Arbeitsrecht / Sportrecht – DFB muss Schiedsrichter Gräfe 48.500,00 € Schmerzensgeld zahlen

Arbeitsrecht / Sportrecht – DFB muss Schiedsrichter Gräfe 48.500,00 € Schmerzensgeld zahlen

Der DFB muss Ex-Schiedsrichter Manuel Gräfe ein Schmerzensgeld zahlen. Dies entschied das Landgericht Frankfurt am Main am gestrigen Mittwoch. Der 49-jährige Ex-Schiedsrichter hatte den Fußballverband wegen Altersdiskriminierung verklagt.

Der vorsitzende Richter Wilhelm Wolf am Landgericht Frankfurt am Main entschied, dass der DFB an Manuel Gräfe 48.500,00 € Schmerzensgeld wegen Altersdiskriminierung zu zahlen habe. Die Forderung Gräfes nach Verdienstausfall wurde jedoch abgewiesen. Wolf führte aus, dass das Alter mitursächlich gewesen sei. Gräfe selbst war zur Urteilsverkündung persönlich nicht erschienen, auch der DFB war nicht vor Ort. Innerhalb eines Monats nach Zustellung des schriftlichen Urteils können beide Parteien eine Berufung vor dem Oberlandesgericht Frankfurt beantragen.

Über die Klage wurde im schriftlichen Verfahren entschieden, nachdem der Gütetermin Mitte November keine Einigung ergeben hatte. Gräfe und sein Anwalt Olaf Metner argumentierten seinerzeit, dass Gräfe wegen einer Altersgrenze von 47 Jahren von der Liste der Bundesliga-Schiedsrichterliste gestrichen worden sei. Statuarisch war allerdings keine Altersgrenze, der Verband handelte aber stets danach.

Für den kommenden Sommer steht zur Debatte, dass Felix Brych, der im August 48 Jahre alt wird, seine Karriere fortsetzt. Gräfe hatte seine Tätigkeit am Ende der Saison 2020/2021 nach 289 Einsätzen im Oberhaus beenden müssen. In seiner letzten Saison nahm der Berliner durch die Schiedsrichtertätigkeit beim DFB rund € 260.000,00 ein. Während des Verfahrens forderte er Schadensersatz in Höhe von € 194.905,00. € 70.000,00 hatte er zuvor von Verbandsseite bereits für die Nutzung seiner Persönlichkeitsrechte erhalten. Diese Zahlung gewährte der DFB damals nach der Streichung für ein Jahr. Gräfe sagte während des Verfahrens aus, dass man ihm den Spaß, die Freude und die Aufgabe genommen habe, dies hat auch finanzielle Nachteile mit sich gebracht. Gebe es diese Altersbeschränkung nicht, würde ich noch auf dem Platz stehen, betonte Gräfe seinerzeit am Rande des Gütetermins. Er wollte Zeugen aufbieten, dass das Wort Altersgrenze in Gesprächen als Begründung gefallen sei. Menke wiederum warf Gräfe vor, mehrfach die Unwahrheit gesagt zu haben und drohte damit Fakten in aller Öffentlichkeit auf den Tisch zu legen.

Während des Prozesses kritisierte Richter Wolf die Intransparenz des gesamten Auswahlverfahrens. Wenn Aufträge so vergeben werden, kann man eigentlich erwarten, dass minutiös festgelegt ist, wie es passiert. Derzeit ist es vollkommen intransparent. Für die Tätigkeit als Schiedsrichter in den Profi-Ligen gebe es weder ein Bewerbungsverfahren noch eine Anmeldemöglichkeit für die erforderlichen Leistungstests. Wer zugelassen wird, entscheidet allein der DFB.

Das Urteil zeigt, dass auch der DFB sich über die grundlegenden gesetzlichen Regelungen des deutschen Arbeitsrechts nicht so einfach hinwegsetzen kann. Auch wenn Gräfe sich hier mehr erhofft hat und ihm nach unserer Ansicht nach auch mehr zugestanden hätte, hat das Gericht zumindest indirekt der nicht offiziellen Altersgrenze beim DFB eine Absage erteilt.

In unserer auf das Arbeits- und Sportrecht spezialisierten Kanzlei stehen wir Ihnen bei sämtlichen Fragestellungen zu Altersdiskriminierung im Sport kompetent zur Verfügung.


Sportrecht - Manuel Neuer kostet FC Bayern auch verletzt Millionen

Sportrecht - Manuel Neuer kostet FC Bayern auch verletzt Millionen

In einem unserer Blogs haben wir berichtet, dass der Torhüter des FC Bayern München, Manuel Neuer, nach seiner schweren Verletzung bei einer Skitour am Roßkopf in der Nähe des Schliersees noch nicht absehen kann, wie seine sportliche Zukunft weitergeht. Neuer hatte sich bei der Skitour das Schien- und Wadenbein gebrochen.

Eine Rückkehr im Tor der Bayern kann frühestens im Sommer erwartet werden. Mittlerweile wurde mit Yann Sommer von Borussia Mönchengladbach auch ein Ersatztorwart für Neuer verpflichtet

Wie die Sportbild sowie die TZ berichten, soll Manuel Neuer in seinem Vertrag eine Klausel haben, die mindestens für die nächsten vier Monate die Lohnfortzahlung sichert. Das Jahresgehalt von Neuer wird auf etwas mehr als 20 Millionen € geschätzt. Entsprechend werden so rund 6,5 Million € trotz der Verletzung weiterhin garantiert. Nach deutschem Recht wäre der FC Bayern München seit dem vergangenen Freitag (20. Januar) von der Lohnfortzahlung befreit gewesen, da sechs Wochen nach seiner Krankmeldung ins Land gegangen sind.

Da der Club für den neuen Keeper Sommer eine Gesamtablöse von 9,5 Million € an Borussia Mönchengladbach zahlen musste und nun auch die Gehaltskosten des Schweizer Torhüters in Höhe von geschätzten 5 Million € trägt, wird den Bayern im Sommer weniger Budget für Transfers zur Verfügung stehen.

Um die Situation zu entlasten, könnte Neuer auf Gehalt verzichten oder sich an den Kosten beteiligen. Dies schloss Uli Hoeneß, im Doppelpass darauf angesprochen, ausdrücklich aus und meinte, sowas wird es beim FC Bayern nicht geben. Sportvorstand Hasan Salihamidzic und auch Vorstandschef Oliver Kahn sagten gegenüber der Sportbild, dass solche Themen immer erst mit dem Spieler selbst besprochen würden.

Bei der Erstellung oder Prüfung von sportrechtlich geprägten Arbeitsverträgen stehen wir Ihnen kompetent zur Verfügung.


Familienrecht - BGH zur Frage wann im Scheidungsverbund entschieden werden muss

Familienrecht - BGH zur Frage wann im Scheidungsverbund entschieden werden muss

Der BGH hat mit seinem Beschluss vom 21.07.2021 – XII ZB 21/21 klargestellt, dass der Scheidungsverbund automatisch eintritt, wenn die Voraussetzungen des § 137 Abs. 2 S. 1 FamFG vorliegen. Zum Scheidungsverbund kommt es nach dieser Ansicht des BGH aber auch dann, wenn der Antragsteller einen Antrag, über eine Folgesache in einem isolierten Verfahren zu entscheiden, gestellt hat, da die Eheleute vor Rechtskraft der Scheidung kein Wahlrecht haben, ob eine Folgesache in einem isolierten Verfahren oder in einem Verbundverfahren mit der Scheidung entschieden werden soll. Liegen die Voraussetzungen des § 137 Abs. 2 S. 1 FamFG vor, muss im Scheidungsverbund entschieden werden, auch wenn der Antrag über die Folgesache im isolierten Verfahren zu entscheiden, gestellt wurde.

Hintergrund dieses Beschlusses ist die gesetzliche Regelung zum Scheidungsverbund in § 137 FamFG. Nach dem Willen des Gesetzgebers sollen im Falle einer Ehescheidung bestimmte Sachverhalte „sogenannte Folgesachen“, die mit der Scheidung in einem Zusammenhang stehen, noch vor Ausspruch der Ehescheidung geklärt werden. Um dieses Ziel zu erreichen, gibt es einen Zwangsverbund zwischen Scheidungsantrag und Versorgungsausgleich. Über Scheidung und Versorgungsausgleich wird zwingend immer in einem Verfahren, dem Scheidungsverbundverfahren, entschieden.

In diesem Verbundverfahren können aber auch Unterhaltssachen entschieden werden, ebenso Angelegenheiten betreffend die Ehewohnung und Haushaltssachen oder Güterrechtssachen. Kindschaftssachen, wie Fragen zum Umgangsrecht oder der elterlichen Sorge sind ebenfalls Folgesachen, die im Verbund entschieden werden können.

Trennungsunterhalt beispielsweise kann nicht im Verbund entschieden werden und muss in einem isolierten Verfahren geltend gemacht werden.

Die Auswirkungen des Scheidungsverbunds sind vielfältig. So darf im Verbundverfahren beispielsweise der Ausspruch über die Scheidung erst dann erfolgen, wenn auch die Folgesache entscheidungsreif ist. Dies kann unter Umständen dazu führen, dass eine Ehe jahrelang nicht geschieden werden kann, da immer strittig über Folgesachen verhandelt wird. Auch aus Kostensicht ist es oft nicht uninteressant im Verbundverfahren zu verhandeln, da Verbundverfahren kostengünstiger sind, als das Scheidungsverfahren und ein anschließendes isoliertes Verfahren.

Zu sämtlichen Fragestellungen des Scheidungsverbunds stehen Ihnen unsere auf das Familienrecht spezialisierten Anwältinnen kompetent zur Verfügung.


Familienrecht - Berücksichtigung von Naturalunterhalt für Kinder bei Berechnung von Ehegattenunterhalt

Familienrecht - Berücksichtigung von Naturalunterhalt für Kinder bei Berechnung von Ehegattenunterhalt

Bei der Berechnung von Ehegattenunterhalt ist der Naturalunterhalt, den ein betreuender Elternteil aus eigenen Einkünften für die gemeinsamen, bei ihm lebenden Kinder aufbringt, vor der Berechnung der Unterhaltsquote seinem bereinigten Nettoeinkommen in Abzug zu bringen. Die Höhe der Abzugspositionen ergibt sich rechnerisch aus der Differenz zwischen dem aus den beiderseitigen Einkünften ermittelten Barbedarf der Kinder einerseits und dem vom barunterhaltspflichtigen Elternteil aufgebrachten Unterhalt andererseits.

(OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 09.06.2022 – 7 U 1177/21)

Hintergrund

Die Antragstellerin und der Antragsgegner haben einander im Jahr 2006 geheiratet. Aus ihrer Ehe sind die Kinder A, geboren 2002, und B, geboren 2005, hervorgegangen. Seit spätestens Dezember 2012 leben die Eheleute voneinander getrennt, wobei die Kinder zunächst im mütterlichen Haushalt blieben. Das Scheidungsverfahren ist seit Oktober 2013 vor dem Familiengericht rechtshängig, ruht aber derzeit faktisch, da der Antragsgegner im Rahmen der Folgesache Zugewinnausgleich bis heute trotz Titulierung der geschuldeten Auskunft noch nicht erteilt hat.

In dem vorliegenden Verfahren hat die Antragstellerin den Antragsgegner, der eine Landwirtschaft betreibt, mit Antragsschrift vom 29.10.2013 auf Zahlung von Kindes- und Trennungsunterhalt in Anspruch genommen. Die Beteiligten haben unter anderem über die Höhe der beiderseitigen Einkünfte, den Ansatz einer PKW-Nutzung und eines Wohnvorteils auf Seiten des Antragsgegners, die Höhe verschiedener Abzugsposten sowie die wechselseitigen Anteile der Betreuung der Kinder gestritten. Im November 2014 hat der Antragsgegner die Unterhaltsansprüche für die Zeit ab Februar 2013 in Höhe von monatlich je 291,00 € Regelbedarf und 37,00 € Mehrbedarf für die Kinder und monatlich 163,00 € Trennungsunterhalt anerkannt, sodass ein entsprechender Teilanerkenntnisbeschluss erging. Hiergegen legte der Antragsgegner Beschwerde ein mit der Begründung, dass aufgrund zwischenzeitlich bekannt gewordener Rechtsprechungsänderung (Beschluss des BGH vom 12.03.2014 – XII ZB 234/13) weitere Abzüge beim Kindesunterhalt gerechtfertigt seien, da er im Rahmen des erweiterten Umgangs und da die Antragstellerin den Kindern nahezu ausschließlich gebrauchte Kleidung kaufe, erhebliche Leistungen erbringe, die anzurechnen seien. Außerdem sei die Antragstellerin angesichts des Alters der Kinder nunmehr ohnehin gehalten, mehr als nur halbtags zu arbeiten und es hätten sich seine Einkünfte aus der Landwirtschaft im Jahr 2012 weiter reduziert.

Die Antragstellerin trat ihm unter anderem mit der Behauptung entgegen, dass insbesondere der gemeinsame Sohn therapiebedürftig sei. Der Senat hat die Beschwerde mit Beschluss vom 22.10.2014 mit der Begründung zurückgewiesen, dass eine ausnahmsweise mögliche Anfechtung des Anerkenntnisbeschlusses ausscheide, da eine Rechtsprechungsänderung nicht vorliege, das Vorbringen des Antragsgegners unsubstantiiert sei und auch sonstige Abänderungsgründe nicht vorliegen.

Das Amtsgericht hat Beweis erhoben zu der Frage, welche finanziellen Mittel und welche wirtschaftlichen Vorteile dem Antragsgegner von Januar 2013 bis Juni 2016 zum Lebensunterhalt zur Verfügung gestanden haben und ob die Mittel ausschließlich aus den Erträgen des Betriebes oder durch Kredite bzw. andere Drittmittel aufgebracht worden sind, durch Einholung eines Gutachtens. Für die Zeit ab 02.02.2016 gehen die Beteiligten von einem paritätischen Wechselmodell aus, wobei das Amtsgericht der Antragstellerin die Entscheidungsbefugnis zur Geltendmachung von Kindesunterhaltsansprüchen übertragen hat.

Die Antragstellerin hat zwischenzeitlich ihre Arbeitstätigkeit aufgestockt. Der Antragsgegner hat zusätzlich geltend gemacht, dass Trennungsunterhaltsansprüche verwirkt seien, da die Antragstellerin im Jahr 2012 aus der Ehe ausgebrochen sei und sich einem neuen Partner zugewandt habe, mit dem sie im Sommer 2013 einen Campingurlaub verbracht habe und der seit August 2014 bei ihr wohne. Infolge der im Jahr 2020 eingetretenen Volljährigkeit der Tochter hat die Antragstellerin den diesbezüglichen Unterhaltsanspruch unter Vorlage einer Abtretungserklärung auf die Zeit bis dahin beschränkt. Hinsichtlich des Trennungsunterhalts hat sie behauptet, dass Sie erst seit 2017 mit ihrem Freund fest zusammen sei.

Amtsgericht verurteilt Antragsgegner zur Zahlung rückständigen Trennungsunterhalts

Das Amtsgericht hat den Antragsgegner über die mit Teilanerkenntnisbeschluss vom 11.04.2014 titulierten Unterhaltsbeträge hinaus zur Zahlung von rückständigen Kindesunterhalt für die Tochter A in Höhe von 3.094,00 €, für den Sohn B in Höhe von 1.965,00 € sowie von rückständigen Trennungsunterhalt in Höhe von 13.751,00 € ohne Bestimmung eines Einsatzzeitpunktes für die Verzinsung bestimmt, wobei sich aus den Entscheidungsgründen ergibt, dass sich die Beträge hinsichtlich des Kindesunterhalts auf die Zeit von Februar 2013 bis Januar 2016 beziehen und bezüglich des Trennungsunterhalts auf die Zeit von Februar 2013 bis Dezember 2015.

Bei der Berechnung der Höhe der Unterhaltsansprüche ist die Vorinstanz von Einkünften des Antragsgegners in Höhe von monatlich 2.849,00 € zzgl. 500,00 € Wohnvorteil für die Nutzung der Wohnung im landwirtschaftlichen Betrieb ausgegangen und hat sie für den vorgenannten Zeitraum hinsichtlich des Kindesunterhalts die Beträge den entsprechenden Altersstufen der jeweils geltenden Düsseldorfer Tabellen entnommen, ausgehend von der Einkommensgruppe 6 mit Herabstufung in die Einkommensgruppe 5 liegen insgesamt drei Unterhaltspflichtige.

Für die Zeit von Februar 2016 bis August 2016 wird in dem Beschluss ausgeführt, dass angesichts des nunmehr praktizierten Wechselmodells und unter Berücksichtigung der beiderseitigen Einkommen der Eltern trotz des Umstandes, dass der Antragstellerin weniger als der angemessene Selbstbehalt von monatlich 1.300,00 € zur Verfügung gestanden habe, jedenfalls keine über das abgegebene Teilanerkenntnis hinausgehenden Zahlungen mehr geschuldet gewesen seien. Bezüglich des Trennungsunterhalts ist das Amtsgericht von den beiderseitigen Einkünften ausgegangen und hat eine Erwerbsobliegenheitsverletzung der Antragstellerin mit der Begründung verneint, dass sie als seinerzeit alleinerziehende Mutter von zwei minderjährigen Kindern nicht gehalten gewesen sei, mehr als halbschichtig zu arbeiten und sich im Übrigen aus der vorgelegten Bescheinigung ergebe, dass ihr Arbeitgeber eine Aufstockung abgelehnt habe, wobei ein Arbeitsplatzwechsel angesichts des langjährigen Beschäftigungsverhältnisses nicht zumutbar gewesen wäre. Den Verwirkungseinwand hat das Amtsgericht zurückgewiesen und hierzu ausgeführt, dass das diesbezügliche Vorbringen des Antragsgegners unsubstantiiert sei und sich allein aus einem unstreitigen gemeinsamen Campingurlaub noch keine verfestigte Lebensgemeinschaft im Sinne der Rechtsprechung zu § 1579 Nr. 2 BGB ergebe.

Antragsgegner legte Beschwerde ein

Gegen den Beschluss hat der Antragsgegner im Juni 2021 Beschwerde eingelegt und diese innerhalb der verlängerten Begründungsfrist am 04.08.2021 begründet. Er moniert zum einen, dass das Amtsgericht zu Unrecht angenommen habe, dass die Beteiligten das Gutachten vorbehaltlos angenommen hätten und verweist darauf, dass er bereits erstinstanzlich eine Schenkung seines Vaters in Höhe von 10.000,00 € vorgetragen habe und darüber hinaus Wertpapiere mit einem Erlös von 23.898,52 € verkauft worden seien, was beides nicht werterhöhend hätte berücksichtigt werden dürfen, sodass mit monatlich 807,11 € geringeren Einkünften im fraglichen Zeitraum auszugehen sei.

Darüber hinaus wendet sich der Antragsgegner gegen die Zurechnung eines Wohnvorteils, der diese auf der Grundlage der Auslegung des Pachtvertrages durch das Gericht Gegenstand desselben sei und mithin nicht unentgeltlich überlassen werde. Hilfsweise argumentierte der Antragsgegner dahingehend, dass es sich andernfalls um die freiwillige Leistung seiner Eltern handeln würde, die unterhaltsrechtlich nicht berücksichtigt werden dürfe und er außerdem zusätzliche Leistungen gegenüber seinen Eltern in Form von Beheizung und Zahlung von Nebenkosten für die Gesamtimmobilie erbringe.

Hinsichtlich des Trennungsunterhalts bemängelte der Antragsgegner, dass die Vorinstanz nicht hinreichend gewürdigt habe, dass an dem Campingurlaub im Jahr 2013 auch die gemeinsamen Kinder teilgenommen hätten. Auch habe er vorgetragen, dass der Freund der Antragstellerin seiner Kenntnis nach bereits im August 2014 bei der Antragstellerin eingezogen sei, er spätestens ab diesem Zeitpunkt kein Trennungsunterhalt mehr schulde. Im Übrigen habe die Antragstellerin auch vor dem Hintergrund, dass sie seinerzeit aus der Ehe ausgebrochen sei, spätestens seit Mitte 2013 ihre Arbeit aufstocken müssen, da sich die Situation damit anders darstelle als beim üblichen Trennungsunterhaltsanspruch, bei dem die bestehenden Verhältnisse im Hinblick auf eine mögliche Wiederherstellung der ehelichen Lebensgemeinschaft für eine Übergangszeit noch schützenswert seien. Auch genüge die vorgelegte Arbeitgeberbescheinigung nicht aus, da dieser, wie von ihm dargelegt, an anderen Standorten Stellen zur Verfügung gehabt hätte.

OLG Frankfurt – Beschwerde statthaft, aber unbegründet

Das Amtsgericht ist nach den Frankfurter Richtern zutreffend davon ausgegangen, dass die Antragstellerin für die Betreuung der Kinder in der Zeit von Februar 2013 bis Januar 2016 von dem Antragsgegner rückständigen Kindesunterhalt gemäß der §§ 1601 ff. BGB im Wege des familienrechtlichen Ausgleichsanspruchs nach Eintritt des Wechselmodells bezüglich des Sohnes und aus § 398 BGB abgetretenem Recht hinsichtlich der inzwischen volljährigen Tochter verlangen kann. Darüber hinaus haben die Vorinstanzen zu Recht angenommen, dass der Antragsgegner der Antragstellerin dem Grunde nach Trennungsunterhalt aus § 1361 BGB schuldet. Nach dieser Vorschrift kann ein Ehegatte im Falle der Trennung von dem anderen Ehegatten den nach den Lebensverhältnissen und den Erwerbs- und Vermögensverhältnissen angemessenen Unterhalt verlangen.

Soweit das Amtsgericht den der Höhe nach unstreitigen Wohnvorteil von monatlich 500,00 € in Ansatz gebracht hat, ist dies aus denen dem angefochtenen Beschluss dargelegten Gründen nicht zu beanstanden. Die amtsgerichtlichen Ausführungen sind entgegen der Ansicht des Antragsgegners auch nicht in sich widersprüchlich. Vielmehr ist die private Nutzung der Betriebsleiterwohnung durch den Antragsgegner aus unterhaltsrechtlicher Sicht ein ihm zugutekommender geldwerter Vorteil, der in dem Gutachten nicht als solcher berücksichtigt worden ist.

Im Rahmen der durchzuführenden Billigkeitsabwägung erscheint die Versagung weiterer Trennungsunterhaltszahlungen für die Zeit ab April 2015 auch angesichts der beiderseitigen Einkommensverhältnisse angemessen, zumal die Antragstellerin durchweg über eigene Einkünfte oberhalb ihres notwendigen Bedarfs verfügte und sie zudem nunmehr einen leistungsfähigen Partner, der zumindest die hälftigen Mietkosten übernehmen konnte, an ihrer Seite hatte. Der Umstand, dass die Antragstellerin unter Verstoß gegen die prozessuale Wahrheitspflicht eindeutig falschen Vortrag gehalten hat, indem sie schriftsätzlich zunächst angab, erst ab 2017 mit dem Zeugen in einer Beziehung gelebt zu haben, ist ein weiterer Aspekt, der für die Annahme von Unzumutbarkeit weiterer Unterhaltszahlungen ab April 2015 streitet.

Feststeht, dass bei der Berechnung von Ehegattenunterhalt der Naturalunterhalt, den ein betreuender Elternteil aus eigenen Einkünften für die gemeinsamen, bei ihm lebenden Kinder aufbringt, vor der Berechnung der Unterhaltsquote von seinem bereinigten Nettoeinkommen in Abzug zu bringen ist.

Bei Fragen zum Thema Ehegattenunterhalt und der Frage, wie der Naturalunterhalt hiervon in Abzug zu bringen ist, stehen Ihnen unsere auf das Familienrecht spezialisierten Anwältinnen kompetent zur Verfügung.


Familienrecht - Wohnvorteil beim betreuenden Elternteil hat keinen Einfluss auf den Kindesunterhalt

Familienrecht - Wohnvorteil beim betreuenden Elternteil hat keinen Einfluss auf den Kindesunterhalt

Lebt der betreuende Elternteil mit den Kindern mietfrei im Eigenheim, dann ändert dies nichts an der Höhe des vom anderen Elternteil zu leistenden Barunterhalts für die Kinder. Der Kindesunterhaltsanspruch richtet sich allein nach dem Einkommen des Barunterhaltspflichtigen.

(BGH, Beschluss vom 18.05.2022 – XII ZB 325/20)

Unterhaltsrechtlich führt das mietfreie Wohnen im Eigenheim dazu, dass das Einkommen desjenigen, der das Eigenheim nutzt, um den damit verbundenen Wohnwert erhöht wird. Auf das Einkommen des Unterhaltspflichtigen wird also ein pauschaler Betrag als Wohnvorteil aufgeschlagen und das dadurch erhöhte Einkommen wird der Unterhaltsberechnung zugrunde gelegt. Hat beispielsweise ein Vater für seine Kinder Unterhalt zu zahlen und wohnt er mietfrei in einer Eigentumswohnung, dann bemisst sich sein unterhaltsrechtliches Einkommen nicht nur nach seinen Nettoeinkünften, sondern wird um den Wohnvorteil erhöht.

Anders ist es aber, wenn nicht der barunterhaltspflichtige Elternteil mietfrei wohnt, sondern der die Kinder betreuende Elternteil. Ist also beispielsweise die Mutter nach der Trennung der Eltern mit den Kindern im gemeinsamen Haus wohnen geblieben, für das sie keine Miete zahlt, wirkt sich der damit verbundene Wohnvorteil der Mutter nicht auf die Berechnung des Kindesunterhalts aus, den der Vater zu zahlen hat. Das Einkommen der Mutter ist für die Ermittlung des Kindesunterhaltes nicht relevant, wenn sie die Unterhaltspflicht durch Pflege und Erziehung der Kinder erfüllt. Der Kindesunterhalt bemisst sich dann allein nach dem Einkommen des Vaters. Auch der Umstand, dass die Mutter den Kindern die Wohnung oder das Eigenheim kostenlos zur Verfügung stellt, wirkt sich nicht aus. Eine Anrechnung nach § 1602 BGB findet hier nicht statt, da es sich um eine Leistung handelt, die den Unterhaltspflichtigen nicht entlasten soll. Nur wenn der Vater in dem Beispielsfall die Finanzierungslasten des von den Kindern bewohnten Hauses trägt, erbringt er dadurch einen Teil seiner Unterhaltsverpflichtung. Der Wohnvorteil, der der Mutter und den Kindern zugute kommt, kann sich allenfalls bei der Berechnung des Ehegattenunterhalts auswirken. Bei der Höhe des Ehegattenunterhalts spielt es eine Rolle, in welchem Umfang der Unterhaltsbedarf des Berechtigten bereits durch eigenes Einkommen und somit auch durch einen Wohnvorteil gedeckt ist. Zudem ist der Wohnwert höher anzusetzen, wenn der Pflichtige auch Kindesunterhalt zahlt, da dem Barunterhalt für die Kinder ein Mietkostenzuschuss enthalten ist. Rechnerisch könnte dies zur Folge haben, dass der die Kinder betreuende Elternteil keinen Anspruch auf Ehegattenunterhalt gegenüber dem anderen Elternteil hat, da unter Berücksichtigung des Wohnvorteils keine Einkommensdifferenz mehr verbleibt, die auszugleichen wäre.

Aus dem Beschluss des BGH wird auch deutlich, dass die Eltern vereinbaren können, dass die Wohnungskosten durch den Naturalunterhalt des Barunterhaltspflichtigen abgedeckt werden. Beruft sich der Barunterhaltspflichtige auf eine solche Vereinbarung, trägt der aber die Darlegungs- und Beweislast, denn er macht letztlich geltend, dass der Unterhaltsanspruch ganz oder teilweise erfüllt sei. Die Darlegung, dass er Miteigentümer der von der Frau und den Kindern genutzten Immobilie ist, reicht hierfür allein nicht aus.

Unsere auf das Familienrecht spezialisierten Anwältinnen beraten Sie mit ihrer langjährigen Erfahrung kompetent zu allen Fragen des Unterhaltsrechts.


Insolvenzrecht – BGH zum Umfang der Insolvenzmasse – Pflegegeld unterliegt nicht der Pfändung

Gesellschaftsrecht / Erbrecht - Rechtsstellung bei Wechsel der Gesellschafter oder Veränderung des Umfangs ihrer Beteiligung

1. Die Regelung des § 16 Abs. 1 S. 1 GmbH-Gesetz gilt auch für die Erben eines GmbH-Gesellschafters. Sie können Gesellschafterrechte erst dann ausüben, wenn sie in die Gesellschafterliste nach § 40 GmbHG aufgenommen worden sind. Dies gilt auch für einen Nachlasspfleger, der für die unbekannten Erben des Gesellschafters bestellt ist.

2. Die Beschwerdebefugnis gegen die Anordnung einer Notgeschäftsführungsansicht steht dem Erben eines GmbH-Gesellschafters erst mit der Eintragung in die Gesellschafterliste zu.

KG Berlin, Beschluss vom 23.11.2022 – 22 W 50/22

Hintergrund

Die Gesellschaft, eine GmbH, ist seit dem 2. Juli 2020 in das Handelsregister, Abteilung B des Amtsgerichts Charlottenburg eingetragen. Als Unternehmensgegenstand ist der Betrieb eines Restaurants festgelegt. Am 10. Dezember 2021 verstarb der einzige Geschäftsführer und Alleingesellschafter der Gesellschafter W. Zur Sicherung und Verwaltung des Nachlasses sowie zur Ermittlung der Erben (der Erblasser war geschieden), seine einzige Schwester schlug die Erbschaft aus, ernannte das zuständige Amtsgericht Wedding am 4. Februar 2022 für die unbekannten Erben nach W. den Beteiligten zu 1.) als Nachlasspfleger.

Auf Antrag der Beteiligten zu 2.), der Lebensgefährtin des Erblassers und Mitarbeiterin in dem von der Gesellschaft betriebenen Restaurants, bestellte das Amtsgericht Charlottenburg diese mit Beschluss vom 05.05.2022 zur alleinvertretungsberechtigten Notgeschäftsführerin. Nachdem das Registergericht den Beteiligten zu 1.) auf seine Nachfrage hin, mit Schreiben vom 08.07.2022 eine Abschrift des Bestellungsbeschlusses übersandt hatte, hat dieser mit einem Schreiben vom 14.07.2022, das beim Registergericht am 20.07.2022 per Post eingegangen ist, für die unbekannten Erben Beschwerde eingelegt mit dem Ziel, eine Abberufung der Notgeschäftsführerin zu erreichen. Insoweit rügt er, dass er wegen des Antrags auf Notgeschäftsführerbestellung nicht angehört worden ist. Die Voraussetzungen des § 29 BGB seien auch nicht gegeben, die Erben könnten die Gesellschafterrechte ohne weiteres ausüben. Darüber hinaus sei die Beteiligte zu 2.) auch als Geschäftsführerin ungeeignet, da sie Erbschaftsbesitzerin sei und jede Zusammenarbeit verweigere. Die Erben hätten an der Weiterführung des Geschäftsbetriebs kein Interesse, da dieser eingestellt werden sollte.

Das Amtsgericht Charlottenburg hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Senat mit einem Beschluss vom 08.08.2022 zur Entscheidung vorgelegt.

Beschwerde nicht erfolgreich

Die Beschwerde des Beteiligten zu 1.) gegen den Bestellungsbeschluss vom 05.05.2022 ist zwar nach § 402 Abs. 1 FamFG statthaft, da sich bei der Bestellung eines Notgeschäftsführers, auch wenn dieser auf einer entsprechenden Anwendung des § 29 BGB beruht, um ein unternehmensrechtliches Verfahren nach § 375 FamFG handelt. Die Beschwerde ist aber unzulässig, dementsprechend ist sie gemäß § 68 Abs. 2 S. 2 FamFG zu verwerfen, weil die unbekannten Erben, auf die es für diese Frage ankommt, durch die Entscheidung des Amtsgerichts, für die Gesellschaft einen Notgeschäftsführer zu bestellen, nicht unmittelbar in eigenen Rechten beschwert sind, sodass es an den Voraussetzungen des § 59 Abs. 1 FamFG fehlt.

Auf die weitere Frage, ob die Einreichung der Beschwerde per Post angesichts der Regelung in § 14 b Abs. 1 FamFG formgerecht war, kommt es daher nicht an. Durch die Anordnung der Notgeschäftsführerin werden laut dem KG Berlin die unbekannten Erben nicht unmittelbar in eigenen Rechten beeinträchtigt. Eine Beeinträchtigung ihrer Vertretungsbefugnis ist nicht eingetreten. Denn diese sind durch den Wegfall des Erblassers nicht in dessen Stellung als Vertretungsorgan eingetreten. § 35 Abs. 1 S. 2 GmbH-Gesetz, der nur die passive Vertretung ermöglicht und deshalb zur Weiterführung oder auch nur Abwicklung des Geschäftsbetriebes der Gesellschaft nicht ausreichend ist, greift zugunsten der Erben des Alleingesellschafters nicht, da diese nicht als Gesellschafter in der zuletzt in den Registerordner aufgenommenen Gesellschafterliste aufgeführt sind. Die Aufnahme einer solchen Liste ist auch im Erbfall vorgesehen. Ob eine Ausnahme in Betracht kommt, wenn die Erben durch einen Erbschein ausgewiesen sind und ob diesem der Beschluss über eine Nachlasspflegerbestellung gleichsteht, kann letztlich dahinstehen. Denn auch insoweit geht es nur darum unter Berücksichtigung des § 16 Abs. 1 S. 2 GmbH-Gesetz eine zutreffende Gesellschafterliste zur Aufnahme in den Registerordner zu erstellen, die dann die Ausübung der Gesellschafterrechte rechtfertigt.

Weil es an einer die unbekannten Erben ausweisenden Gesellschafterliste fehlte, sind die unbekannten Erben auch nicht in ihrem Recht auf Bestellung der Vertretungsorgane als Gesellschafter beeinträchtigt. Auch die weiteren Ausführungen des Beteiligten zu 1.) zu einer Ungeeignetheit der Beteiligten zu 2.) zur Geschäftsführung rechtfertigen nicht die Annahme, die unbekannten Erben wären durch den Bestellungsbeschluss unmittelbaren eigenen Rechten beeinträchtigt. Der Hinweis, die Beteiligte zu 2.) sei Erbschaftsbesitzerin und kooperiere insoweit nicht mit dem Beteiligten zu 2.), ist unerheblich. Bezüglich der GmbH haben die Erben lediglich die Geschäftsanteile erworben. Die Geltendmachung der hieraus entstehenden Rechte setzt die Erstellung einer entsprechenden Gesellschafterliste und deren Aufnahme in den Registerordner voraus. Dass die Beteiligte zu 2.) als ehemalige Lebensgefährtin des Erblassers über andere Nachlassgegenstände verfügt, steht in keinem Zusammenhang mit der Frage, ob eine Notgeschäftsführerbestellung erforderlich ist.

Ob sich eine Beschwerdebefugnis daraus ergeben könnte, dass die unbekannten Erben als zukünftige Gesellschafter gegen die Gesellschaft und damit die Notgeschäftsführerin einen Anspruch auf Erstellung einer sie als Gesellschafter ausweisenden Gesellschafterliste haben, wie der Beteiligte zu 1.) auch mit Schriftsatz vom 17.11.2022 geltend gemacht hat, kann hier offenbleiben.

Denn insoweit käme lediglich ein Angriff auf die als Notgeschäftsführer ausgewählte Person im Betracht, nicht aber eine Beschwerde gegen die Anordnung der Notgeschäftsführung an sich. So kann die erhobene Beschwerde aber nicht verstanden werden. Denn sie ist auf eine ersatzlose Aufhebung der Bestellung gerichtet. Dies ergibt sich daraus, dass der Beteiligte zu 1.) auf Nachfrage des Senats ausdrücklich erklärt und mit dem Schriftsatz vom 17.11.2022 bekräftigt hat, eine Notgeschäftsführung sei nicht erforderlich, der Geschäftsbetrieb solle sofort eingestellt werden, was aber angesichts des durch die GmbH geführten Restaurantbetriebs ohne Geschäftsführung ohnehin nicht möglich sein dürfte. Dies gilt im Übrigen auch, soweit – wie der Beteiligte zu 1.) angekündigt hat – ein Insolvenzantrag gestellt werden soll. Auf die von ihm weiter erhobenen Missbrauchsvorwürfe gegenüber der Bestellten kommt es nach alledem nicht an.

Die Entscheidung zeigt erneut deutlich, dass gesellschaftsrechtliche Regelungen oftmals dem Erbrecht vorgehen. So können Erben eines GmbH-Gesellschafters ihre Gesellschafterrechte erst dann ausüben, wenn sie auch tatsächlich in die Gesellschafterliste nach § 40 GmbHG aufgenommen worden sind.

In unserer auf das Gesellschafts- und Erbrecht spezialisierten Kanzlei stehen Ihnen unsere Anwälte insbesondere beim Zusammenspiel von Gesellschafts- und Erbschaftsrecht kompetent zur Verfügung.


Gesellschaftsrecht / Erbrecht - Rechtsstellung bei Wechsel der Gesellschafter oder Veränderung des Umfangs ihrer Beteiligung

Gesellschaftsrecht / Erbrecht - Rechtsstellung bei Wechsel der Gesellschafter oder Veränderung des Umfangs ihrer Beteiligung

1. Die Regelung des § 16 Abs. 1 S. 1 GmbH-Gesetz gilt auch für die Erben eines GmbH-Gesellschafters. Sie können Gesellschafterrechte erst dann ausüben, wenn sie in die Gesellschafterliste nach § 40 GmbHG aufgenommen worden sind. Dies gilt auch für einen Nachlasspfleger, der für die unbekannten Erben des Gesellschafters bestellt ist.

2. Die Beschwerdebefugnis gegen die Anordnung einer Notgeschäftsführungsansicht steht dem Erben eines GmbH-Gesellschafters erst mit der Eintragung in die Gesellschafterliste zu.

KG Berlin, Beschluss vom 23.11.2022 – 22 W 50/22

Hintergrund

Die Gesellschaft, eine GmbH, ist seit dem 2. Juli 2020 in das Handelsregister, Abteilung B des Amtsgerichts Charlottenburg eingetragen. Als Unternehmensgegenstand ist der Betrieb eines Restaurants festgelegt. Am 10. Dezember 2021 verstarb der einzige Geschäftsführer und Alleingesellschafter der Gesellschafter W. Zur Sicherung und Verwaltung des Nachlasses sowie zur Ermittlung der Erben (der Erblasser war geschieden), seine einzige Schwester schlug die Erbschaft aus, ernannte das zuständige Amtsgericht Wedding am 4. Februar 2022 für die unbekannten Erben nach W. den Beteiligten zu 1.) als Nachlasspfleger.

Auf Antrag der Beteiligten zu 2.), der Lebensgefährtin des Erblassers und Mitarbeiterin in dem von der Gesellschaft betriebenen Restaurants, bestellte das Amtsgericht Charlottenburg diese mit Beschluss vom 05.05.2022 zur alleinvertretungsberechtigten Notgeschäftsführerin. Nachdem das Registergericht den Beteiligten zu 1.) auf seine Nachfrage hin, mit Schreiben vom 08.07.2022 eine Abschrift des Bestellungsbeschlusses übersandt hatte, hat dieser mit einem Schreiben vom 14.07.2022, das beim Registergericht am 20.07.2022 per Post eingegangen ist, für die unbekannten Erben Beschwerde eingelegt mit dem Ziel, eine Abberufung der Notgeschäftsführerin zu erreichen. Insoweit rügt er, dass er wegen des Antrags auf Notgeschäftsführerbestellung nicht angehört worden ist. Die Voraussetzungen des § 29 BGB seien auch nicht gegeben, die Erben könnten die Gesellschafterrechte ohne weiteres ausüben. Darüber hinaus sei die Beteiligte zu 2.) auch als Geschäftsführerin ungeeignet, da sie Erbschaftsbesitzerin sei und jede Zusammenarbeit verweigere. Die Erben hätten an der Weiterführung des Geschäftsbetriebs kein Interesse, da dieser eingestellt werden sollte.

Das Amtsgericht Charlottenburg hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Senat mit einem Beschluss vom 08.08.2022 zur Entscheidung vorgelegt.

Beschwerde nicht erfolgreich

Die Beschwerde des Beteiligten zu 1.) gegen den Bestellungsbeschluss vom 05.05.2022 ist zwar nach § 402 Abs. 1 FamFG statthaft, da sich bei der Bestellung eines Notgeschäftsführers, auch wenn dieser auf einer entsprechenden Anwendung des § 29 BGB beruht, um ein unternehmensrechtliches Verfahren nach § 375 FamFG handelt. Die Beschwerde ist aber unzulässig, dementsprechend ist sie gemäß § 68 Abs. 2 S. 2 FamFG zu verwerfen, weil die unbekannten Erben, auf die es für diese Frage ankommt, durch die Entscheidung des Amtsgerichts, für die Gesellschaft einen Notgeschäftsführer zu bestellen, nicht unmittelbar in eigenen Rechten beschwert sind, sodass es an den Voraussetzungen des § 59 Abs. 1 FamFG fehlt.

Auf die weitere Frage, ob die Einreichung der Beschwerde per Post angesichts der Regelung in § 14 b Abs. 1 FamFG formgerecht war, kommt es daher nicht an. Durch die Anordnung der Notgeschäftsführerin werden laut dem KG Berlin die unbekannten Erben nicht unmittelbar in eigenen Rechten beeinträchtigt. Eine Beeinträchtigung ihrer Vertretungsbefugnis ist nicht eingetreten. Denn diese sind durch den Wegfall des Erblassers nicht in dessen Stellung als Vertretungsorgan eingetreten. § 35 Abs. 1 S. 2 GmbH-Gesetz, der nur die passive Vertretung ermöglicht und deshalb zur Weiterführung oder auch nur Abwicklung des Geschäftsbetriebes der Gesellschaft nicht ausreichend ist, greift zugunsten der Erben des Alleingesellschafters nicht, da diese nicht als Gesellschafter in der zuletzt in den Registerordner aufgenommenen Gesellschafterliste aufgeführt sind. Die Aufnahme einer solchen Liste ist auch im Erbfall vorgesehen. Ob eine Ausnahme in Betracht kommt, wenn die Erben durch einen Erbschein ausgewiesen sind und ob diesem der Beschluss über eine Nachlasspflegerbestellung gleichsteht, kann letztlich dahinstehen. Denn auch insoweit geht es nur darum unter Berücksichtigung des § 16 Abs. 1 S. 2 GmbH-Gesetz eine zutreffende Gesellschafterliste zur Aufnahme in den Registerordner zu erstellen, die dann die Ausübung der Gesellschafterrechte rechtfertigt.

Weil es an einer die unbekannten Erben ausweisenden Gesellschafterliste fehlte, sind die unbekannten Erben auch nicht in ihrem Recht auf Bestellung der Vertretungsorgane als Gesellschafter beeinträchtigt. Auch die weiteren Ausführungen des Beteiligten zu 1.) zu einer Ungeeignetheit der Beteiligten zu 2.) zur Geschäftsführung rechtfertigen nicht die Annahme, die unbekannten Erben wären durch den Bestellungsbeschluss unmittelbaren eigenen Rechten beeinträchtigt. Der Hinweis, die Beteiligte zu 2.) sei Erbschaftsbesitzerin und kooperiere insoweit nicht mit dem Beteiligten zu 2.), ist unerheblich. Bezüglich der GmbH haben die Erben lediglich die Geschäftsanteile erworben. Die Geltendmachung der hieraus entstehenden Rechte setzt die Erstellung einer entsprechenden Gesellschafterliste und deren Aufnahme in den Registerordner voraus. Dass die Beteiligte zu 2.) als ehemalige Lebensgefährtin des Erblassers über andere Nachlassgegenstände verfügt, steht in keinem Zusammenhang mit der Frage, ob eine Notgeschäftsführerbestellung erforderlich ist.

Ob sich eine Beschwerdebefugnis daraus ergeben könnte, dass die unbekannten Erben als zukünftige Gesellschafter gegen die Gesellschaft und damit die Notgeschäftsführerin einen Anspruch auf Erstellung einer sie als Gesellschafter ausweisenden Gesellschafterliste haben, wie der Beteiligte zu 1.) auch mit Schriftsatz vom 17.11.2022 geltend gemacht hat, kann hier offenbleiben.

Denn insoweit käme lediglich ein Angriff auf die als Notgeschäftsführer ausgewählte Person im Betracht, nicht aber eine Beschwerde gegen die Anordnung der Notgeschäftsführung an sich. So kann die erhobene Beschwerde aber nicht verstanden werden. Denn sie ist auf eine ersatzlose Aufhebung der Bestellung gerichtet. Dies ergibt sich daraus, dass der Beteiligte zu 1.) auf Nachfrage des Senats ausdrücklich erklärt und mit dem Schriftsatz vom 17.11.2022 bekräftigt hat, eine Notgeschäftsführung sei nicht erforderlich, der Geschäftsbetrieb solle sofort eingestellt werden, was aber angesichts des durch die GmbH geführten Restaurantbetriebs ohne Geschäftsführung ohnehin nicht möglich sein dürfte. Dies gilt im Übrigen auch, soweit – wie der Beteiligte zu 1.) angekündigt hat – ein Insolvenzantrag gestellt werden soll. Auf die von ihm weiter erhobenen Missbrauchsvorwürfe gegenüber der Bestellten kommt es nach alledem nicht an.

Die Entscheidung zeigt erneut deutlich, dass gesellschaftsrechtliche Regelungen oftmals dem Erbrecht vorgehen. So können Erben eines GmbH-Gesellschafters ihre Gesellschafterrechte erst dann ausüben, wenn sie auch tatsächlich in die Gesellschafterliste nach § 40 GmbHG aufgenommen worden sind.

In unserer auf das Gesellschafts- und Erbrecht spezialisierten Kanzlei stehen Ihnen unsere Anwälte insbesondere beim Zusammenspiel von Gesellschafts- und Erbschaftsrecht kompetent zur Verfügung.


Schenkungsrecht - BGH zum Schenkungsrecht - Widerruf wegen groben Undanks muss nicht begründet werden

Schenkungsrecht - BGH zum Schenkungsrecht - Widerruf wegen groben Undanks muss nicht begründet werden

Der Widerruf einer Schenkung wegen groben Undanks bedarf keiner Begründung. Das hat der BGH am 11.10.2022 (Urteil vom 11.10.2022 – X ZR 4/22) entschieden und ein Urteil des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main (Urteil vom 27.12.2019 – 8 U 142/13) insoweit aufgehoben. Wäre der Widerruf begründungspflichtig, stünde dies im Widerspruch zum gesetzlichen Regelungskonzept, das den Beschenkten zwar nicht durch formelle, aber materielle Wirksamkeitsanforderungen an den Widerruf schützt. Der BGH erklärte damit eine bislang in Literatur und obergerichtlicher Rechtsprechung umstrittene Frage. Wegen ihrer grundsätzlichen Bedeutung ist die Entscheidung zur Veröffentlichung in der amtlichen Sammlung vorgesehen.

Hintergrund

Die mittlerweile verstorbene frühere Klägerin, die Schenkerin, hat im Wege der vorweggenommenen Erbfolge Grundstückseigentum auf den Beklagten, also den Beschenkten und die beiden jetzigen Klägerinnen, ihre Erbinnen, übertragen. Einen lebenslangen unentgeltlichen Nießbrauch behielt sich die Schenkerin vor.

Einige Jahre später erteilte sie Löschungsbewilligungen für ihre eingetragenen Nießbrauchsrechte. Die Löschungsbewilligungen wurden der gemeinsamen Hausverwaltung, der jetzigen Erhabenen und des Beschenkten zur weiteren Verfügung und Verwahrung bei ihren Unterlagen übersandt und in einem Safe im Geschäftslokal der Hausverwaltung aufbewahrt.

Der Beschenkte ließ sich die Urkunde aushändigen und verhandelte mit den jetzigen Erben und der Schenkerin über die Verwendung der Löschungsbewilligungen, ergebnislos. Dennoch ließ er die Löschungsbewilligungen bei den zuständigen Grundbuchämtern einreichen.

Hiergegen erwirkte die Schenkerin eine einstweilige Verfügung. Die Schenkerin widerrief die Schenkungen, klagte auf Rückübertragung des Eigentums an Grundstücken. Erstinstanzlich noch erfolgreich, bis das OLG Frankfurt in der zweiten Instanz die Klage abwies. Dieses Urteil hat der BGH aufgehoben.

BGH-Begründung nicht erforderlich

Die Karlsruher Richter stellten fest, dass die Frage der Begründungspflicht vom Widerruf einer Schenkung nicht abschließend geklärt sei. Zwar werde das Begründungserfordernis von der obergerichtlichen Rechtsprechung und einem überwiegenden Teil der Literatur angenommen. Allerdings sehe ein Teil der Literatur auch ausdrücklich davon. In einem früheren Urteil des BGH (Urteil vom 22.10.2019 – X ZR 48/17) blieb die Frage mangels Entscheidungserheblichkeit noch offen, da der Widerruf einem Begründungserfordernis entsprochen hätte. Der Wortlaut des § 530 BGB schreibt kein Begründungserfordernis vor. Auch werde der Beschenkte hinreichend dadurch geschützt, dass die materielle Wirksamkeit des Widerrufs an enge objektive und subjektive Voraussetzungen geknüpft ist. Das Rückgabeverlangen des Schenkers hat nur dann Aussicht auf Erfolg, wenn er das Vorliegen dieser Voraussetzungen vor Gericht darlegen und beweisen kann.

Grober Undank nur in Ausnahmefällen

Die engen materiellen Voraussetzungen des groben Undanks sind in höchstrichterliche Rechtsprechung geklärt und wurden vom BGH auch im gegenständlichen Fall zugrunde gelegt. Der Widerruf einer Schenkung gemäß § 530 BGB setzt objektiv eine Verfehlung des Beschenkten von gewisser Schwere voraus. Darüber hinaus muss die Verfehlung auch in subjektiver Hinsicht Ausdruck einer Gesinnung des Beschenkten sein, die in erheblichem Maße die Dankbarkeit vermissen lässt, die der Schenker erwarten kann.

Schließlich könne auch der Gesetzessystematik kein Begründungserfordernis entnommen werden. Dies zeigt ein Vergleich mit § 626 BGB, der die fristlose Kündigung eines Dienstvertrages aus wichtigem Grund regelt. So gelte auch hier die materielle Voraussetzung des wichtigen Grundes, einer formellen Begründung bedürfe es für die Wirksamkeit der Kündigung allerdings nicht. Die Pflicht der unverzüglichen schriftlichen Mitteilung des Kündigungsgrundes, die sogar ausdrücklich in § 626 Abs. 3 S. 2 BGB geregelt ist, sei für die Wirksamkeit der Kündigung nicht maßgeblich.

Bei Fragen zur vorweggenommenen Erbfolge und Einzelheiten des Schenkungsrechts stehen wir Ihnen unserer auf das Erb- und Schenkungsrechts spezialisierten Kanzlei kompetent zur Verfügung.


Arbeitsrecht - Angestellte müssen in der Freizeit keine SMS des Arbeitgebers lesen

Arbeitsrecht - Angestellte müssen in der Freizeit keine SMS des Arbeitgebers lesen

Ein Arbeitnehmer muss keine dienstlichen SMS in der Freizeit lesen. Das entschied das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein mit Urteil vom 27.09.2022, Az.: 1 SA 39 öD/22.

Hintergrund der Entscheidung war ein Fall, in dem es um kurzfristige Dienstplanänderungen für einen Notfallsanitäter ging. Das Arbeitsgericht hatte im Wesentlichen darüber zu entscheiden, ob der Notfallsanitäter in seiner Freizeit auf eine kurzfristige Dienstplanänderung für den Folgetag reagieren musste. Er war in zwei Fällen telefonisch und per SMS und in einem Fall auch per E-Mail nicht zu erreichen gewesen und meldete sich jeweils wie ursprünglich geplant zu seinen Diensten. Der Arbeitgeber wertete das Verhalten seines Angestellten als unentschuldigtes Fehlen und erteilte ihm zunächst eine Ermahnung und dann eine Abmahnung.

Der Notfallsanitäter wollte dies nicht hinnehmen und klagte vor dem Arbeitsgericht auf Rücknahme der Abmahnung. In der Berufungsinstanz entschied das Landesarbeitsgericht dann zugunsten des Arbeitnehmers. So muss der Arbeitgeber damit rechnen, dass der Notfallsanitäter die ihm geschickte SMS erst mit Beginn seines Dienstes zur Kenntnis nimmt. Zu diesem Zeitpunkt sei der Sanitäter verpflichtet, seiner Arbeit nachzugehen und dazu gehöre auch, die in seiner Freizeit bei ihm eingegangenen dienstlichen Nachrichten des Arbeitgebers zu lesen. Ein treuwidriges Verhalten des Arbeitnehmers habe auch nicht vorgelegen. Das Recht auf Nichterreichbarkeit diene neben dem Gesundheitsschutz des Arbeitnehmers dem Persönlichkeitsschutz. Es gehört zu den vornehmsten Persönlichkeitsrechten, dass ein Mensch selbst entscheidet, für wen er in dieser Zeit erreichbar sein will oder nicht.

Unsere auf das Arbeitsrecht spezialisierten Anwälte stehen Ihnen zu sämtlichen Fragestellungen des Arbeitsrechts kompetent zur Verfügung.


Verkehrsrecht - Kein „Rechts vor Links“ auf öffentlichen Parkplätzen

Verkehrsrecht - Kein „Rechts vor Links“ auf öffentlichen Parkplätzen

Der BGH bestätigte mit Urteil vom 22.11.2022, Az.: VI ZR 344/21, das auf Parkplätzen ohne extra Vorfahrtsregelung üblicherweise kein rechts vor links gilt. Es sei der Sicherheit dienlicher, wenn die Autofahrer aufeinander Rücksicht nehmen und sich jeweils über die Vorfahrt verständigen müssten.

Hintergrund

In dem von den Karlsruher Richtern zu entscheidenden Fall ging es um zwei Autofahrer aus Lübeck, die auf einem Baumarktparkplatz im Kreuzungsbereich von zwei Fahrgassen kollidiert waren. Sie hatten sich wegen eines parkenden Sattelzuges nicht rechtzeitig sehen können. Der klagende Autofahrer kam dabei von rechts und meinte, dass er deshalb nicht für den Schaden haftet.

Die Vorinstanzen hatten bereits gemäß der Regelung zur Haftungsverteilung in § 17 Abs. 1 und Abs. 2 StVG (StVG) eine Haftungsquote von 70 zu 30 zugunsten des klagenden Fahrers angenommen. Zu dieser Quote kamen die Gerichte aber nicht wegen eines Verstoßes gegen § 8 Straßenverkehrsordnung (StVO), also an Kreuzungen und Einmündungen hat die Vorfahrt, wer von rechts kommt. Vielmehr sei der beklagte Fahrer in der unübersichtlichen Situation schlicht zu schnell gefahren. Auf die Vorfahrtsregel rechts vor links kam es den Gerichten nicht an.

BGH: Fahrbahnen auf Parkplätzen sind keine Straßen

Die Karlsruher Richter bestätigten nun die Entscheidung des Berufungsgerichts. Zwar sei die StVO grundsätzlich auch auf privaten Parkplätzen anwendbar, wenn diese, wie hier, für die Allgemeinheit zugänglich gemacht worden seien. Eine Anwendung der Rechts- vor Links-Regelung des § 8 StVO, ob unmittelbar oder mittelbar über die allgemeine Rücksichtnahmepflicht des § 1 Abs. 2 StVO komme jedoch nicht in Betracht, da es sich bei den Fahrgassen auf dem Baumarktparkplatz nicht um eine Kreuzung handle. Eine Kreuzung liegt nur vor, wenn zwei Straßen sich schnitten.

Eine Straße wiederum sei eine Fahrbahn, die dem fließenden Verkehr diene, also einem Verkehr, bei dem es den Teilnehmern auf ein möglichst ungehindertes Vorwärtskommen, auf ein zügiges Zurücklegen einer Strecke ankomme. Dieser erforderliche eindeutige Straßencharakter fehle hier, so der BGH. Typischerweise seien die Parkplatzflächen, wie hier vor dem Baumarkt, vor allem zum Rangieren und zum Be- und Entladen da. Auch seien Leute zu Fuß unterwegs, was einer zügigen Fahrweise entgegenstehe. Strenge Vorfahrtsregeln seien hier nicht erforderlich.

Der BGH wies auch darauf hin, dass viele Autofahrer auch weiterhin davon ausgehen, dass auch auf Parkplätzen rechts vor links gelte. So müsse immer damit gerechnet werden, dass sich der von rechts kommende Kraftfahrer irrig für vorfahrtsberechtigt hält. Dies sei aber kein Grund, den von rechts Kommenden zu privilegieren. Dieser müsse seinerseits darauf achten, dass auf Parkplätzen die Vorfahrtsregel grundsätzlich nicht gilt.

Bei der Abwicklung von Verkehrsunfällen und der Geltendmachung von Schadensersatz- und Schmerzensgeldansprüchen stehen wir Ihnen mit unserer langjährigen Erfahrung kompetent zur Seite.