Abmilderung der Folgen der COVID-19 Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht“. Dieser sieht insbesondere Erleichterungen für Unternehmen vor.
Allgemeines Leistungsverweigerungsrecht
Im Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch werden in Art. 240 EGBGB zeitlich befristete Regelungen eingeführt, die ein außerordentliches Leistungsverweigerungsrecht bzw. ein Recht zur Einstellung von Leistungen aus vertraglichen Verpflichtungen aus für ihn wesentlichen Dauerschuldverhältnissen begründen. Der Gesetzgeber stellt damit ein allgemeines Leistungsverweigerungsrecht zur Verfügung. Dieses bezieht sich sowohl auf Geldleistungen als auch auf andere Leistungen.
Unternehmer können Leistung verweigern
Auch Gewerbetreibende haben nun die Möglichkeit ihre Leistungspflicht zu verweigern. Hierzu müssen besondere Umstände vorliegen, insbesondere muss der Schuldner aufgrund der Coronakrise außerstande sein, seine vertraglichen Pflichten zu erfüllen.
Sonderrechte für Kleinstunternehmen
Auch Kleinstunternehmen, also Unternehmen mit bis zu 9 Beschäftigten und bis zu 2 Millionen Euro Umsatz pro Jahr, wird das Recht eingeräumt, Leistungen zur Erfüllung eines Anspruchs, der im Zusammenhang mit einem Dauerschuldverhältnis steht, dass vor dem 8. März 2020 geschlossen wurde, bis zum 30. Juni 2020 die Leistung zu verweigern, wenn das Unternehmen die Leistung infolge von Umständen, die auf die Pandemie zurückzuführen sind, nicht erbringen kann oder dem Unternehmen die Erbringung der Leistung ohne Gefährdung der wirtschaftlichen Grundlagen seines Erwerbsbetriebs nicht möglich wäre.
Ausnahmen vom Leistungsverweigerungsrecht
Das Leistungsverweigerungsrecht gilt zugunsten der Gläubiger nicht, wenn die Ausübung für den Vertragspartner unzumutbar ist, weil hierdurch seine betriebliche Existenz und sein Lebensunterhalt gefährdet würden. Für Kleinstunternehmer gilt es auch dann nicht, wenn die Nichterbringung der Leistung zu einer Gefährdung des angemessenen Lebensunterhalts des Gläubigers oder seiner unterhaltsberechtigten Angehörigen führen würde.
Das Leistungsverweigerungsrecht gilt auch nicht für Miet- und Pachtverhältnisse, da es hierfür eine gesonderte Regelung gibt (lesen Sie hierzu unseren Blog „Mietfrei durch Corona?“) und nicht für Verpflichtungen im Zusammenhang mit Arbeitsverträgen.
Entlastung für Gewerbetreibende
Durch den Gesetzesbeschluss hat der Bundestag besondere Regelungen eingeführt, um Schuldnern, die wegen der Corona-Pandemie ihre vertraglichen Pflichten nicht erfüllen können, einen gewissen Spielraum einzuräumen. Gewerbetreibenden wurden hierdurch insgesamt mehr Rechte eingeräumt. Allerdings birgt diese Regelung auch Konfliktpotential, da es zahlreiche Vertragsverhältnisse gibt, bei denen beide Vertragspartner von der Coronakrise wirtschaftlich schwer getroffen sind.
Lassen Sie keine unnötige Zeit verstreichen und informieren Sie sich rechtzeitig über Ihre Rechte und Pflichten. Als Wirtschaftskanzlei betreuen wir Gewerbetreibende und Freiberufler in allen rechtlichen Fragestellungen und bieten Ihnen aufgrund der Coronakrise unsere Beratungsleistung selbstverständlich auch telefonisch an, wobei wir die Kosten gerne vorher mit Ihnen abstimmen.
Sensations- Urteil des EuGH- Widerrufsmöglichkeit für Verbraucherkredite
Sensations- Urteil des EuGH- Widerrufsmöglichkeit für Verbraucherkredite
Der EuGH erklärte gestern sogenannte Widerrufsinformationen in bestimmten Kreditverträgen für unvereinbar mit deutschem Recht. Die Folge? Zahlreiche Kreditverträge, egal ob Fahrzeugfinanzierung oder Immobilienfinanzierung sind voraussichtlich widerrufbar.
Mit seinem gestrigen Urteil bringt der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) das gesamte deutsche Verbraucherrecht ins Wanken. Millionen deutscher Verbraucher, die eine Immobilie, ein Fahrzeug oder einen Fernseher finanzierten, haben nun gute Chancen den Vertrag widerrufen zu können.
Um was geht es?
Hintergrund ist der Streit zwischen einem Hauseigentümer und seiner Sparkasse um den Widerruf seines Immobilienkreditvertrages. Dieser enthält nach Ansicht des 42 -jährigen Mannes aus dem Saarland rechtswidrige Klauseln. Das angerufene Landgericht Saarbrücken setzte den Streit aus und legte dem EuGH die Frage vor, ob die Vertragsklauseln mit der europäischen Verbraucherkreditlinie vereinbar seien.
Der EuGH gab dem Kläger jetzt Recht und erklärte die sogenannte Widerrufsinformation in dem Vertrag für unvereinbar mit europäischem Recht.
Demnach stellt der Gerichtshof mit seinem Urteil fest, „dass die Richtlinie, die darauf abzielt, allen Verbrauchern ein hohes Maß an Schutz zu gewährleisten, dahin auszulegen ist, dass Verbraucherkreditverträge in klarer und prägnanter Form die Modalitäten für die Berechnung der Widerrufsfrist angeben müssen. Außerdem steht die Richtlinie dem entgegen, dass ein kreditvertrag hinsichtlich der Pflichtangaben deren Erteilung an den Verbraucher für den Beginn der Widerrufsfrist maßgeblich ist, auf eine nationale Vorschrift verweist, die selbst auf weitere Rechtsvorschriften des betreffenden Mitgliedsstaats verweist. Im Fall einer solchen Kaskadenverweisung kann der Verbraucher auf der Grundlage des Vertrags nämlich weder den Umfang seiner vertraglichen Verpflichtung bestimmen noch überprüfen, ob der von ihm abgeschlossene Vertrag alle erforderlichen Angaben enthält, und erst recht nicht, ob die Widerrufsfrist, über die er verfügen kann, für ihn zu laufen begonnen hat“.
Zahlreiche Verträge sind widerrufbar
Diese Widerrufsklausel findet sich in nahezu allen Verbraucherkreditverträgen, die seit Juni 2010 abgeschlossen wurden. In ihr wird für den Beginn der Widerrufsfrist auf § 492 Absatz 2 BGB verwiesen. Der verweist seinerseits wieder auf etliche andere Paragraphen. Diese Kette an Paragraphen nennt sich Kaskadenverweis. Ein solcher ist nicht transparent genug, da der Verbraucher insbesondere den Umfang seiner vertraglichen Pflichten nicht abschätzen kann. Damit widerspricht der EuGH der bankenfreundlichen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH). Dieser entschied im November 2016, dass die von vielen Banken und Leasinggebern verwendete Widerrufsbelehrung zulässig ist, solange diese „klar und verständlich“ ist.
Die Klausel befindet sich nahezu in allen allgemeinen Konsumentenkreditverträgen oder Darlehen, die seit Juni 2010 abgeschlossen wurden. Es sind daher fast 20 Millionen Autokredit- und Leasingverträge betroffen.
Immobilienkreditverträge
Bei den Immobilienkreditverträgen wurde in der Regel ab 2016 eine andere Widerrufsformulierung verwendet. Daher sind oft Verträge betroffen, die zwischen Juni 2010 und März 2016 abgeschlossen wurden. Gerade aber bei älteren Verträgen kann ein Widerruf interessant sein. Einst teure Baukredite kosten heute anstatt 3,6 Prozent nur noch 0,8 Prozent. Über die Jahre macht das für Verbraucher einen Unterschied von etlichen Tausend Euro Zinsen.
Autokredit- und Leasingverträge/ neue Chance im Abgasskandal
Durch diesen neuen Widerrufsjoker ist bei Autokredit- und Leasingverträgen die Rückgabe des Fahrzeugs gegen Erstattung aller bereits gezahlten Raten möglich. Das ist insbesondere bei Fahrzeugen, die vom Abgasskandal betroffen sind, interessant.
Wandel in der Rechtsprechung
Die Entscheidung des EuGH dürfte nahezu die gesamte Rechtsprechung zum Verbraucherkredit ändern. Verbraucher, die sich bisher scheuten ihren Kreditvertrag zu widerrufen, eröffnet dies ganze andere Möglichkeiten. Zwar könnte es auch sein, dass Banken und Kreditinstitute sich weiterhin auf die Rechtsprechung des BGH berufen und es auf eine Klage ankommen lassen. Dann steigen aber die Chancen für einen außergerichtlichen Vergleich.
Sie wollen Ihr Widerrufsrecht prüfen? Dann melden Sie sich bei uns, denn bevor Sie den Widerruf erklären, sollten Sie sich über die Chancen und Risiken in Ihrem individuellen Fall beraten lassen. Wir bieten Ihnen während der Coronakrise unsere Beratungsleistung selbstverständlich auch telefonisch an und stimmen die Kosten im Vorfeld mit Ihnen ab.
Corona-Sonderregelungen- Aussetzung der Insolvenzantragspflicht- Weichenstellung zwischen Insolvenz- Eigenverwaltung oder Sanierung und Restrukturierung
Corona-Sonderregelungen- Aussetzung der Insolvenzantragspflicht- Weichenstellung zwischen Insolvenz- Eigenverwaltung oder Sanierung und Restrukturierung
Die Corona-Pandemie stürzt viele Unternehmen in die Krise. Um die Fortführung von Unternehmen, die wegen der Coronakrise in Schwierigkeiten geraten sind, zu erleichtern, hat der Bundestag am Mittwoch beschlossen, dass die Insolvenzantragspflicht bis zum 30. September 2020 ausgesetzt wird. Auch wird es Gläubigern erschwert, Insolvenzverfahren zu beantragen.
Der Bundestag hat am Mittwoch im Rahmen eines milliardenschweren Hilfspaketes beschlossen, dass die Insolvenzantragspflicht bis September 2020 ausgesetzt wird. Hintergrund ist die Zustimmung zu einem Gesetzesentwurf der Fraktionen CDU/CSU und SPD zur „Abmilderung der Folgen der COVID-19 Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht“.
Ist eine Firma überschuldet und kann ihre Zahlungsverpflichtungen und Kredite in absehbarer Zeit nicht bedienen, sind Geschäftsführer grundsätzlich verpflichtet, innerhalb von drei Wochen einen Insolvenzantrag beim zuständigen Amtsgericht einzureichen, § 15 a InsO. Diese Pflicht wird nun bis Ende September 2020 ausgesetzt. Darüber hinaus werden den betroffenen Unternehmen erhebliche finanzielle Hilfen zur Verfügung gestellt.
Nach § 1 des neuen Gesetzes wird die Pflicht zur Stellung eines Insolvenzantrags nach § 15a der Insolvenzordnung und nach § 42 Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ist bis zum 30. September 2020 ausgesetzt. Dies gilt nicht, wenn die Insolvenzreife nicht auf den Folgen der Ausbreitung des SARS-CoV-2-Virus (COVID-19-Pandemie) beruht oder wenn keine Aussichten darauf bestehen, eine bestehende Zahlungsunfähigkeit zu beseitigen. War der Schuldner am 31. Dezember 2019 nicht zahlungsunfähig, wird vermutet, dass die Insolvenzreife auf den Auswirkungen der COVID-19-Pandemie beruht und Aussichten darauf bestehen, eine bestehende Zahlungsunfähigkeit zu beseitigen. Ist der Schuldner eine natürliche Person, so ist § 290 Absatz 1 Nummer 4 der Insolvenzordnung mit der Maßgabe anzuwenden, dass auf die Verzögerung der Eröffnung des Insolvenzverfahrens im Zeitraum zwischen dem 1. März 2020 und dem 30. September 2020 keine Versagung der Restschuldbefreiung gestützt werden kann. Die Sätze 2 und 3 gelten entsprechend.
Wir beraten Sie gerne zur Frage der Insolvenzantragspflicht und der ggf. gleichwohl bestehenden Weichenstellung zwischen Insolvenz- ggf. in Eigenverwaltung, Fortführung unter Neukreditierung oder Liquidation.
Quarantänekoller- Ehekrise
Quarantänekoller- Ehekrise
Sie stecken mitten in einer Ehekrise? Sie denken an Trennung oder sind bereits entschlossen, sich scheiden zu lassen? Damit sind Sie nicht alleine. Fast jede dritte Ehe in Deutschland wird geschieden. Gerade auch in Krisenzeiten wie diesen, können selbst langjährige, eingespielte Beziehungen an ihre Grenzen kommen. In diesem Fall ist es äußerst wichtig, sich vorab zu informieren und gut vorzubereiten. Nur so lassen sich Risiken schon frühzeitig erkennen und kostenintensive Fehler vermeiden. Scheidungen können schnell und unkompliziert über die Bühne gehen, sie können sich aber ebenso schnell zu einem teuren und belastenden Rosenkrieg entwickeln. Es ist daher äußerst wichtig, dass eine Scheidung gut vorbereitet und wohl überlegt durchgeführt wird.
Doch was erwartet Sie in einem Scheidungsverfahren? Unter welchen Voraussetzungen kann eine Scheidung beantragt werden? Wir geben Ihnen einen ersten Überblick über die wichtigsten Fragen.
Wie läuft eigentlich eine Scheidung ab?
Wenn Sie sich entschieden haben, dass Ihre Ehe endgültig gescheitert ist, können Sie durch gerichtliche Entscheidung ein Scheidungsurteil erwirken. Ein Scheidungsverfahren wird auf Antrag eines Ehegatten beim zuständigen Familiengericht eingereicht, § 1564 BGB. Für die Einreichung des Ehescheidungsantrags besteht Anwaltszwang, d.h. nur ein Anwalt kann einen wirksamen Scheidungsantrag stellen.
Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, um einen Scheidungsantrag einreichen zu können?
1. Scheitern der Ehe
Ihre Ehe muss zunächst „gescheitert“ sein, § 1565 BGB.
Eine Ehe ist als gescheitert anzusehen, wenn die Lebensgemeinschaft der Eheleute nicht mehr besteht und nicht erwartet werden kann, dass die Eheleute sie wiederherstellen.
Das Scheitern der Ehe wird vermutet, wenn die Eheleute das Trennungsjahr hinter sich gebracht haben.
2. Das Trennungsjahr
Die Ehe gilt als zerrüttet, wenn die Eheleute bereits ein Jahr getrennt leben, § 1566 BGB.
In diesem Fall kommt es auf Scheidungsgründe nicht an.
Bei einer einvernehmlichen Scheidung, bei der also beide Ehepartner mit der Scheidung einverstanden sind, wird der Trennungszeitpunkt von den Ehepartnern festgelegt, den das Gericht nicht überprüft.
Sollte einer der Eheleute die Scheidung nicht wollen, müssen die Eheleute drei Jahre getrennt leben.
Beim Trennungsjahr steht grundsätzlich die Wiederherstellung der Ehe im Vordergrund. Man soll sich genügend Zeit für eine endgültige Entscheidung über das Scheitern der Ehe nehmen.
Leben die Ehepartner während des Trennungsjahres gemeinsam in einer Wohnung, sind verschiedene Dinge zu beachten:
Trennung der Schlafzimmer
Keine gemeinsame Haushaltsführung (getrenntes Kochen, Einkaufen etc.)
Trennung der Finanzen
Sprichwörtlich muss eine „Trennung von Tisch und Bett“ nachweisbar erfolgt sein.
Bei einer streitigen Scheidung, bei der die Eheleute mehr als ein Jahr, aber noch keine drei Jahre getrennt leben, kann die Ehe nur geschieden werden, wenn sie nachweislich als „zerrüttet“ gilt. In diesem Fall muss ein Scheidungsgrund angegeben werden.
Leben die Eheleute drei Jahre getrennt, so gilt die Ehe unwiderlegbar als zerrüttet, § 1566 Abs. 2 BGB. Dann sind weder Scheidungsgründe noch die Zustimmung beider Eheleute erforderlich.
Gibt es eine Möglichkeit, die Scheidung ohne das Trennungsjahr über die Bühne zu bringen?
Eine Ehescheidung ohne Einhaltung eines Trennungsjahres ist der absolute Ausnahmefall. Unter bestimmten Voraussetzungen lässt der Gesetzgeber dies zu und zwar wenn es für den einen Ehegatten eine unzumutbare Härte darstellen würde. Die Gründe für die unzumutbare Härte müssen in der Person des anderen Ehegatten liegen, § 1565 Abs. 2 BGB.
Beispiele hierfür sind Stalking, Gewalt, Drogen- Alkoholmissbrauch oder auch unter bestimmten Umständen, das Zuwenden zu einem neuen Partner.
3. Der Scheidungsantrag
Ist die Ehe gescheitert und die Trennungszeiten eingehalten worden, kann ein Ehepartner, vertreten durch einen Rechtsanwalt, einen Scheidungsantrag bei dem für die Ehescheidung zuständigen Gericht einreichen. Der andere Ehegatte muss diesem Antrag nur noch zustimmen.
Es ist also nicht nötig, dass beide Ehegatten einen Scheidungsantrag stellen.
Bei einer einvernehmlichen Scheidung ist daher oft ein Anwalt ausreichend. Dies spart auch Kosten. Der Ehepartner, der dem Scheidungsantrag zustimmt, braucht in diesem Fall keinen eigenen Anwalt. Es kann dann vereinbart werden, dass die Kosten des Anwalts geteilt werden. Dies kann auch in einem Ehevertrag oder einer Scheidungsfolgenvereinbarung geregelt werden.
Welche Dokumente benötige ich für den Scheidungsantrag?
Für den Scheidungsantrag wird zwingend eine Heiratsurkunde oder ein Auszug aus dem Familienregister benötigt.
Sollten Sie einen Ehevertrag aufgesetzt oder eine notariell beurkundete Scheidungsfolgenvereinbarung getroffen haben, die Regelungen zum Versorgungsausgleich beinhalten, sind auch diese einzureichen.
Bei gemeinsamen Kindern sind Geburtsurkunden erforderlich.
Wie lange dauert die Scheidung?
Die Dauer eines Scheidungsverfahrens hängt davon ab, was geregelt werden muss. Erfahrungsgemäß müssen Sie von 5 bis 9 Monaten ausgehen.
Geht das nicht schneller?
Eine Beschleunigung des Verfahrens ist möglich, wenn die Parteien sich im Vorfeld bereits über Unterhalt, Versorgungsausgleich, Hausratsteilung und Zugewinnausgleich geeinigt haben. Eine anwaltliche Beratung und die Ausarbeitung einer Scheidungsfolgenvereinbarung kann hier helfen, um Zeit und Kosten zu sparen. Die Verfahrensdauer reduziert sich auf ca. 2 Monate und es wird kostengünstiger.
Was wird durch die Scheidung alles geregelt?
Neben der Scheidung an sich wird der Versorgungsausgleich geregelt. Durch diesen findet eine Verteilung der während der Ehezeit erworbenen Rentenanwartschaften statt, außer der Versorgungsausgleich wurde durch einen Ehevertrag oder eine Scheidungsfolgenvereinbarung ausgeschlossen oder die Ehe hat nicht länger als drei Jahre gehalten.
Nach Einreichung des Scheidungsantrags übersendet das Gericht Fragebögen zum Versorgungsausgleich. Diesen müssen von den Eheleuten ausgefüllt und zurückgereicht werden. Es werden Auskünfte bei den Versorgungsträgern (Rentenversicherung, Lebensversicherer) eingeholt, damit ein Ausgleich der Anwartschaften erfolgen kann.
Sollten neben der Scheidung und dem Versorgungsausgleich keine Regelungen zur elterlichen Sorge getroffen werden, bleibt es beim gemeinsamen Sorgerecht. Andernfalls muss das alleinige Sorgerecht beantragt werden.
Darüber hinaus können weitere Familiensachen auf Antrag geklärt werden.
Dies betrifft:
- Antrag auf Zugewinnausgleich
- Ehegattenunterhalt
- Kindesunterhalt
- Verteilung Ehewohnung und Haushalt
Muss ich vor Gericht erscheinen?
Grundsätzlich schon. Liegen alle Auskünfte vor, setzt das Gericht einen Termin zur mündlichen Verhandlung an. In diesem Termin ist grundsätzlich die Anwesenheit beider Ehegatten erforderlich. Sie werden zum Scheitern der Ehe und zum Trennungszeitpunkt angehört.
Was passiert bei der Gerichtsverhandlung?
Im Termin zur mündlichen Verhandlung wird, sofern alle gesetzlichen Voraussetzungen vorliegen, die Scheidung ausgesprochen. Sind beide Eheleute anwaltlich vertreten, kann die Scheidung sofort rechtskräftig werden, durch sog. Rechtsmittelverzicht. Ansonsten tritt die Rechtskraft der Scheidung erst nach Vorliegen des schriftlichen Beschlusses und des Ablaufs der Rechtsmittelfrist (1 Monat) ein. Erst dann ist die Scheidung endgültig.
Welche Ansprüche können Sie stellen?
Im Rahmen der Prüfung eines Unterhaltsanspruches ist zunächst zu klären, ob ein Unterhaltsanspruch überhaupt dem Grunde nach besteht. Wie viel Unterhalt bezahlt werden muss, richtet sich dann nach der Art des Unterhaltsanspruchs (z.B. Kindesunterhalt, Ehegattenunterhalt). Beim Kindesunterhalt ist nur das Einkommen des Unterhaltspflichtigen relevant.
Wenn Ehegatten-, Trennungsunterhalt oder Betreuungsunterhalt berechnet wird, ist die Einkommensdifferenz maßgebend. Es spielen aber auch noch viele weitere Faktoren für die Unterhaltsansprüche eine Rolle.
Wir berechnen Ihren Unterhalt und machen ihn für Sie geltend. Wir setzen Ihre Ansprüche gerichtlich und außergerichtlich, sowie, wenn nötig, im Wege der Zwangsvollstreckung durch. Auch überprüfen wir Unterhaltsabrechnungen und weisen überhöhte Forderungen zurück.
Zusammen mit Ihnen ermitteln wir Ihre Ansprüche auf Renten- und sonstige Versorgungsrechte.
Weiter sind bei einer Scheidung Regelungen rund um das Eigenheim oder während der Ehe erworbener Immobilien wichtig, über die wir Sie gerne beraten.
Bei gemeinsamen Kindern liegt bei einer Scheidung der Fokus meist auf dem Sorge- und Umgangsrecht. Das Sorgerecht kann beiden Elternteilen gemeinsam zugesprochen werden oder auf Antrag nur einem Elternteil übertragen werden. Auch hierbei stehen wir Ihnen zur Seite und beraten Sie umfassend über Ihre Rechte und Pflichten sowie die Rechte Ihrer Kinder und unterstützen Sie bei der Durchsetzung Ihrer Ansprüche.
Haben Sie noch weitere Fragen zum Thema Trennung oder Scheidung?
Dann vereinbaren Sie einen individuellen Beratungstermin in unserer Kanzlei. Wir bieten Ihnen aufgrund der Coronakrise unsere Beratungsleistung selbstverständlich auch telefonisch an. Wir freuen uns von Ihnen zu hören.
Auswirkungen von Corona auf vertragliche Beziehungen im B2B Bereich
Auswirkungen von Corona auf vertragliche Beziehungen im B2B Bereich
In allen Fällen von Lieferschwierigkeiten oder Schwierigkeiten mit der Vertragserfüllung stellt sich bei B2B – Verträgen die Frage, was geschieht mit dem Vertrag? Muss trotz Nichtleistung gezahlt werden? Was ist mit Schadensersatz?
Es spielt keine Rolle, ob die Beurteilung nach deutschem oder ausländischem Recht geht, ob es sich um Dienst- oder Werkleistungen oder Warenlieferungen handelt, in allen derartigen Fällen liegt höhere Gewalt vor
In B2B-Verträgen sind häufig eigenständige Regelung für derartige Fälle getroffen worden, bei internationalen Verträgen häufig als force-majeure-Klausel bezeichnet. In nationalen Verträgen finden sich dagegen die entsprechenden Regelungen unter den Begriffen “höhere Gewalt”, “Leistungshindernisse”, “vorübergehende Leistungshemmnisse” etc. Sofern derartige Regelungen wirksam sind, ergeben sich hieraus entscheidende Hinweise dazu, was als höhere Gewalt anzusehen ist und welche Folgen sich für den konkreten Einzelfall ergeben.
Fehlt eine vertragliche Individualvereinbarung im innerdeutschen Rechtsverkehr, kann es zur Anwendung des AGB-Rechts kommen. Diese Regelungen können zur Folge haben, dass die Klausel erst gar nicht zur Anwendung kommt, weil sie überraschend ist bzw. Überraschendes enthält (§ 305c Abs. 1 BGB) oder unwirksam ist, weil sie den Vertragspartner des Klauselverwenders unangemessen benachteiligt (§ 307 BGB).
Fehlt es an einer wirksamen vertraglichen Regelung, so ist das Gesetz anwendbar, für inländische Rechtsbeziehungen also insbesondere das BGB und HGB, für den grenzüberschreitenden Rechtsverkehr das UN-Kaufrecht (CISG) und gegebenenfalls auch ausländisches Recht.
Das BGB befasst sich z.B. in § 275 BGB (Unmöglichkeit der Leistung), § 313 BGB (Störung der Geschäftsgrundlage), § 314 BGB (Kündigung von Dauerschuldverhältnissen aus wichtigem Grund), § 323 BGB (Rücktritt wegen Nichterfüllung) und § 326 BGB (Befreiung von der Gegenleistung und Rücktritt beim Ausschluss der Leistungspflicht) mit Fällen höherer Gewalt, ohne diese ausdrücklich zu bezeichnen.
Für Sie wichtig zu wissen ist allerdings, dass es ein allgemeines Leistungsverweigerungs-, Rücktritts- bzw. Kündigungsrecht wegen des Corona-Virus nicht gibt.
Coronakrise und Insolvenz
Coronakrise und Insolvenz
Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz bereitet gemäß Presseerklärung vom 16.03.2020 kurzfristig eine gesetzliche Regelung zur Aussetzung der Insolvenzantragspflicht vor, um Unternehmen zu schützen, die infolge der Corona-Epidemie in eine finanzielle Schieflage geraten. Als Vorbild hierfür dienen Regelungen, die anlässlich der Hochwasserkatastrophen 2002, 2013 und 2016 getroffen wurden.
Hierzu erklärt die Bundesministerin der Justiz und für Verbraucherschutz, Christine Lambrecht:
„Wir wollen verhindern, dass Unternehmen nur deshalb Insolvenz anmelden müssen, weil die von der Bundesregierung beschlossenen Hilfen nicht rechtzeitig bei ihnen ankommen. Die reguläre Drei-Wochen-Frist der Insolvenzordnung ist für diese Fälle zu kurz bemessen. Deshalb flankieren wir das von der Bundesregierung bereits beschlossene Hilfspaket mit einer Aussetzung der Insolvenzantragspflicht bis zum 30.09.2020 für die betroffenen Unternehmen. Mit diesem Schritt tragen wir dazu bei, die Folgen des Ausbruchs für die Realwirtschaft abzufedern.“
Die Bundesregierung hat angekündigt, verschiedene Instrumente zur Stützung der Liquidität von Unternehmen bereitzustellen, die aufgrund der Auswirkungen der Corona-Epidemie in Zahlungsschwierigkeiten geraten. Es ist aber aus organisatorischen und administrativen Gründen nicht sichergestellt, dass derartige Hilfen rechtzeitig innerhalb der dreiwöchigen Insolvenzantragspflicht bei den Unternehmen ankommen werden.
Um zu vermeiden, dass betroffene Unternehmen allein deshalb einen Insolvenzantrag stellen müssen, weil die Bearbeitung von Anträgen auf öffentliche Hilfen bzw. Finanzierungs- oder Sanierungsverhandlungen in der außergewöhnlichen aktuellen Lage nicht innerhalb der dreiwöchigen Insolvenzantragspflicht abgeschlossen werden können, soll daher durch eine gesetzliche Regelung für einen Zeitraum bis zum 30.09.2020 die Insolvenzantragspflicht ausgesetzt werden.
Voraussetzung für die Aussetzung soll zum einen sein, dass der Insolvenzgrund auf den Auswirkungen der Corona-Epidemie beruht und zum anderen, dass aufgrund einer Beantragung öffentlicher Hilfen bzw. ernsthafter Finanzierungs- oder Sanierungsverhandlungen eines Antragspflichtigen begründete Aussichten auf Sanierung bestehen.
Als mittelstandsorientierte Fachanwälte für Insolvenzrecht unterstützen wir sie als Geschäftsführer in Krise und Sanierung, um den unternehmerischen Entscheidungsprozess zwischen außergerichtlicher Sanierung und Restrukturierung oder insolvenzrechtlichen Sanierungsmöglichkeiten, insbesondere via Eigenverwaltung und Insolvenzplan oder übertragender Sanierung zu unterstützen und persönliche Haftungsrisiken zu vermeiden. Dabei ist das staatliche Schutzschirmbündel und die damit gewährte Sanierungsunterstützung über unmittelbare Liquiditätshilfen, Sanierungskredite und Kurzarbeitergeld mit in die Überlegungen einzubeziehen.
Betriebsschließung wegen Corona-Krise- Mögliche Entschädigung bei Existenzgefährdung für Unternehmer und Selbstständige
Betriebsschließung wegen Corona-Krise- Mögliche Entschädigung bei Existenzgefährdung für Unternehmer und Selbstständige
Nach dem Gesetz zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen stehen Ihnen als selbständigem Unternehmer wegen ergangenen Allgemeinverfügungen, insbesondere Betriebsschliessungen nach § 56 Infektionsschutzgesetz – IfSG mögliche Entschädigungsansprüche, insbesondere bei Existenzgefährdung.
Die Norm sieht im Einzelnen folgendes vor:
(1) Wer auf Grund dieses Gesetzes als Ausscheider, Ansteckungsverdächtiger, Krankheitsverdächtiger oder als sonstiger Träger von Krankheitserregern im Sinne von § 31 Satz 2 Verboten in der Ausübung seiner bisherigen Erwerbstätigkeit unterliegt oder unterworfen wird und dadurch einen Verdienstausfall erleidet, erhält eine Entschädigung in Geld. Das Gleiche gilt für Personen, die als Ausscheider oder Ansteckungsverdächtige abgesondert wurden oder werden, bei Ausscheidern jedoch nur, wenn sie andere Schutzmaßnahmen nicht befolgen können. Eine Entschädigung nach den Sätzen 1 und 2 erhält nicht, wer durch Inanspruchnahme einer Schutzimpfung oder anderen Maßnahme der spezifischen Prophylaxe, die gesetzlich vorgeschrieben ist oder im Bereich des gewöhnlichen Aufenthaltsorts des Betroffenen öffentlich empfohlen wurde, ein Verbot in der Ausübung seiner bisherigen Tätigkeit oder eine Absonderung hätte vermeiden können.
(2) Die Entschädigung bemisst sich nach dem Verdienstausfall. Für die ersten sechs Wochen wird sie in Höhe des Verdienstausfalls gewährt. Vom Beginn der siebenten Woche an wird sie in Höhe des Krankengeldes nach § 47 Abs. 1 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch gewährt, soweit der Verdienstausfall die für die gesetzliche Krankenversicherungspflicht maßgebende Jahresarbeitsentgeltgrenze nicht übersteigt.
(3) Als Verdienstausfall gilt das Arbeitsentgelt (§ 14 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch), das dem Arbeitnehmer bei der für ihn maßgebenden regelmäßigen Arbeitszeit nach Abzug der Steuern und der Beiträge zur Sozialversicherung und zur Arbeitsförderung oder entsprechenden Aufwendungen zur sozialen Sicherung in angemessenem Umfang zusteht (Netto-Arbeitsentgelt). Der Betrag erhöht sich um das Kurzarbeitergeld und um das Zuschuss-Wintergeld, auf das der Arbeitnehmer Anspruch hätte, wenn er nicht aus den in Absatz 1 genannten Gründen an der Arbeitsleistung verhindert wäre. Verbleibt dem Arbeitnehmer nach Einstellung der verbotenen Tätigkeit oder bei Absonderung ein Teil des bisherigen Arbeitsentgelts, so gilt als Verdienstausfall der Unterschiedsbetrag zwischen dem in Satz 1 genannten Netto-Arbeitsentgelt und dem in dem auf die Einstellung der verbotenen Tätigkeit oder der Absonderung folgenden Kalendermonat erzielten Netto-Arbeitsentgelt aus dem bisherigen Arbeitsverhältnis. Die Sätze 1 und 3 gelten für die Berechnung des Verdienstausfalls bei den in Heimarbeit Beschäftigten und bei Selbständigen entsprechend mit der Maßgabe, dass bei den in Heimarbeit Beschäftigten das im Durchschnitt des letzten Jahres vor Einstellung der verbotenen Tätigkeit oder vor der Absonderung verdiente monatliche Arbeitsentgelt und bei Selbständigen ein Zwölftel des Arbeitseinkommens (§ 15 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch) aus der entschädigungspflichtigen Tätigkeit zugrunde zu legen ist.
(4) Bei einer Existenzgefährdung können den Entschädigungsberechtigten die während der Verdienstausfallzeiten entstehenden Mehraufwendungen auf Antrag in angemessenem Umfang von der zuständigen Behörde erstattet werden. Selbständige, deren Betrieb oder Praxis während der Dauer einer Maßnahme nach Absatz 1 ruht, erhalten neben der Entschädigung nach den Absätzen 2 und 3 auf Antrag von der zuständigen Behörde Ersatz der in dieser Zeit weiterlaufenden nicht gedeckten Betriebsausgaben in angemessenem Umfang.
(5) Bei Arbeitnehmern hat der Arbeitgeber für die Dauer des Arbeitsverhältnisses, längstens für sechs Wochen, die Entschädigung für die zuständige Behörde auszuzahlen. Die ausgezahlten Beträge werden dem Arbeitgeber auf Antrag von der zuständigen Behörde erstattet. Im Übrigen wird die Entschädigung von der zuständigen Behörde auf Antrag gewährt.
(6) Bei Arbeitnehmern richtet sich die Fälligkeit der Entschädigungsleistungen nach der Fälligkeit des aus der bisherigen Tätigkeit erzielten Arbeitsentgelts. Bei sonstigen Entschädigungsberechtigten ist die Entschädigung jeweils zum Ersten eines Monats für den abgelaufenen Monat zu gewähren.
(7) Wird der Entschädigungsberechtigte arbeitsunfähig, so bleibt der Entschädigungsanspruch in Höhe des Betrages, der bei Eintritt der Arbeitsunfähigkeit an den Berechtigten auszuzahlen war, bestehen. Ansprüche, die Berechtigten nach Absatz 1 Satz 2 wegen des durch die Arbeitsunfähigkeit bedingten Verdienstausfalls auf Grund anderer gesetzlicher Vorschriften oder eines privaten Versicherungsverhältnisses zustehen, gehen insoweit auf das entschädigungspflichtige Land über.
(8) Auf die Entschädigung sind anzurechnen
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- Zuschüsse des Arbeitgebers, soweit sie zusammen mit der Entschädigung den tatsächlichen Verdienstausfall übersteigen,
- das Netto-Arbeitsentgelt und das Arbeitseinkommen nach Absatz 3 aus einer Tätigkeit, die als Ersatz der verbotenen Tätigkeit ausgeübt wird, soweit es zusammen mit der Entschädigung den tatsächlichen Verdienstausfall übersteigt,
- der Wert desjenigen, das der Entschädigungsberechtigte durch Ausübung einer anderen als der verbotenen Tätigkeit zu erwerben böswillig unterlässt, soweit es zusammen mit der Entschädigung den tatsächlichen Verdienstausfall übersteigt,
- das Arbeitslosengeld in der Höhe, in der diese Leistung dem Entschädigungsberechtigten ohne Anwendung der Vorschriften über das Ruhen des Anspruchs auf Arbeitslosengeld bei Sperrzeit nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch sowie des § 66 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch in der jeweils geltenden Fassung hätten gewährt werden müssen.
Liegen die Voraussetzungen für eine Anrechnung sowohl nach Nummer 3 als auch nach Nummer 4 vor, so ist der höhere Betrag anzurechnen.
(9) Der Anspruch auf Entschädigung geht insoweit, als dem Entschädigungsberechtigten Arbeitslosengeld oder Kurzarbeitergeld für die gleiche Zeit zu gewähren ist, auf die Bundesagentur für Arbeit über.
(10) Ein auf anderen gesetzlichen Vorschriften beruhender Anspruch auf Ersatz des Verdienstausfalls, der dem Entschädigungsberechtigten durch das Verbot der Ausübung seiner Erwerbstätigkeit oder durch die Absonderung erwachsen ist, geht insoweit auf das zur Gewährung der Entschädigung verpflichtete Land über, als dieses dem Entschädigungsberechtigten nach diesem Gesetz Leistungen zu gewähren hat.
(11) Die Anträge nach Absatz 5 sind innerhalb einer Frist von drei Monaten nach Einstellung der verbotenen Tätigkeit oder dem Ende der Absonderung bei der zuständigen Behörde zu stellen. Dem Antrag ist von Arbeitnehmern eine Bescheinigung des Arbeitgebers und von den in Heimarbeit Beschäftigten eine Bescheinigung des Auftraggebers über die Höhe des in dem nach Absatz 3 für sie maßgeblichen Zeitraum verdienten Arbeitsentgelts und der gesetzlichen Abzüge, von Selbständigen eine Bescheinigung des Finanzamtes über die Höhe des letzten beim Finanzamt nachgewiesenen Arbeitseinkommens beizufügen. Ist ein solches Arbeitseinkommen noch nicht nachgewiesen oder ist ein Unterschiedsbetrag nach Absatz 3 zu errechnen, so kann die zuständige Behörde die Vorlage anderer oder weiterer Nachweise verlangen.
(12) Die zuständige Behörde hat auf Antrag dem Arbeitgeber einen Vorschuss in der voraussichtlichen Höhe des Erstattungsbetrages, den in Heimarbeit Beschäftigten und Selbständigen in der voraussichtlichen Höhe der Entschädigung zu gewähren.
Gerne unterstützen wir sie zu rechtlichen Fragen zur Geltendmachung möglicher Entschädigungsansprüche wegen der Corona Krise.