Arbeitsrecht in der Coronakrise - Was Arbeitgeber und Arbeitnehmer jetzt wissen müssen
Arbeitsrecht in der Coronakrise- Was Arbeitgeber und Arbeitnehmer jetzt wissen müssen
Das Coronavirus breitet sich in Deutschland aus- und mit ihm die Unsicherheit: Welche Pflichten haben Arbeitgeber jetzt? Welche Rechte die Arbeitnehmer? Wir geben Ihnen einen Überblick über die wichtigsten arbeitsrechtlichen Fragen.
Was müssen Arbeitgeber jetzt beachten?
Arbeitgeber sollten ihre Mitarbeiter zunächst darüber informieren, wie hoch das Riskio einer Infektion ist und wie sie sich vor dem Coronavirus schützen. Eine aktuelle Risikobewertung und nützliche Informationen zu Schutzmaßnahmen finden Arbeitgeber beispielsweise auf der Informationsseite des Robert Koch Instituts (https://www.rki.de/SharedDocs/FAQ/NCOV2019/FAQ_Liste.html).
Was man als Arbeitgeber sonst noch unternehmen muss, ist derzeit noch unklar, da die vorliegende Krise bisher beispielslos ist.
Es gelten jedoch die allgemeinen Grundsätze des Arbeitsschutzes nach § 4 Arbeitsschutzgesetz- ArbSchG. Nach § 4 Nr. 6 ArbSchG sind beispielsweise spezielle Gefahren für besonders schutzbedürftige Beschäftigtengruppen zu berücksichtigen. Zudem hat der Arbeitgeber eine Fürsorgepflicht. Nach § 618 BGB muss er alles dafür tun, damit Angestellte ihre Arbeit gefahrlos erledigen können. Der Arbeitgeber muss also Maßnahmen treffen, damit sich Arbeitnehmer nicht am Arbeitsplatz anstecken. Dazu gehören insbesondere eine regelmäßige Reinigung und Desinfektion der Arbeitsräume und Arbeitsmittel, sowie das Zur Verfügung stellen von Desinfektionsmitteln, vor allem in den sanitären Anlagen.
Dürfen Mitarbeiter sich weigern, angeordnete Schutzmaßnahmen zu befolgen?
Der Arbeitgeber hat ein Direktionsrecht, das sogenannte Weisungsrecht nach § 106 Gewerbeordnung- GewO. Er darf daher seine Mitarbeiter dazu verpflichten, einen Mundschutz zu tragen und sich regelmäßig die Hände zu waschen oder zu desinfizieren. In einer Situation wie dieser, sind solche Maßnahmen vom Direktionsrecht gedeckt.
Gibt es einen Betriebsrat, so ist bei solchen Maßnahmen allerdings das Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 Betriebsverfassungsgesetz- BetrVG zu beachten.
Dürfen Arbeitgeber bei einem Verdacht auf eine Corona- Infektion eine ärztliche Untersuchung der Mitarbeiter verlangen?
Der Arbeitgeber darf nicht massiv in das grundrechtlich geschützte Persönlichkeitsrecht oder in das Recht auf körperliche Unversehrtheit des Arbeitnehmers eingreifen. Das Direktionsrecht deckt beispielsweise nicht Anordnungen auf ärztliche Untersuchungen. Insbesondere wird der Arbeitgeber seine Mitarbeiter nicht dazu verpflichten können, sich impfen zu lassen, sobald ein Impfstoff erhältlich ist.
Müssen Mitarbeiter bei einer Ansteckung mit dem Coronavirus den Arbeitgeber informieren?
Die Arbeitgeber sind zwar dazu verpflichtet, sich umgehend beim Arbeitgeber krankzumelden. Die Art der Erkrankung müssen sie jedoch grundsätzlich nicht mitteilen.
Da es sich bei dem Coronavirus aber um eine hochansteckende Krankheit handelt, kann man aus der allgemeinen arbeitsrechtlichen Treuepflicht herleiten, dass Arbeitnehmer ausnahmsweise die Art ihrer Erkrankung mitteilen oder sogar mitteilen müssen. Ansonsten kann der Arbeitgeber keine entsprechenden Schutzmaßnahmen gegen die Verbreitung des Virus ergreifen.
Solche Punkte können Unternehmen zum Beispiel als gesonderte Betriebsvereinbarung zu Infektionskrankheiten regeln.
Gerne beraten wir Sie hierbei und geben Tipps bei der Ausgestaltung.
Was sollten Arbeitgeber bei Verdacht oder bestätigtem Fall einer Corona- Infektion tun?
Erkrankt ein Mitarbeiter am Coronavirus oder besteht ein begründeter Verdacht, sollten Arbeitgeber eng mit dem zuständigen Gesundheitsamt zusammenarbeiten. Weisen auch andere Mitarbeiter Corona-Symptome (Husten, Schnupfen, Halskratzen und in manchen Fällen Durchfall) auf, sollten Arbeitgeber sie nach Hause schicken.
Dürfen Arbeitgeber Mitarbeiter nach Hause schicken?
Arbeitgeber dürfen Mitarbeiter anweisen, zu Hause zu bleiben. Zu beachten ist aber, dass man den Mitarbeiter bezahlt freistellen muss.
Auch Home-Office darf nicht einseitig angeordnet werden. Es muss auch vom Arbeitnehmer akzeptiert werden. Weigert sich ein Mitarbeiter im Home-Office zu arbeiten, muss der Arbeitgeber ihn von seiner Arbeitspflicht entbinden und bezahlt freistellen.
Dürfen Arbeitnehmer aus Angst vor einer Corona- Infektion im Home- Office arbeiten?
Angst alleine reicht nicht aus, um im Home-Office zu arbeiten. Liegt kein konkreter Verdacht vor, muss der Mitarbeiter zu seiner Arbeitsstelle erscheinen, außer man hat dies mit dem Arbeitgeber vereinbart. Liegt aber ein konkreter Verdacht vor, dass sich ein Mitarbeiter mit dem Corona Virus infiziert hat, kann der Arbeitnehmer, um andere vor einer Ansteckung zu schützen, von zu Hause arbeiten, wenn seine Tätigkeit und Wohnsituation dies ermöglichen.
Lohnfortzahlung und Entgeltrisiko
Bekommen Mitarbeiter in Quarantäne weiter Gehalt?
Im Hinblick auf den Gesundheitsschutz kann es erforderlich sein, dass Mitarbeiter, die in letzter Zeit selbst in einem Risikogebiet waren, nach ihrer Rückkehr zwei Wochen in häuslicher Quarantäne sind und daher der Arbeit fernbleiben müssen. Für diese Arbeitnehmer wird- soweit nicht wirksam ausgeschlossen- auch für die Zeit der Quarantäne Entgeltfortzahlung nach § 616 BGB geleistet.
Bekommen Selbstständige, die wegen des Coronavirus unter Quarantäne stehen, Entschädigungszahlungen?
Auch Selbstständige bekommen eine Entschädigungszahlung. Sie beträgt ein Zwölftel des Arbeitseinkommens des letzten Jahres vor der Quarantäne. Laut § 56 Absatz 4 IfSG erhalten Selbständige, die einen Betrieb oder eine Praxis haben, zudem „von der zuständigen Behörde Ersatz der in dieser Zeit weiterlaufenden nicht gedeckten Betriebsausgaben in angemessenem Umfang“.
Was ist wenn der Arbeitnehmer selbst erkrankt?
Erkrankt der Arbeitnehmer selbst, hat er zunächst Anspruch auf Entgeltfortzahlung gemäß den Bestimmungen des Entgeltfortzahlungsgesetzes- EfZG.
Gemäß § 56 Infektionsschutzgesetz (IfSG) ist eine Erstattung dieser Lohnfortzahlungsleistungen möglich, wenn ein behördliches Beschäftigungsverbot besteht. Die Erstattung muss der Arbeitgeber beim zuständigen Gesundheitsamt beantragen.
Soweit der Arbeitnehmer am Coronavirus erkrankt ist und sogleich von den Behörden nach § 31 S. 2 IfSG ein berufliches Tätigkeitsverbot angeordnet worden ist, konkurriert der Entgeltfortzahlungsanspruch des Arbeitnehmers nach § 3 EfZG mit dessen Entschädigungsanspruch infolge des Beschäftigungsverbotes nach § 56 Abs. 1 IfSG.
Danach wird derjenige, der einem Beschäftigungsverbot unterliegt, vom Staat entschädigt. Er erhält in Höhe seines Verdienstausfalls für die Dauer von sechs Wochen eine Entschädigung, die dem Arbeitsentgelt gemäß § 14 SGB IV entspricht.
Der Entschädigungsanspruch nach § 56 IfSG besteht auch bei Ansteckungsverdächtigen (§ 56 Abs. 1 S.1 IfSG).
Insoweit wäre zu empfehlen, wenn Arbeitnehmer entweder selbst erkrankt sind oder aber ein Ansteckungsverdacht besteht bzw. ein Quarantänegrund vorliegt, hier die Erstattung der Entgeltfortzahlung zu beantragen. Mit dem örtlichen Gesundheitsamt ist stets zu klären, ob ein behördliches Beschäftigungsverbot besteht. Bei Arbeitnehmern hat nach § 56 Abs. 5 IfSG der Arbeitgeber die Entschädigung in Geld zu leisten. Der Arbeitgeber kann bei der zuständigen Behörde innerhalb von drei Monaten nachträglich Erstattung der geleisteten Beträge beantragen. Nach § 56 Abs. 12 IfSG kann der Arbeitgeber bei der zuständigen Behörde beantragen, dass ihm ein Vorschuss in der voraussichtlichen Höhe des Erstattungsbetrages gewährt wird.
Schul- und Kitaschließung in Bayern- Was nun?
Seit heute Morgen wurden die Schulen und Kindertagesstätten in Bayern bis voraussichtlich zum Ende der Osterferien geschlossen.
Haben Mitarbeiter Anspruch auf Lohn, wenn Sie wegen der Betreuung ihrer Kinder zu Hause bleiben müssen?
Gemäß § 45 Abs. 1 und 2 SGB V haben gesetzlich Krankenversicherte Anspruch auf Krankengeld bei notwendiger Betreuung eines erkrankten Kindes bis maximal 10 Arbeitstage, für alleinerziehende Versicherte für maximal 20 Arbeitstage.
Diese Norm greift allerdings vom Wortlaut her dann nicht, wenn das Kind nicht erkrankt ist, sondern von einer Schulschließung bzw. Kitaschließung betroffen ist oder aus individuellen Gründen gemäß Anordnung des Gesundheitsamts die Schule nicht besuchen darf, ohne selbst erkrankt zu sein.
In diesen Fällen greift § 616 BGB. Danach hat der Arbeitnehmer Anspruch auf Vergütung auch dann, wenn er für eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit durch einen in seiner Person liegenden Grund ohne sein Verschulden an der Dienstleistung verhindert wird; hier: Pflege eines erkrankten Kindes. Diese Regelung gilt auch für Fälle, in denen das Kind zwar nicht selbst erkrankt ist, aber unter Quarantäne steht bzw. von einer Schul- oder Kitaschließung betroffen ist. Auch hier ist der Arbeitnehmer kurzzeitig ohne eigenes Verschulden an der Erbringung seiner Arbeitsleistung gehindert.
Vor diesem Hintergrund erhalten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer für eine verhältnismäßige Zeit, Entgeltfortzahlung zur Betreuung dieser betroffenen Kinder, soweit diese das 12. Lebensjahr noch nicht vollendet haben. Hier wird regelmäßig der Inhalt von § 45 SGB V in § 616 BGB hineininterpretiert. Der Zeitraum hängt immer vom Einzelfall und der Kulanz des Arbeitgebers ab.
Bei älteren Kindern muss zunächst individuell gesehen werden, ob hier nicht anderweitige Lösungen getroffen werden bzw. eine dauerhafte Betreuung erforderlich ist.
Soweit in einem Arbeitsvertrag oder Tarifvertrag § 616 BGB abbedungen wurde- was rechtlich zulässig ist -, muss zunächst kritisch geprüft werden, ob dieser Ausschluss wirksam vereinbart worden ist. Bei einem tariflichen Ausschluss ist dies eher wahrscheinlich, soweit der Tarifvertrag wirksam arbeitsvertraglich einbezogen wurde. Insoweit findet keine AGB- Kontrolle statt. Dies gilt nach der Rechtsprechung aber nur bei vollständiger Einbeziehung des Tarifvertrages.
Bei einem arbeitsvertraglichen Ausschluss des § 616 BGB wird AGB-rechtlich geprüft werden müssen, ob dieser transparent erfolgt ist, § 305 c BGB.
Auch ist nicht ausgeschlossen, dass ein solcher Ausschluss gemäß § 307 Abs. 2 BGB als unangemessene Benachteiligung des Arbeitnehmers gewertet wird, da von einem gesetzlichen Leitbild abgewichen wird.
Muss der Arbeitgeber das Gehalt weiter zahlen, wenn Arbeitnehmer aufgrund behördlicher Anweisung zu Hause bleiben müssen oder der gesamte Betrieb geschlossen wurde?
- Berufliches Tätigkeitsverbot
Der Bundesgerichtshof sieht im Fall eines angeordneten beruflichen Tätigkeitsverbot nach § 31 IfSG einen vorübergehenden und persönlichen Verhinderungsgrund, der den Arbeitgeber nach § 616 BGB zur Entgeltfortzahlung verpflichtet (BGH, Urteil vom 30.11.1978, III ZR 43/77).
Will sich der Arbeitgeber dem entziehen, muss er also § 616 BGB vertraglich, per Betriebsvereinbarung oder Tarifvertrag abbedingen. Sofern allerdings – wie in der Regel – nicht nur ein, sondern mehrere Arbeitnehmer von einem Tätigkeitsverbot erfasst sind, dürfte ein objektives Leistungshindernis anzunehmen sein. In diesem Fall scheidet § 616 BGB und damit die Pflicht des Arbeitgebers zur Fortzahlung der Vergütung aus. Die Behörde ist dann zur Entschädigungsleistung nach § 56 IfSG verpflichtet.
- Behördliche Schließungsanordnung des gesamten Betriebes
Ordnet die zuständige Behörde die Schließung des gesamten Betriebes an, ist es vertretbar eine Vergütungsfortzahlungspflicht des Arbeitgebers abzulehnen. Der Grund für die Betriebsschließung stammt in den meisten Fällen nicht aus der Sphäre des Arbeitgebers und ist nicht vom allgemeinen Betriebsrisiko erfasst (vgl. § 615 S. 3 BGB).
Zumeist wird es sich bei einer Schließung aufgrund von einer Pandemie um eine allgemeine Gefahrenlage handeln, die alle Betriebe gleichermaßen betrifft. Die Unternehmen sollten daher einen Erstattungsanspruch gegen die zuständige Behörde nach § 56 IfSG geltend machen.
- Freie Entscheidung des Arbeitgebers
Ein Unternehmen muss das Gehalt seiner Arbeitnehmer weiter zahlen, wenn es seine Arbeitnehmer freiwillig, etwa rein aus Gründen betriebsinterner Vorsorge von der Pflicht zur Arbeitsleistung freistellt. Das Risiko, seine arbeitsbereiten Mitarbeiter beschäftigen zu können (sog. Betriebsrisiko, § 615 S. 3 BGB), trägt der Arbeitgeber. Den dadurch entstehenden wirtschaftlichen Schaden kann der Arbeitgeber dadurch reduzieren, dass er die rechtlichen und tatsächlichen Voraussetzungen für eine weitere Arbeitstätigkeit der Arbeitnehmer aus dem Homeoffice heraus oder im Wege der Kurzarbeit schafft.
Gerne prüfen wir für Sie als betroffene Arbeitnehmer Ihre Ansprüche im Hinblick auf Lohnfortzahlung und besprechen mit Arbeitgebern entsprechende Handlungsempfehlungen und etwaige Entgeltrisiken.
Haben Sie noch weitere Fragen zur aktuellen Coronakrise?
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Schul- und Kitaschließung in Bayern- Was nun?
Schul- und Kitaschließung in Bayern- Was nun?
Seit heute Morgen bleiben die Schulen und Kindertagesstätten in Bayern bis voraussichtlich zum Ende der Osterferien geschlossen.
Haben Arbeitnehmer Anspruch auf Lohn, wenn Sie wegen der Betreuung ihrer Kinder zu Hause bleiben müssen?
Gemäß § 45 Abs. 1 und 2 SGB V haben gesetzlich Krankenversicherte Anspruch auf Krankengeld bei notwendiger Betreuung eines erkrankten Kindes bis maximal 10 Arbeitstage, für alleinerziehende Versicherte für maximal 20 Arbeitstage.
Diese Norm greift allerdings vom Wortlaut her dann nicht, wenn das Kind nicht erkrankt ist, sondern wie aktuell von einer Schulschließung bzw. Kitaschließung betroffen ist oder aus individuellen Gründen gemäß Anordnung des Gesundheitsamtes die Schule nicht besuchen darf, ohne selbst erkrankt zu sein.
In diesen Fällen greift § 616 BGB. Danach hat der Arbeitnehmer Anspruch auf Vergütung auch dann, wenn er für eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit durch einen in seiner Person liegenden Grund ohne sein Verschulden an der Dienstleistung verhindert wird; hier: Pflege eines erkrankten Kindes. Diese Regelung gilt auch für Fälle, in denen das Kind zwar nicht selbst erkrankt ist, aber unter Quarantäne steht bzw. von einer Schul- oder Kitaschließung betroffen ist. Auch hier ist der Arbeitnehmer kurzzeitig ohne eigenes Verschulden an der Erbringung seiner Arbeitsleistung gehindert.
Vor diesem Hintergrund erhalten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer für eine verhältnismäßige Zeit, Entgeltfortzahlung zur Betreuung dieser betroffenen Kinder, soweit diese das 12. Lebensjahr noch nicht vollendet haben. Hier wird regelmäßig der Inhalt von § 45 SGB V in § 616 BGB hineininterpretiert. Es hängt also vom jeweiligen Einzelfall und insbesondere der Kulanz der Arbeitgeber ab, wie lange man zur Betreuung der Kinder zu Hause bleiben kann.
Bei älteren Kindern muss zunächst individuell gesehen werden, ob hier nicht anderweitige Lösungen getroffen werden bzw. eine dauerhafte Betreuung erforderlich ist.
Soweit in einem Arbeitsvertrag oder Tarifvertrag § 616 BGB abbedungen wurde- was rechtlich zulässig ist -, muss zunächst kritisch geprüft werden, ob dieser Ausschluss wirksam vereinbart worden ist. Bei einem tariflichen Ausschluss ist dies eher wahrscheinlich, soweit der Tarifvertrag wirksam arbeitsvertraglich einbezogen wurde. Insoweit findet keine AGB- Kontrolle statt. Dies gilt nach der Rechtsprechung aber nur bei vollständiger Einbeziehung des Tarifvertrages.
Bei einem arbeitsvertraglichen Ausschluss des § 616 BGB wird AGB-rechtlich geprüft werden müssen, ob dieser transparent erfolgt ist, § 305 c BGB.
Auch ist nicht ausgeschlossen, dass ein solcher Ausschluss gemäß § 307 Abs. 2 BGB als unangemessene Benachteiligung des Arbeitnehmers gewertet wird, da von einem gesetzlichen Leitbild abgewichen wird.
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Einigung im VW-Musterverfahren
Einigung im VW- Musterverfahren -
Deadline 20.04.2020 für den VW- Vergleich
Doch noch Einigung
VW hat im Abgasskandal jahrelang behauptet, dass die Kunden nicht geschädigt wurden und mit der Installation eines Software-Updates alles wieder in bester Ordnung sei. Ansprüche auf eine Entschädigung der Kunden in Deutschland wies der Konzern deshalb stets zurück. Auch für diejenigen Kunden, die sich vergangenen Jahres der neuen Musterfeststellungsklage angeschlossen hatten, sah es zunächst schlecht aus. Nun hat sich VW aber doch bewegt und sich mit dem Bundesverband Verbraucherzentrale auf eine Entschädigung in Höhe von insgesamt 830 Millionen Euro außergerichtlich geeinigt. Die Summe verteilt sich auf rund 260.000 Teilnehmer am Musterfeststellungsverfahren gegen VW.
Entschädigung für alle?
Der Vergleich gilt nur für geschädigte Käufer eines VW, Audi, Skoda oder Seat mit dem Dieselmotor des Typs EA 189, die sich an dem Musterfeststellungsverfahren beteiligt haben. Die Dieselkunden sollen je nach Modell und Alter ihres Autos Entschädigungen zwischen 1.350 und 6.257 Euro erhalten. Volkswagen und der Bundesverband der Verbraucherzentralen haben sich darauf geeinigt, dass im Schnitt rund 15 Prozent des ursprünglichen Kaufpreises ausgezahlt werden. Allerdings werden viele Musterkläger kein Vergleichsangebot von VW erhalten. Insgesamt haben sich an dem Musterverfahren rund 470.000 Dieselkunden beteiligt, von denen nur etwa 260.000 eine Entschädigung erhalten. Die anderen gehen leer aus, da sie die Voraussetzungen des Musterverfahrens nicht erfüllten. Gründe hierfür sind beispielsweise, dass das Fahrzeug nach dem 31.12.2015 gekauft wurde, dass der Käufer zum Zeitpunkt des Kaufs keinen Wohnsitz in Deutschland hatte oder das Auto gewerblich als Firmenwagen angeschafft wurde. Das heißt aber nicht, dass jemand, der kein Vergleichsangebot erhält, keinen Anspruch auf eine Entschädigung hat. Die geschädigten Verbraucher können ihre Ansprüche noch individuell einklagen.
Entscheidend für die Höhe der Entschädigung aus dem Musterverfahren sind zwei Faktoren, der Fahrzeugtyp und das Modelljahr (2008- 2016).
Vergleich annehmen oder nicht?
Ob diejenigen, die ein Vergleichsangebot von VW erhalten haben oder noch erhalten werden, nun das große Los gezogen haben, darf bezweifelt werden. Für viele ist das Angebot überaus attraktiv, für andere eher nicht. Besitzer von Gebrauchtwagen sowie kleineren Fahrzeugen werden relativ gesehen besser entschädigt als Besitzer teurer Premium- Modelle. Außerdem erhalten Eigentümer von Fahrzeugen mit hohen Laufleistungen die gleichen Angebote wie Eigentümer von Fahrzeugen mit niedrigen Laufleistungen. Verbraucher mit einem neueren Fahrzeug, das noch nicht viele Kilometer aufweist, kommen bei dem Vergleich schlechter weg.
Beratung lohnt sich – VW übernimmt Kosten
Für wen sich eine Entschädigung lohnt oder nicht, ist einzelfallabhängig. Wer den Vergleich annimmt, muss wissen, dass er auf seine künftigen Rechte vollständig verzichtet. Das ist gerade vor dem Hintergrund einer Verhandlung vor dem Bundesgerichtshof (BGH) am 5. Mai und dem laufenden Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) zur Zulässigkeit von sogenannten Thermofenstern riskant. Fragen wie Nutzungsentschädigung oder Deliktzinsen ab Kaufpreiszahlung sind in dem Vergleich überhaupt nicht berücksichtigt. Sollte der BGH hier verbraucherfreundlich entscheiden, könnte es für VW noch teurer und für die Kunden dementsprechend lohnender werden. Eine individuelle anwaltliche Beratung ist daher zu empfehlen. Zudem konnten die Verbraucherschützer durchsetzen, dass VW die Kosten für eine anwaltliche Erstberatung bis zu 190,00 Euro übernimmt. Dieselkunden, die ein Vergleichsangebot erhalten haben, können noch bis zum 20. April 2020 entscheiden, ob sie das Vergleichsangebot annehmen. Wer das Vergleichsangebot nicht annimmt, kann seine Ansprüche noch individuell geltend machen.
Gerne prüfen wir für Sie als durch den Abgasskandal geschädigten Fahrer eines VW individuell Ihre Ansprüche und Handlungsalternativen.
Paukenschlag des BGH im Daimler- Dieselskandal
Paukenschlag des BGH im Daimler- Dieselskandal: Keine frühzeitige Klageabweisung
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat mit Beschluss vom 28.01.2020 – VIII ZR 57/19- zugunsten der vom Daimlerabgasskandal betroffenen Kläger in einem wichtigen Punkt Stellung bezogen. Schadensersatzansprüche im Abgasskandal gegen Daimler dürfen von einem Gericht nicht einfach als Behauptungen ins Blaue hinein“ abgewiesen werden. Auch dann nicht, wenn kein verpflichtender Rückruf des Kraftfahrtbundesamtes (KBA) für das betroffene Fahrzeug besteht.
Im Streitfall ging es um einen Kläger, der einen Pkw der Marke Mercedes Benz erworben hatte. Dieser verfügte über einen Motor des Typs OM 651, der in diversen Modellen des Daimler Konzerns verbaut wurde. Das KBA rief bestimmte Modelle mit diesem Motor wegen Verwendung unzulässiger Abschalteinrichtungen zurück und ordnete einen verpflichtenden Rückruf an. Die Staatsanwaltschaft Stuttgart nahm gegen verschiedene Mitarbeiter des Daimler Konzerns unter anderem wegen des Verdachts der Manipulation an der Motosteuerungssoftware des Motors OM 651 Ermittlungen auf. Der Kläger berief sich auf diese Rückrufe und Ermittlungen. Er behauptete, dass sein Fahrzeug mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung ausgestattet sei, auch wenn es noch nicht durch das KBA zurückgerufen worden sei. Er bot Beweise für seine Behauptungen, insbesondere durch Einholung eines Sachverständigengutachtens an. Sowohl das Landgericht Verden als auch das Oberlandesgericht Celle wollten den Kläger mit diesem Vortrag nicht hören. Sie waren der Auffassung, der Kläger habe unzureichend vorgetragen. Es bestünde daher kein Anlass zur Beweisaufnahme. Die Klage blieb deshalb in beiden Instanzen erfolglos.
Kläger müssen gehört werden
Der BGH rügt in seinem Beschluss, dass das OLG Celle kein Sachverständigengutachten eingeholt hat, um zu klären, ob die Daimler AG das Abgaskontrollsystem in dem streitgegenständlichen Fahrzeug mit einer Abschalteinrichtung manipuliert hat. Der Anspruch des klagenden Verbrauchers auf rechtliches Gehör nach Art. 103 Abs. 1 GG sei verletzt worden. Es handele sich bei dem Beweisangebot der Einholung eines Sachverständigengutachtens nicht um einen Ausforschungsbeweis. Der BGH führt in seinem Beschluss weiter aus, dass der Kläger keine genauen Sachkenntnisse darüber haben kann, wie der streitgegenständliche Motor mit seinem Abgaskontrollsystem funktioniere. Der Kläger habe jedoch genügend Anhaltspunkte vorgetragen, die ein Sachverständigengutachten rechtfertigen und auf die er letztlich seinen Vorwurf stütze, sein Fahrzeug sei in zweifacher Hinsicht mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung im Sinne des Art. 5 Abs. 2 S. 1 VO 715/2007/EG ausgestattet. Es reiche deshalb aus, wenn der Kläger Bezug auf Ermittlungen des KBA und der Staatsanwaltschaft Stuttgart nehme.
Beschluss ist ein Paukenschlag
Durch diesen Beschluss wird der rechtswidrigen Praxis vieler Gerichte, Klagen wegen eines angeblich unzureichenden Vortrags abzuweisen, ein Riegel vorgeschoben. Zahlreiche Gerichte wiesen die Klagen der Geschädigten mit der Begründung ab, dass die Behauptung der Kläger, ihr Fahrzeug verfüge über eine unzulässige Abschalteinrichtung, eine Behauptung „ins Blaue hinein“ sei bzw. „aufs Geratewohl“ erfolge, mit der Folge, dass kein Beweis erhoben werden muss.
Deutliche Verbesserung der Erfolgschancen
Nach diesem Beschluss ist das Risiko für Gerichte, die Klage ohne genaue Prüfung und Beweisaufnahme abzulehnen deutlich gestiegen. Alle Gerichte und Richter, die bisher zugunsten der Verbraucher entschieden haben werden in ihrer Entscheidung bestärkt. Die Erfolgsaussichten der betroffenen Kunden haben sich hierdurch entscheidend verbessert. Verbraucher, die sich ein Dieselfahrzeug von Mercedes gekauft haben, sollten daher prüfen, ob auch in ihrem Fall Schadensersatzansprüche gegen Daimler bestehen.
Gerne prüfen wir für Sie Ihre Ansprüche gegen die Daimler AG und vertreten Sie als durch den Abgasskandal geschädigten Mercedes- Benz PkW- Fahrer im Gewährleistungs- und Schadensersatzrechtsstreit gegen die Daimler AG.
Sittenwidrigkeit eines Unternehmerehevertrages
Sittenwidrigkeit eines Unternehmerehevertrages
Der Bundesgerichtshof hat mit Beschluss v. 15.3.2017 – XII ZB 109/16 zu den objektiven und subjektiven Voraussetzungen der Sittenwidrigkeit eines Ehevertrags aufgrund einer Gesamtschau der zu den Scheidungsfolgen getroffenen Regelungen im Fall der sog. Unternehmerehe (im Anschluss an Senatsbeschluss v. 29.1.2014 – XII ZB 303/13 -, FamRZ 2014, 629 [m. Anm. Bergschneider, S. 727], und Senatsurteil v. 31.10.2012 – XII ZR 129/10 -, FamRZ 2013, 195 [m. Anm. Bergschneider]) eine Entscheidung des Oberlandesgerichts Bamberg zur Sittenwidrigkeit eines Ehevertrages gehalten:
In der Sache hat das Oberlandesgericht seine Entscheidung damit begründet, dass der von den Beteiligten geschlossene Ehevertrag wegen Sittenwidrigkeit nach §138 Abs.1 BGB einer Wirksamkeitskontrolle nicht standhalte. Die Sittenwidrigkeit ergebe sich aus einer Gesamtschau aller Elemente, die nicht für sich allein, aber in ihrem Zusammentreffen zu einer objektiv unangemessenen Benachteiligung der Ehefrau führten. Der Vertrag enthalte mit Ausnahme des nachehelichen Unterhalts wegen Kinderbetreuung einen Ausschluss aller gesetzlichen Scheidungsfolgen und einen wechselseitigen Erb- und Pflichtteilsverzicht.
Für den Ausschluss sei keine Kompensation vereinbart worden.
Er umfasse insbesondere den Unterhalt wegen Krankheit und wegen Alters und ebenfalls den Versorgungsausgleich als vorweggenommenen Altersunterhalt, die zum Kernbereich des Scheidungsfolgerechts gehörten. Der Ehemann habe ein besonderes Interesse am Abschluss des Ehevertrags gehabt. Im Rahmen der im unmittelbaren Zusammenhang stehenden Unternehmensumwandlung sei der Ehemann vom Angestellten zum Mitunternehmer geworden. Dies habe seine Mutter vom Abschluss des Ehevertrags abhängig gemacht.
Die Ehefrau sei demgegenüber zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses nicht berufstätig gewesen. Sie habe kurz zuvor ihr erstes Kind bekommen und ihre Erwerbstätigkeit in dem Familienunternehmen zu Gunsten der Betreuung der gemeinsamen Tochter faktisch aufgegeben. Wann und in welchem Umfang sie wieder erwerbstätig sein und Versorgungsanwartschaften erwerben würde, sei ungewiss gewesen. Dass die Übertragung der Geschäftsanteile für die Ehefrau während der Ehezeit wegen der Steigerung des Lebens-standards der Familie wirtschaftlich vorteilhaft gewesen sei, sei nicht maßgeblich, weil es für die Beurteilung ausschließlich auf die Verhältnisse nach Rechtskraft der Scheidung ankomme. Neben der für sich genommen nicht ausreichenden objektiven Benachteiligung liege im Sinne der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auch eine subjektive Imparität infolge der Ausnutzung der sozialen und wirtschaftlichen Abhängigkeit der Ehefrau vor.
Diese sei in die Verhandlungen, die dem Abschluss der Verträge vorausgingen, nicht mit eingebunden gewesen.
Diese hätten der Ehemann und seine Verwandten unter sich geführt, ohne die Ehefrau hierin einzubeziehen. Sie habe keinen Einfluss auf die Vertragsgestaltung gehabt und ihr sei vor dem Abschluss des Ehevertrags kein Vertragsentwurf zur Durchsicht und Prüfung zugeleitet worden.
Zum Notartermin sei sie mitgenommen worden mit der Begründung, sie müsse mit. Im Termin sei der Vertrag vor-gelesen worden. Sie habe diesen unterschrieben, ohne den Vertrag zum Durch-lesen in der Hand gehabt zu haben. Die Ehefrau sei gegenüber dem Ehemann in einer unterlegenen Verhandlungsposition gewesen, sie sei in einer lediglich passiven Rolle gewesen. Diese Konstellation habe letztlich auf der wirtschaftlichen und sozialen Überlegenheit des Ehemanns beruht, die dieser bei Vertragsschluss ausgenutzt habe. Beim Notartermin sei das noch nichteinen Monat alte Kind dabei gewesen. Die Ehefrau habe befürchtet, dass das Kind schreien würde, und habe den Beurkundungstermin möglichst schnell hinter sich bringen wollen.
Der Ausschluss des nachehelichen Unterhalts, des Versorgungs- und Zugewinnausgleichs sei wegen Nichtigkeit des gesamten Ehevertrags daher unwirksam. Den Unterhaltsanspruch nach §1572 Nr.1 BGB hat das Oberlandesgericht nach dem konkreten Bedarf und unter Berücksichtigung eigener Einkünfte der Ehefrau mit monatlich 2.155,00 € bzw. ab 1. Januar 2015 2.150,00 € (1.704,00 € Elementarunterhalt und 451,00 € bzw. ab 1. Januar 2015 446,00 € Altersvorsorgeunterhalt) bemessen. Es hat den Unterhalt für den Zeitraum von sechs Jahren nach Rechtskraft der Scheidung in voller Höhe zugesprochen. Für die Zeit ab dem 1. Dezember 2020 hat es den Unterhalt gemäß §1578b Abs.1 BGB auf einen Betrag von monatlich 458,00 € herabgesetzt, den es nach einem angemessenen Bedarf in Höhe des sogenannten Ehegattenselbstbehalts abzüglich des Eigeneinkommens der Ehefrau ermittelt hat.
An die Wirksamkeit oder Unwirksamkeit ihres Ehevertrages knüpfen weitreichende Folgen, nicht nur im Rahmen einer Unternehmerscheidung.
Gerne unterstützen wir Sie bei der Erstellung und Konzeption Ihres Ehevertrages bzw. dessen Anpassung an geänderte Verhältnisse oder prüfen als Fachanwälte für Familienrecht diskret die Wirksamkeit eines bereits vorliegenden Ehevertrages.
Geschäftsführerhaftung in Krise und Insolvenz wegen Nichtinanspruchnahme möglicher Personalkostenverringerung durch Kurzarbeit
Geschäftsführerhaftung in Krise und Insolvenz wegen Nichtinanspruchnahme möglicher Personalkostenverringerung durch Kurzarbeit
Geschäftsführerhaftung in Krise und Insolvenz wegen Nichtinanspruchnahme möglicher Personalkostenverringerung durch Kurzarbeit.
Nimmt der Geschäftsführer einer GmbH die Kurzarbeit als schnelles und effektives Mittel, über eine Verringerung der Arbeitszeit Einsparungen bei den Personalkosten zu erzielen mangels Kenntnis nicht in Anspruch, können sich nach Rechtsprechung des Bundesgerichtshof daraus Schadenersatzansprüche der GmbH ergeben (BGH, Urteil vom 04.11.2002, II ZR 224/00).
Ebenso wie ein Geschäftsführer bei Vertragsverhandlungen mit einem Geschäftspartner der Gesellschaft jedenfalls versuchen muss, deren Interessen zur Geltung zu bringen, muss er bei einer deutlichen Unterbeschäftigung der Arbeitnehmer infolge Auftragsmangels zumindest den Versuch machen, eine Kostenentlastung durch Kurzarbeit nach den gesetzlichen Möglichkeiten zu erreichen. Unterlässt er dies ohne überzeugenden Grund, liegt bereits darin eine Pflichtwidrigkeit, die zum Schadenersatz führt.
Gerne beraten wir als Fachanwälte für Insolvenzrecht und als Fachanwälte für Arbeitsrecht Sie als Geschäftsführer zu Ihrem Pflichtenkreis in der Krise und zur Umsetzung der Kurzarbeit in Ihrem Unternehmen.
Prämienverträge - Kündigungswellen durch die Sparkassen
Prämienverträge - Kündigungswelle durch die Sparkassen
Mit Urteil vom 14.05.2019 (Az. XI ZR 345/18) entschied der BGH, dass die Verträge „S-Prämiensparen flexibel“ mit unbestimmter Laufzeit und einer vertraglich vereinbarten Prämienstaffel von 15 Jahren von der Sparkasse, bei Vorliegen eines sachlichen Grundes, nach Ablauf der 15 Jahre, gem. Nr. 26 Abs. 1 der AGB-Sparkassen ordentlich gekündigt werden können. Der BGH entschied, dass ein solcher sachlicher Grund im Hinblick auf die lang andauernde Niedrigzinsphase für die Sparkassen gegeben ist.
Durch dieses Urteil wurde im Fortgang eine große Kündigungswelle der Sparkassen ausgelöst.
Doch nicht jede Kündigung ist wirksam!
Das BGH-Urteil bezieht sich nur auf einen Einzelfall. Dem Urteil zugrunde gelegt war ein Sparvertrag, nach dessen Vertragsinhalt die Sparkasse dem Kunden die Zahlung einer Sparprämie lediglich bis zum 15. Sparjahr versprochen hat. Dies war auch die höchste Rate. Zudem wurde keine bestimmte Vertragslaufzeit vereinbart.
Die Verträge der unterschiedlichen Sparkassen in den verschiedenen Jahren können sich jedoch in ihrer Formulierung unterscheiden. Es wurden von den Sparkassen viele verschiedene Vertragsmodelle angeboten. Liegt nicht der im BGH-Urteil zugrunde gelegte Vertrag vor oder wurden die AGB der Sparkasse nicht wirksam in den Vertrag mit einbezogen, kann sich eine andere Auslegung ergeben und die Kündigung kann nicht auf das Urteil des BGH gestützt werden.
Dies gilt es in jedem Fall zu überprüfen und betrifft vor allem Verträge, die gekündigt worden sind, obwohl eine feste Laufzeit oder eine andere bzw. längere Prämienstaffel vereinbart worden ist.
So fallen beispielsweise einige Verträge der Sparkasse Regensburg nicht unter das Urteil des BGH (Az. XI ZR 345/18) fällt. Mit den Kunden der Sparkasse Regensburg wurde oftmals eine Zahlung der Sparprämie bis zu dem 20. Sparjahr und den Folgejahren („FJ“) vereinbart. Ein Ende der Prämienstaffel nach dem 15. Sparjahr und damit einem Kündigungsrecht der Sparkassen liegt hierbei nicht vor. Den Kunden wurde mit der vertraglich individuell einbezogenen Prämienstaffel von 20 Jahren und den Folgejahren eine solche vertraglich zugesichert, die einen besonderen Bonusanreiz schaffte und die den Kunden damit nicht einseitig entzogen werden kann. Damit ist in einem solchen Fall, die den Kunden zugegangene Kündigung unwirksam.
Dass nicht jede Kündigung wirksam ist, haben auch schon mehrere Gerichte entschieden. So haben das Oberlandesgericht Dresden (Az.: 8 U 1770/18) und auch das Landgericht Stendal (Az. 22 S 104/18) bestätigt, dass Verträge mit einer vereinbarten Laufzeit und einer längeren als die 15-jährige Prämienstaffel nicht vorher durch die Sparkassen ordentlich kündbar sind.
Vereinbaren Sie einen Termin mit unserer Kanzlei. Wir beraten Sie gerne.
Haftungsrisiken | Insolvenzrecht
Insolvenzrecht Haftungsrisiken
Als Geschäftsführer oder Gesellschafter und Geschäftsführer einer GmbH in der Krise haben Sie nicht nur weitreichende Haftungsrisiken, sondern auch erhebliche strafrechtliche Konsequenzen und Spätfolgen zu fürchten.
Der BGH hat mit Beschluss vom 3. Dezember 2019 – II ZB 18/19 – entschieden, dass das Registergericht die Eintragung eines Geschäftsführers einer GmbH von Amtswegen im Handelsregister zu löschen hat, wenn eine persönliche Voraussetzung für dieses Amt gemäß § 6 Abs. 2 GmbHG nach der Eintragung entfällt.
Auch wer nicht als Täter (§ 25 StGB), sondern als Teilnehmer (§§ 26, 27 StGB) wegen einer vorsätzlich begangenen Straftat nach § 6 Abs.2 Satz 2 Nr.3 GmbHG rechtskräftig verurteilt worden ist, kann nicht Geschäftsführer einer GmbH sein.
Der Beschwerdeführer wurde wegen Beihilfe zum Bankrott (§ 283 Abs. 1 Nr. 1, § 27 StGB) und anderer Taten durch Strafbefehl des AG Bonn zu einer Gesamtgeldstrafe in Höhe von 90 Tagessätzen verurteilt. Dabei entfiel auf die Insolvenzstraftat eine Einzelstrafe in Höhe von 60 Tagessätzen.
Seine Rechtsbeschwerde gegen seine Löschung im Handelsregister wegen der Verurteilung blieb erfolglos, mit der Konsequenz des Entfalls der Geschäftsführereigenschaft in einer neuen Gesellschaft und damit einer harten Zäsur im Neustart.
Der Katalog der Bankrottdelikte in §§ 283 StGB ff. ist weit gezogen.
Zur Vermeidung von Haftung und Strafrecht des Geschäftsführers in der Unternehmenskrise ist daher eine frühzeitige und umfassende Beratung indiziert. Die durch den BGH immer schärfer ausgestaltete Masseschmälerungshaftung gemäß § 64 GmbHG, vgl. zuletzt BGH, Urteil vom 04.07.2017 – II ZR 319/15, im Konzert mit dem Insolvenzstrafrecht können sich für Sie als Geschäftsführer bei Pflichtverstößen zum existenzvernichtenden Szenario ausweiten.
Als Fachanwalt für Insolvenzrecht und gerichtlich bestellter Insolvenzverwalter kenne ich Ihre möglichen Fallstricke als Geschäftsführer und Gesellschafter in der Insolvenz und berate Sie gerne, idealerweise präventiv oder nach dem Insolvenzereignis, zur Abwehr von Ansprüchen aus Geschäftsführerhaftung, der Abwehr von Insolvenzanfechtungsansprüchen und zur Vermeidung strafbaren Handelns in der Unternehmenskrise.
Aktuelle Entscheidung des Bundesgerichtshofs | Gesellschaftsrecht
Aktuelle Entscheidung des Bundesgerichtshofs zum Arbeitnehmerstatus von Gesellschafter-Geschäftsführer- Auswirkung auf die Insolvenzfestigkeit Ihrer betrieblichen Altersversorgung.
Beachten Sie für sich als Gesellschafter-Geschäftsführer die arbeits-, gesellschafts- und ggf. sozialversicherungsrechtlichen Auswirkungen von Veränderungen im Rahmen der Beteiligungsverhältnisse der Gesellschaft.
Der BGH hat mit Urteil v. 1.10.2019 – II ZR 386/17, Quelle juris, für Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH entschieden, dass diese bei einer alleinigen oder gemeinschaftlichen Beteiligung von exact 50 Prozent nicht als arbeitnehmerähnliche Person nach BetrAVG anzusehen sind. Ein Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH, der mit einem oder mehreren anderen Gesellschafter-Geschäftsführern 50 % der Geschäftsanteile hält und selbst nicht mit einem nur unbedeutenden Geschäftsanteil an der Gesellschaft beteiligt ist, ist keine arbeitnehmerähnliche Person i.S.d. § 17 Abs. 1 Satz 2 BetrAVG.
Entscheidend ist bei einer genau 50 %igen Beteiligung der Geschäftsführer für ihre unternehmenslenkende Position, dass sie gemeinsam die Beschlussfassung in der Gesellschafterversammlung blockieren können. Dies reicht aus, um eine hinreichende Leistungsmacht im Unternehmen anzunehmen, so dass der Gesellschafter-Geschäftsführer für das Unternehmen nicht als fremdes, sondern als sein eigenes tätig wird, weil er eine deutlich einflussreichere Stellung im Unternehmen hat als ein Arbeitnehmer.
Sind sie infolge einer Veränderung der Beteiligungsverhältnisse als Unternehmer und nicht mehr als Arbeitnehmer einzustufen, so hat dies gravierende Auswirkungen, z.B. auf die Insolvenzfestigkeit ihrer Altersversorgung, die im Insolvenzfall dann ggf. nicht mehr aussonderungsfähig sondern der Insolvenzmasse zuzuschlagen ist, vgl. BGH, Urteil vom 24.06.2015 -Aktenzeichen IV ZR 411/13, Quelle juris.
Oft ist der Status, in dem Sie Ihre betriebliche Altersversorgung vor Jahren abgeschlossen haben, nicht mehr aktuell, ihre Direktversicherung jedoch erheblich bespart. Diese Werte sollten sie für sich sichern.
Gerne prüfen wir für Sie als Geschäftsführerin oder Geschäftsführer die Insolvenzfestigkeit ihrer betrieblichen Altersversorgung. Vereinbaren Sie einen Beratungstermin.
Presseerklärung Goldjunge GmbH | Insolvenzrecht
Goldjunge wieder auf den Beinen - Filiale auch in Höchstadt
Die Bäckerei Goldjunge hat das Insolvenzplanverfahren überstanden. Das Unternehmen blickt optimistisch in die Zukunft.
Ganz nach dem Motto „Dem Bäckersterben trotzen“ verkündeten die beiden Geschäftsführer der mittelfränkischen Bäckerei Goldjunge am Freitag zusammen mit Neuinvestor Günther Hertel und dem Insolvenzverwalter das baldige Ende des Insolvenzverfahrens.
Die Geschäftsführer Markus Schöllmann und Robin Schimpf teilten in der Filiale im Höchstadter Aischparkcenter mit, die Handlungsfähigkeit des Unternehmens seit 1. August wiedererlangt zu haben. Die Freude ist sichtlich mit Erleichterung verbunden, denn es sei wegen der Doppelbelastung aus Betrieb und Insolvenzverfahren eine schwierige Zeit gewesen, so Schöllmann.
Gleichdenkender Investor
Schimpf und Schöllmann dankten allen Mitarbeitern, die immer mit Elan und Vertrauen dem Unternehmen beiseite standen. Umso erfreulicher sei es daher, keine der 28 Filialen schließen zu müssen und nahezu alle Mitarbeiter über das Verfahren hinweg gehalten zu haben.
Maßgeblich verantwortlich für die Rettung der Bäckerei ist auch Neuinvestor und Mitgesellschafter Günther Hertel. Der Inhaber der Aichinger GmbH, ein Unternehmen für Ladenbau aus Wendelstein, sieht viel Potenzial in dem Bäckereibetrieb. Mit dem Ziel, etwa 30 Filialen zu betreiben, möchte Hertel auch über neue Filialkonzepte das Unternehmen zu „einer der innovativsten Handwerksbäckereien in Deutschland“ entwickeln. In Fürth entsteht ein neuer großer Standort. Die Produktion des Bäckereibetriebs bleibt in Langenzenn.
In den bestehenden Filialen gebe es noch viel Verbesserungspotenzial, weshalb das Unternehmen keine Expansion anstrebt, so Hertel. Geschäftsführer Schimpf meint, dass sie mit Hertel einen gleichdenkenden Investor gefunden haben. Da die Modernisierung des Betriebs und der Einsatz von elektronischer Datenverarbeitung (EDV) im Mittelpunkt stehen, wurde man sich gleich mit Hertel einig.
Manuel Ast, Fachanwalt für Insolvenzrecht von der Rechtsanwaltskanzlei Engelmann Eismann Ast aus Nürnberg, erarbeitete den Insolvenzplan. Da er selbst von den Produkten des Unternehmens überzeugt sei, wollte er unbedingt, dass die Firma wieder auf die Beine kommt.
Ein knappes Jahr nach dem Antrag auf Insolvenz der Bäckerei stellt Ast in den nächsten Monaten den Abschluss des Verfahrens in Aussicht. Der Geschäftsplan sei schon freigegeben und auch der Insolvenzplan ist seit dem 27. Juli rechtskräftig, so Ast. Gelingen konnte diese schnelle Entwicklung laut Ast durch den außergewöhnlichen Zusammenhalt des Unternehmens und die offene, unvoreingenommene Haltung der Geschäftsführer. Diese „sind noch Leute, die etwas vom Handwerk verstehen“. Auch den Gläubigern müsse man danken, denn diese haben auf den Großteil ihrer Forderungen verzichtet.
Gründe für die drohende Insolvenz waren hohe Fremdfinanzierungskosten, unerwartete Reparaturinvestitionen und der heiße Sommer 2018, der sich negativ auf die Branche und die Liquidität des Bäckereibetriebs auswirkte.
Digitalisierung als Chance
Schimpf sieht in der Digitalisierung die Chance, Mitarbeiter bei Nebenaufgaben zu entlasten, um den Fokus weiter auf das Bäckerhandwerk zu legen. Goldjunge geht dabei einen Dreischritt aus Qualität, traditionellem Handwerk und Innovation, so Schöllmann.
Auch die Tatsache, dass Bäckereien viele Produkte am Ende des Tages wegschmeißen müssen, will Goldjunge innovativ angehen.
In Kooperation mit einem Universitätsprofessor entwickele man ein Analyseprogramm, welches die benötigten Stückzahlen präziser prognostizieren soll und somit die Abfallreste minimiert, so Hertel. Eine solche Innovation würde das Unternehmen auch mit anderen Mitbewerbern in der Branche teilen, hieß es.
(Quelle: https://www.infranken.de/regional/erlangenhoechstadt/goldjunge-wieder-auf-den-beinen-filiale-auch-in-hoechstadt;art215,4460621)