Insolvenzrecht - Insolvenzverfahren P&R Container - OLG Karlsruhe: Gute Entscheidung für Anleger - Garantierte Mietzinszahlungen und ein vereinbarter Rückkaufspreis sind entgeltlich und damit nicht anfechtbar
Das OLG Karlsruhe hatte mit Hinweisbeschluss vom 20.12.2021 bereits entschieden, dass garantierte Mietzinszahlungen und ein vereinbarter Rückkaufspreis entgeltlich und damit nicht anfechtbar nach § 134 InsO sind.
Der Kläger hat in der Folge zu dem Hinweis des Senats Stellung genommen. Er ist der Ansicht, dass die Berufung jedenfalls nicht offensichtlich aussichtslos sei. Die Beantwortung der Rechtswegfrage sei keineswegs klar, was sich daran zeige, dass zumindest die Frage der Anfechtbarkeit der Mietzinszahlungen von dem OLG Hamm (Urteil vom 15.06.2021 – I – 27 U 105/20) anders entschieden worden sei. Die Entscheidung des OLG München (Beschluss vom 20.05.2021 – 5 U 7147/20) sei schon deshalb nicht übertragbar, weil sich die Schuldnerin in dem zugrundeliegenden Vertrag – anders als hier – explizit zum Rückkauf der Container zu einem konkret bestimmten Betrag verpflichtet gehabt habe. Das LG Stuttgart habe der Klage in Höhe des Rückkaufpreise stattgegeben. Der Restkaufpreis habe vorliegend entgegen der vorläufigen Würdigung des Senats nicht von vornherein festgestanden. Die Schuldnerin habe sich lediglich verpflichtet, ein Rückkaufsangebot zu unterbreiten. Diese Konstruktion sei aus steuerlichen Gründen bewusst so gewählt gewesen. Aus der in Bezugnahme des Angebots in Ziffer 1 des Kaufvertrags ergebe sich nichts anderes, da der Rückkauf lediglich unter Ziffer 4 des Verwaltungsvertrags Erwähnung finde und dort das Angebot nicht genannt werde. Zudem ergebe sich der Wille, keinen festen Rückkaufspreis zu vereinbaren im Umkehrschluss daraus, dass die P&R Container auch Investments mit konkreter Rückkaufsvereinbarung angeboten habe. Zumindest sei die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen, weshalb ein Vorgehen nach § 522 Abs. 2 ZPO ausscheide.
Zu einem nach dem Schneeballsystem konzipierten, betrügerischen Anlagenmodells in Form eines sogenannten Container-Direkt-Investments sei noch keine höchstrichterliche Entscheidung ergangen. Klärungsbedürftig sei insbesondere, ob und unter welchen Voraussetzungen die Auszahlung der garantierten Containermiete, sowie die Zahlung des Rückkaufspreises als unentgeltliche Leistungen im Sinne von § 134 InsO anfechtbar seien. Die Klärung habe erhebliche, wirtschaftliche Bedeutung. In Summe seien in den Insolvenzverfahren über die Vermögen der Deutschen Gesellschaften der P&R Container bis zum jetzigen Zeitpunkt Forderungen von über 5 Milliarden Euro zur Insolvenztabelle angemeldet, wobei aktuelle Forderungen von Anlegern der P&R in Höhe von etwa 3 Milliarden Euro festgestellt seien. Es handle sich um einen der größten Anlageskandale der Geschichte der BRD. Die Geltendmachung der Anfechtungsansprüche sei zur Herstellung der Gläubigergleichbehandlung notwendig. Es handle sich bei der P&R um rund 114.000 Anfechtungsfälle. Zudem gebe es gleichgelagerte Fälle bei anderen insolventen Unternehmen im Bereich des Handels mit Seecontainern. Bedeutung hätten die Rechtsfragen aber auch bei anderen Direkt-Investments etwa in Solaranlagen, Baumplantagen, Windräder oder Immobilien.
Das OLG Karlsruhe entschied am 25.01.2022, dass die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Karlsruhe vom 10.07.2020, AZ.: 20 O 42/20, gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen ist, da nach einstimmiger Auffassung des Senats das Rechtsmittel offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts, noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist.
Die Berufung ist offensichtlich unbegründet. Was die Anfechtbarkeit der Mietzinszahlungen angeht, hat der Kläger sich nicht inhaltlich mit dem im Hinweisbeschluss im Einzelnen dargestellten Rechtsauffassung auseinandergesetzt, sondern lediglich auf eine abweichende Entscheidung des OLG Hamm verwiesen. Der Senat hält nach nochmaliger Überprüfung an seiner Ansicht fest, dass die Mietzinszahlungen entgeltlich erfolgt sind, da die vertragliche Vereinbarung eine Zahlungspflicht der Schuldnerin begründete, unabhängig von der Frage, ob die Schuldnerin dem Beklagten Eigentum an neuen Containern übertragen hatte und diese Container im Rahmen der ihr obliegenden Verwaltung vermieten konnte. Kauf- und Verwaltungsvertrag sind als Einheit zu verstehen und auszulegen. Es handelt sich um ein einheitliches Kapitalanlagemodell, bei dem der Mietzins sich als Rendite der Investition darstellt. Für die Bewertung, ob eine unentgeltliche Leistung nach § 134 InsO vorliegt, ist in erster Linie die objektive Wertrelation zwischen der Leistung des Schuldners und der Gegenleistung des Empfängers ausschlaggebend. Hat der Anlieger, wie hier, aufgrund der vertraglichen Gestaltung einen Anspruch auf Ausschüttungen in Form der Mietzinszahlungen, liegt keine unentgeltliche Leistung vor, weil diese Ausschüttungen objektiv den Ausgleich für die Gewährung des Kapitals darstellen (BGH, Urteil vom 22.07.2021 – IX ZR 26/20). Unerheblich ist, ob es sich dabei um ein Schneeballsystem handelte und die Schuldnerin die Zahlungen an den Beklagten und andere Altanlieger nur erbringen konnte, indem sie Gelder von Neuanlagen einsammelte. Schneeballsysteme sind unterschiedlich gestaltet. Auch in einem Schneeballsystem können ausgehend von den vertraglichen Vereinbarungen Ansprüche der Vertragspartner bestehen (BGH, Urteil vom 22.07.2021 – IX ZR 26/20). Es kommt deshalb auch nicht darauf an, ob der Beklagte im Ergebnis einen Gewinn erzielt hat. Das Vorliegen eines Schneeballsystems alleine führt nicht zur Anfechtbarkeit des erhaltenen Überschusses nach § 134 InsO, da der Beklagte einen Anspruch auf Mietzinszahlungen hatte.
Auch die Zahlung des Kaufpreises erfolgte nicht unentgeltlich im Sinne von § 134 InsO. Sie war ebenfalls Teil der von der Schuldnerin für die Zurverfügungstellung des Kapitals geschuldeten Gegenleistung.
Eine Anfechtbarkeit der Auszahlungen an den Beklagten ergibt sich auch nicht aus einem anderen Anfechtungsgrund. Der Kläger hat sich ausdrücklich nur auf die Schenkungsanfechtung nach § 134 Abs. 1 InsO bezogen, und aus seinem Vortrag ergeben sich auch nicht die Voraussetzungen eines anderen Anfechtungsgrunds, insbesondere nicht derjenigen einer Vorsatzanfechtung nach § 133 Abs. 1 S. 1 InsO. Denn jedenfalls sind Anhaltspunkte für eine Kenntnis des Beklagten von der drohenden Zahlungsunfähigkeit der Insolvenzschuldnerin im maßgeblichen Zeitpunkt der Gutschrift nicht zu erkennen.
Die Entscheidung des OLG Karlsruhe, welche den eigenen Hinweisbeschluss vom Dezember 2021 bestätigt, ist aus Sicht der betroffenen Anlieger sehr zu begrüßen. Die Karlsruher Richter bekräftigen damit die Rechtsauffassung, dass garantierte Mietzinszahlungen und ein vereinbarter Rückkaufspreis entgeltlich sind und damit nicht nach § 134 InsO anfechtbar. Alles andere als diese Einschätzung würde aus unserer Sicht das komplette Insolvenzanfechtungsrecht, insbesondere die Schenkungsanfechtung nach § 134 InsO, konterkarieren.
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