Pferderecht / Schadensersatzrecht – OLG Celle zu Tierbehandlungskosten – auch geringwertige Pferde können Behandlungen Wert sein

Pferderecht / Schadensersatzrecht – OLG Celle zu Tierbehandlungskosten – auch geringwertige Pferde können Behandlungen Wert sein

Hintergrund

Ein alter Wallach wurde von einem Hund bis ins nächste Dorf gejagt und erheblich verletzt. Es stellte sich die Frage, ob sich hier die Behandlung noch lohnen würde. Der zum Zeitpunkt des Unfalls 24 Jahre alte Wallach hatte damals einen wirtschaftlichen Wert von nur noch etwa € 300,00. Gleichwohl sei er ein Weidekamerad, der als Gesellschafter für andere Pferde diene, so ein Sachverständiger. Außerdem war das Pferd noch in sehr gutem Zustand.

Zum Unfall kam es, als ein Hund auf die Pferdekoppel lief und den Wallach bis in den nächsten Ort verfolgte. Dabei stürzte das Pferd mehrfach und verletzte sich schwer. Daraufhin ließ der Kläger das Pferd für € 14.000,00 operieren.

Bereits das Landgericht Verden verurteilte die Hundehalterin dazu, die Behandlungskosten für das Pferd zu tragen. Der 20. Zivilsenat des OLG Celle wies die Berufung gegen das Urteil nunmehr zurück.

Enge Bindung entscheidend

Auch wenn der Schaden auf den eigenen Fluchtinstinkt des Pferdes zurückzuführen ist, muss die Hundehalterin diesen vollumfänglich tragen, so das OLG. Beim Unfall sei es nicht bloß zu einem kurzen Erschrecken gekommen, vielmehr habe der Hund das Pferd über die Koppel und über den Weidezaun sowie über die Straße bis in die nächste Ortschaft auf das äußerste getrieben. Diese vom Hund ausgehende Gefahr überwiege den eigenen Verursachungsbeitrag des Pferdes deutlich, so der Senat.

An der Entscheidung, dass die Hundehalterin den gesamten Schaden ersetzen muss, ändert auch der wirtschaftliche Wert des Pferdes nicht. Zwar übersteigen die Behandlungskosten den Wert des Pferdes um das 49fache. Nach Überzeugung des Senats verbiete es sich indes, eine streng wirtschaftliche Betrachtungsweise aufgrund der Verantwortung des Menschen für das Tier als Mitgeschöpf und schmerzempfindliches Lebewesen anzulegen.

So seien vielmehr sämtliche Umstände abzuwägen, wo unter anderem auch die Erfolgsaussichten der Behandlung, das Alter des Tieres sowie die Beziehung des Halters zum Tier zählen. Der Wallach war in diesem Fall das erste Pferd, welches der Kläger erworben hatte. Seit dem Kauf kurz nach der Geburt hatte er eine besonders enge Bindung zu dem Pferd.

Im Ergebnis ist es damit so, dass Tierbehandlungskosten auch dann zu ersetzen sind, wenn diese den Wert des Tieres um ein vielfaches Übersteigen (OLG Celle, Urteil vom 15.02.2023 – 20 U 36/20).

In unserer auf das Schadensrecht spezialisierten Kanzlei stehen wir Ihnen bei sämtlichen Fragen kompetent zur Verfügung.


Sportrecht – DFB-Sportgericht verhängt Geldbuße – Nagelsmann muss € 50.000,00 Strafe zahlen

Sportrecht – DFB-Sportgericht verhängt Geldbuße – Nagelsmann muss € 50.000,00 Strafe zahlen

Der Trainer des FC Bayern München, Julian Nagelsmann, hatte sich nach dem Spiel bei Borussia Mönchengladbach, welches 2:3 endete, am vergangenen Samstag im Kabinentrakt unsportlich gegenüber dem Schiedsrichterteam um Tobias Welz geäußert. So sollen insbesondere die Worte „weichgespültes Pack“ gefallen sein. Da Nagelsmann sportgerichtlich bisher noch nicht in Erscheinung getreten war, sich noch am selben Abend entschuldigte und auch in der Stellungnahme an den Kontrollausschuss Einsicht zeigte, sah das Gremium des DFB-Sportgerichts von der Beantragung eines Innenraumverbots ab, hieß es in der Mitteilung. Nagelsmann ist damit mit einer vergleichsweisen milden Strafe und ohne eine Sperre davon gekommen. Er wurde mit einer Geldbuße von € 50.000,00 belegt. Wie der DFB mitteilt, hat der Trainer des FC Bayern der Strafe bereits zugestimmt.

Auslöser für den verbalen Entgleiser war eine rote Karte gegen Bayerns französischen Innenverteidiger Dayot Upamecano. In einem ZDF-Interview hatte er eingeräumt, dass bei seinem Ausbruch auch die Äußerung „weichgespültes Pack“ gefallen sei.

Unsere auf das Sportrecht spezialisierte Kanzlei steht Ihnen bei sämtlichen Fragestellungen zu Verbandsstrafen kompetent zur Verfügung.


Arbeitsrecht – BAG fällt Grundsatzurteil – Nachtzuschläge dürfen unterschiedlich hoch sein

Arbeitsrecht – BAG fällt Grundsatzurteil – Nachtzuschläge dürfen unterschiedlich hoch sein

Hintergrund

Eine Arbeitnehmerin in der Getränkeindustrie hatte gegen ihren Arbeitgeber geklagt. Sie leistete im Rahmen eines Wechselschichtmodells Nachtarbeit. In ihrem Arbeitsverhältnis gilt ein Manteltarifvertrag, in dem geregelt ist, dass der Zuschlag zum Stundenentgelt für regelmäßige Nachtarbeit 20 % und für unregelmäßige Nachtarbeit 50 % beträgt. Aus Sicht der Arbeitnehmerin verstößt die unterschiedliche Höhe der Nachtarbeitszuschläge gegen den allgemeinen Gleichheitssatz. Es gebe unter dem Aspekt des Arbeits- und Gesundheitsschutzes auf den es allein ankomme keinen sachlichen Grund für diese Unterscheidung. Bereits in erster Instanz hatte sie mit ihrer Klage keinen Erfolg und auch der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) musste sich mit diesem Fall befassen. Der EuGH lehnte die Anwendbarkeit von Unionsrecht allerdings ab und gab den Fall zurück an das BAG.

BAG – Ermessen der Tarifvertragspartei

Auch das BAG konnte die Ansicht der Arbeitnehmerin nicht bestätigen. Die Regelung im Manteltarifvertrag zu unterschiedlich hohen Zuschlägen für regelmäßige und unregelmäßige Nachtarbeit verstoße nicht gegen den Gleichheitssatz des Artikel 3 Abs. 1 Grundgesetz. Arbeitnehmer, die regelmäßige bzw. unregelmäßige Nachtarbeit im Tarifsinn leisten, werden zwar ungleich behandelt, für diese Ungleichbehandlung sei aber ein aus dem Tarifvertrag erkennbarer sachlicher Grund gegeben.

So enthalte der Manteltarifvertrag einen angemessenen Ausgleich für die gesundheitlichen Belastungen sowohl durch regelmäßige als auch durch unregelmäßige Nachtarbeit. Somit habe er Vorrang vor dem gesetzlichen Anspruch auf einen Nachtarbeitszuschlag nach § 6 Abs. 5 Arbeitszeitgesetz. Außerdem bezwecke der Manteltarifvertrag auch, Belastungen für die Beschäftigten, die unregelmäßige Nachtarbeit leisten wegen der schlechteren Planbarkeit auszugleichen. Das sei durch die in Artikel 9 Abs. 3 Grundgesetz garantierte Tarifautonomie auch möglich. Tarifvertragsparteien können mit einem Nachtarbeitszuschlag neben dem Schutz der Gesundheit weitere Zwecke verfolgen.

Die Erfurter Richter bestätigen damit, dass der höhere Zuschlag für die Arbeitnehmer, die unregelmäßige Nachtarbeit leisten, gerechtfertigt ist. Eine Angemessenheitsprüfung im Hinblick auf die Höhe der Differenz der Zuschläge müsse nicht vorgenommen werden. Die Tarifvertragsparteien könnten frei entscheiden, wie sie den Aspekt der schlechteren Planbarkeit für die Beschäftigten finanziell bewerten und ausgleichen.

Zu Fragen zum Arbeitszeitgesetz stehen Ihnen unsere auf das Arbeitsrecht spezialisierten Anwälte gerne kompetent zur Verfügung.


Arbeitsrecht - BAG zu gleichem Lohn – Equal Pay ist keine Verhandlungssache

Arbeitsrecht - BAG zu gleichem Lohn – Equal Pay ist keine Verhandlungssache

Wenn ein Mann hinsichtlich seines Gehalts besser verhandelt hat, als seine weibliche Kollegin muss er das auch bekommen dürfen? Die Gesellschaft für Freiheitsrecht (GFF) meint nein und begleitet eine Frau bei der Klage gegen ihren früheren Arbeitgeber.

Eine frühere Vertriebsmitarbeiterin eines Metallunternehmens in Meissen klagt gegen ihren früheren Arbeitgeber. Das Unternehmen hat 180 Mitarbeiter, davon drei im Außendienst, darunter die Klägerin Susanne D. und zwei männliche Kollegen. Einer der Männer war zwei Monate nach der Klägerin eingestellt worden und hat, wie D. später erfuhr, ab seinem Einstieg für Jahr 1 ein um € 1.000,00 monatlich höheres Grundgehalt ausgehandelt, als sie selbst mit € 3.500,00. Nach einem Jahr fiel es auf die gleiche Höhe, bis dann nach einigen Monaten beiden Männern erneut ein höheres Gehalt angeboten wurde. Der zweite Mann war allerdings seit dreißig Jahren im Betrieb.

Frau D. klagte auf Zahlung der Differenzbeträge zum Gehalt des männlichen Kollegen und auf Entschädigung. Sie verlor sowohl vor dem Arbeitsgericht Dresden als auch vor dem Landesarbeitsgericht Sachsen.

Für die GFF betreut Frau Sarah Lincoln das Verfahren. In den unterschiedlichen Gehältern sieht sie eine Ungleichbehandlung, die nicht durch objektive Kriterien gerechtfertigt sei. Nach der langjährigen Rechtsprechung müssen Kriterien, wie Qualifikation, Erfahrung oder Leistung, also einen Bezug zur Arbeit haben. Ein besseres Verhandlungsgeschick wäre dagegen ein subjektives Kriterium.

Genau diese subjektiven Kriterien führen zu den unterschiedlichen Gehältern, meint Lincoln. Dazu gibt es auch aktuelle Zahlen: Obwohl die gleiche Bezahlung seit 1957 auf europäischer Ebene ein verbindliches Grundprinzip sei, verdienten Frauen in Deutschland im Durchschnitt 18 % weniger als Männer, in schlechter bezahlten Branchen liege der Unterschied bei 7 %. Damit hat Deutschland einen der größten Gender-Paycaps in Europa, sagt die Juristin.

Eine Stärkung der Frauen in ihren Verhandlungskompetenzen ändere daran nichts, würden Studien zeigen. Das liege an sozial erwarteten Geschlechterrollen und den Verstößen dagegen, wenn Frauen ihre Gehaltswünsche klar kommunizieren. Bei entsprechendem Auftreten in Gehaltsverhandlungen werden Frauen dann als nicht nett und fordernd wahrgenommen und erzielen das gewünschte Gehalt trotzdem nicht, so Lincoln. Equal Pay ist aber nicht verhandelbar.

Das Arbeitsgericht Dresden sowie das LAG Sachsen legten den Fokus jedoch auf einen anderen Aspekt. Die ungleiche Bezahlung sei gerechtfertigt gewesen, dazu habe der Arbeitgeber überzeugend vorgetragen, entschied das LAG. Denn der Mann sei nur bei dem höheren Gehalt bereit gewesen, den Job anzunehmen. Das Interesse des Unternehmens an der Mitarbeitergewinnung rechtfertige die Gehaltsunterschiede. Die Mitarbeitergewinnung sei ein objektives Kriterium.

Der GFF reicht das nicht. Der Arbeitgeber kann mit diesem Argument ein höheres Gehalt bezahlen, dann muss er dies aber auch den Frauen geben.

Sollte das BAG am Donnerstag nicht im Sinne von Frau D. entscheiden, will die GFF Verfassungsbeschwerde einlegen, wie sie es auch schon im Fall der früheren ZDF-Redakteurin Birte Meyer getan hat.

Wir dürfen also gespannt sein, was das BAG in dieser Sache entscheidet.

Unsere auf das Arbeitsrecht spezialisierten Anwälte stehen Ihnen bei sämtlichen Themenkomplexen des Arbeitsrechts kompetent zur Verfügung.


Familienrecht – BGH zur Ehewohnung: Zulässigkeit der Teilungsversteigerung in der Trennungszeit

Familienrecht – BGH zur Ehewohnung: Zulässigkeit der Teilungsversteigerung in der Trennungszeit

1. Der Schutz des räumlich gegenständlichen Bereichs der Ehe und der grundsätzlich bis zur Rechtskraft der Scheidung fortbestehende Charakter der ehelichen Immobilie als Ehewohnung gebieten es nicht, eine Teilungsversteigerung der Ehegattenimmobilie in der Trennungszeit ohne eine Abwägung der beiderseitigen Interessen generell als unzulässig anzusehen.

2. Die schutzwürdigen Belange des teilungsunwilligen Ehegatten werden durch ein Schrankensystem aus materiell rechtlichen Einwendungen und nach den §§ 1365, 1353 Abs. 1 Satz 2, 242 BGB, die im Drittwiderspruchsverfahren geltend zu machen sind, und vollstreckungsschützenden Vorschriften im Teilungsversteigerungsverfahren nach § 180 Abs. 2 und 3 ZVG, § 765 a ZPO gewahrt.

Der BGH hat mit seinem Beschluss vom 16.11.2022 – XII ZB 100/22 für klare Regelungen hinsichtlich einer Teilungsversteigerung in der Trennungszeit gesorgt. Grundsätzlich kann ein Ehepartner auch vor der Scheidung die Teilungsversteigerung beantragen. Wenn der andere damit nicht einverstanden ist, dann kann er mit einem Drittwiderspruchsantrag vor dem Familiengericht die Zulässigkeit der Teilungsversteigerung im Einzelfall prüfen lassen. Vom Familiengericht ist dann eine Interessenabwägung vorzunehmen. Von Bedeutung kann hierfür insbesondere sein:

– die Dauer der Trennungszeit
– die Dauer der Ehe
– das Alter der Ehepartner
– der Zeitpunkt der Anschaffung der Immobilie
– die Beweggründe des versteigerungswilligen Ehepartners / eheschädliches Verhalten
– die wirtschaftlichen Interessen der Ehepartner
– die physische oder psychische Gesundheit des in der Immobilie wohnenden Ehepartners
– die Möglichkeit, Ersatzwohnraum zu angemessenen Bedingungen zu finden und zu bezahlen
– das Wohl der Kinder, die noch im Haushalt leben

Wenn Sie während des laufenden Scheidungsverfahrens die Teilungsversteigerung in Betracht ziehen oder davon betroffen sind, benötigen Sie eine fachgerechte anwaltliche Beratung, sowohl für das Familienrecht als auch für die Teilungsversteigerung selbst.

Unsere auf das Familienrecht spezialisierten Anwältinnen stehen Ihnen hierzu kompetent zur Verfügung.


Arbeitsrecht – LAG Düsseldorf bestätigt fristlose Kündigung – gefälschter Impfpass führt unabhängig der Dauer der Betriebszugehörigkeit zur fristlosen Kündigung

Arbeitsrecht – LAG Düsseldorf bestätigt fristlose Kündigung – gefälschter Impfpass führt unabhängig der Dauer der Betriebszugehörigkeit zur fristlosen Kündigung

Wer seinem Arbeitgeber einen gefälschten Impfpass vorlegt, riskiert seinen Arbeitsplatz, und dies unabhängig von einer langen Betriebszugehörigkeit. Dies hat das Landesarbeitsgericht Düsseldorf klargestellt und einer Kündigungsschutzklage eines Arbeitnehmers keine Erfolgsaussichten attestiert. Der Arbeitnehmer nahm nach dem Rechtsgespräch und den Hinweisen der Kammer seine Berufung zurück. (AZ: 11 Sa 433/22)

Hintergrund

Der Arbeitnehmer war als Messwärter bei dem beklagten Unternehmen beschäftigt. Er war schwerbehinderten Menschen gleichgestellt und hatte dort 19 Jahre beanstandungsfrei gearbeitet. Mit Inkrafttreten des § 28 b Abs. 1 Infektionsschutzgesetz hatte das Unternehmen alle Beschäftigten aufgefordert, vor Dienstantritt einen vollständigen Impf-, Genesenen- oder Testnachweis vorzulegen. Den daraufhin vorgelegten Impfpass des Mitarbeiters, der zwei angebliche Impfungen mit dem Impfstoff Biontech durch das Impfzentrum in Duisburg erhielt, hielt das Unternehmen für eine Fälschung und kündigte dem klagenden Arbeitnehmer fristlos und hilfsweise fristgerecht. Der Arbeitnehmer hatte dem Vorwurf widersprochen.

Das LAG hatte zur Klärung des Vorfalls eine umfangreiche Beweisaufnahme durchgeführt. Nach dieser sei die Beweislage zu Lasten des Klägers erdrückend, heißt es in einer Mitteilung des Gerichts. So habe es etwa die auf dem Impfpass verzeichnete Chargen-Nummer nicht gegeben, wie eine Abfrage beim Paul-Ehrlich-Institut und beim Hersteller ergeben habe. Auch aus den Aufzeichnungen des Impfzentrums Duisburg sei hervor gegangen, dass die im Impfpass angegebenen Chargen dort nicht verimpft worden seien. Zudem habe der verwendete Stempel Rechtschreibfehler enthalten, was darauf schließen lasse, dass er nicht im Impfzentrum verwendet worden ist.

Auch andere Behauptungen des Arbeitnehmers, wie etwa dass seine Impfung ohne Termin erfolgt sei, konnten durch Zeugen widerlegt werden. Schließlich konnte ein von ihm benannter Zeuge, der mit ihm zum Impfzentrum gefahren sein soll, nur bekunden, dass er nur auf dem Parkplatz gewartet und nicht gesehen habe, ob der Kläger das Impfzentrum auch wirklich betreten hat.

Die Vorlage einer solchen Fälschung stelle im Ergebnis eine Verletzung einer arbeitsvertraglichen Nebenpflicht dar, so das LAG. Sie wiege so schwer, dass eine fristlose Kündigung gerechtfertigt sei. Zudem zeuge die Vorlage der Fälschung von einer hohen kriminellen Energie und stelle eine Straftat dar, so dass das Vertrauensverhältnis zum Arbeitgeber nachhaltig gestört sei. Wegen der Schwere des Verstoßes kam es weder auf eine mögliche Wiederholungsgefahr, noch auf den langjährigen störungsfreien Bestand des Arbeitsverhältnisses an, so das LAG in seiner Mitteilung.

Unsere auf das Arbeitsrecht spezialisierten Anwälte stehen Ihnen bei sämtlichen Fragen zur Abwehr von Kündigungen kompetent zur Verfügung.


Schadensrecht – LG Köln zu zerkratztem Mercedes – kein Schadensersatz nach Sex auf Motorhaube

Schadensrecht – LG Köln zu zerkratztem Mercedes – kein Schadensersatz nach Sex auf Motorhaube

Hintergrund

Ein Paar entdeckte in einer Sommernacht die Motorhaube eines fremden Mercedes für sich, der Halter fand am nächsten Tag ein erheblich beschädigtes Auto vor. Das Landgericht Köln entschied, dass der Parkhausbetreiber hierfür nicht haftet.

Der Mercedes-Fahrer hatte das Auto über Nacht in einem Parkhaus abgestellt. Als er am nächsten Morgen zur Arbeit fahren wollte, stellte er am Fahrzeug mehrere Beschädigungen, darunter Lackkratzer auf der Motorhaube sowie Eindellungen und Schäden an einem Außenspiegel fest. Die Überwachungskamera des Parkhauses konnte aufklären, was passiert war. In der Nacht hatten zwei Personen das Parkhaus im Umfeld des Kölner Hauptbahnhofs entdeckt, um dort auf einem abgestellten Auto Sex zu haben.

Von den beiden Personen fehlt jede Spur. Für den Besitzer des Fahrzeuges ist ein Sachschaden i.H.v. € 4.676,36 entstanden. Diesen wollte er gegenüber dem Betreiber des Parkhauses durchsetzen und ferner die Feststellung begehren, dass auch künftige Schäden sowie Rechtsanwaltsgebühren vom Inhaber des Parkhauses ersetzt werden. Der Kläger meint dazu, dass der Parkhausbetreiber dafür Sorge hätte tragen müssen, dass die Videoüberwachung dauerhaft live beobachtet werde. Jedenfalls hätte umgehend die Polizei zwecks Identitätsfeststellung gerufen werden müssen.

LG Köln weist Klage ab.

Das Landgericht Köln wies die Klage gegen den Parkhausbetreiber ab. Die Nebenpflichten des Parkhausbetreibers gegenüber den parkenden Kunden als Vertragspartner gingen nicht soweit, dass Überwachungskameras durchgehend von Mitarbeitern beobachtet werden müssten, um etwaige Vorkommnisse umgehend und lückenlos zu bemerken oder gar zu verhindern.

Die Kölner Richter erblicken in der Videoüberwachung hauptsächlich einen repressiven Zweck. Das bedeutet, dass der Parkhausbetreiber beispielsweise bei Schäden an geparkten Fahrzeugen durch Bereitstellung des Videomaterials bei der Aufklärung mithelfen kann. Dies wird nach Überzeugung der Kammer auch regelmäßig gelingen, da in vielen Fällen das Kennzeichen von Schädigern zu sehen sein wird und so der Halter ermittelt werden kann.

Auf der Videoaufnahme wären allerdings lediglich neun Minuten dokumentiert, in welchem das unbekannte Paar auf der Motorhaube aktiv war. Das Gericht sah daher keine Pflichtverletzung des Parkhausbetreibers darin, eine mögliche Beschädigung durch Unbekannte in diesem kurzen Zeitraum nicht erkannt und unterbunden zu haben. Ohnehin sei fraglich, wie das Parkhauspersonal ohne Eigengefährdung hätte einschreiten sollen und ob die Polizei überhaupt rechtzeitig hätte vor Ort sein können.

Der Eigentümer des Fahrzeugs bleibt nun also auf seinem Schaden sitzen bzw. muss diesen bei seiner Haftpflichtversicherung geltend machen. Es bleibt zu hoffen, dass seine Eigenbeteiligung bei der Teilkaskoversicherung relativ gering ist.

In unserer auf das zivile Schadensrecht spezialisierten Kanzlei stehen wir Ihnen bei der Geltendmachung und Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen genauso wie bei der Abwehr solcher Ansprüche kompetent zur Verfügung.


Arbeitsrecht – BAG zur Dreijahresfrist für Urlaubsabgeltung

Arbeitsrecht – BAG zur Dreijahresfrist für Urlaubsabgeltung

In unseren letzten Blogs haben wir darauf hingewiesen, dass Urlaub nicht mehr automatisch verjährt. Wie ist es aber, mit der Auszahlung von noch nicht genommenen Urlaub nach einem Arbeitsstellenwechsel? Hier schaffte das BAG nun Klarheit.

Arbeitnehmer, die nach einem Urteil des Bundesarbeitsgerichtes im Dezember (BAG, Urteil vom 20.12.2022, 9 AZR 266/20) auf einen Wegfall auch der Verjährungsfrist bei Abgeltungsansprüchen gehofft hatten, wurden enttäuscht. Allerdings räumte das Gericht für Altfälle eine Übergangsfrist von 2018 bis 2021 ein. Die Erfurter Richter reagierten hiermit auf die in den letzten Jahren geänderte Rechtsprechung zum Verfall von Urlaubsansprüchen. Im Jahr 2018 hatte der Europäische Gerichtshof dazu entschieden, ein Jahr später das BAG. In der Regel beginnen die Fristen am Ende des Kalenderjahres, in welchem Urlaubsansprüche strittig sind.

Im Dezember hatte das BAG dann geurteilt, dass Urlaub in einem bestehenden Arbeitsverhältnis nicht verjähren kann, wenn Arbeitgeber ihrer Informationspflicht nicht nachkommen. Sie müssen ihre Beschäftigten auf ihre Urlaubsansprüche hinweisen und warnen, dass sie verfallen, wenn kein Urlaubsantrag gestellt wird. Hierdurch wurde eine EuGH-Entscheidung in deutsches Recht umgesetzt.

Es liegt auf der Hand, dass einige Arbeitgeber befürchteten, wegen der Bezahlung offener Urlaubsansprüche aus seit Jahren beendeten Arbeitsverhältnissen sich einer Klageflut ausgesetzt zu sehen. Arbeitnehmer würden vor allem nach dem Ende von Arbeitsverhältnissen Geld für offene Urlaubsansprüche einklagen. Bei laufenden Arbeitsverhältnissen spielt die Sorge um den Job eine stärkere Rolle.

Der Bestand der dreijährigen Verjährungsfrist bei Abgeltungsansprüchen aus beendeten Arbeitsverhältnissen wird damit begründet, dass es nicht um den wichtigen Erholungszweck, sondern um einen reinen Geldanspruch gehe, also um finanziellen Ausgleich für Urlaub. Zudem gibt es für Arbeitnehmer nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses auch keinen Druck mehr, möglicherweise auf Urlaub zu verzichten.

Hintergrund der Entscheidung war ein Fluglehrer und Pilot aus Niedersachsen, der für nicht genommenen Urlaub von 2010 bis 2015 insgesamt € 44.899,00 von seinem Arbeitgeber verlangte, dies mit Erfolg für einen Teil der Jahre. Ihm wurden € 37.416,00 zugesprochen.

Das BAG schaffte daher mit der neuen Entscheidung Klarheit über Verjährungsfristen hinsichtlich der Urlaubsabgeltung nach beendetem Arbeitsverhältnis. So bleibt es bei der Dreijahresfrist für die Urlaubabgeltung.

Unsere auf das Arbeitsrecht spezialisierten Anwälte stehen Ihnen bei sämtlichen Fragen zur Urlaubsabgeltung kompetent zur Verfügung.


Gesellschaftsrecht – Unanfechtbarkeit eines sittenwidrig erwirkten satzungsändernden Gesellschafterbeschlusses

Gesellschaftsrecht – Unanfechtbarkeit eines sittenwidrig erwirkten satzungsändernden Gesellschafterbeschlusses

Die Unanfechtbarkeit eines sittenwidrig erwirkten satzungsändernden Gesellschafterbeschlusses schließt ein darauf gestütztes, auf Wiederherstellung der ursprünglichen Satzung gerichtetes Schadensersatzverlangen des geschädigten Gesellschafters nicht aus, soweit ihm nicht schutzwürdige Rechte Dritter entgegen stehen.

BGH, Urteil vom 06.12.2022 – II ZR 187/21

Hintergrund

Die Parteien sind Gesellschafter der F GmbH. An der F hielt die Beklagte zunächst für eine T GmbH treuhänderisch eine Beteiligung von 80 %. Am 13.11.2009 schlossen die T GmbH und die Parteien einen weiteren Treuhandvertrag, der die Übertragung der Treugeberbestellung von der T GmbH auf die Klägerin beinhaltete. Neben der Abtretung sämtlicher Rechte aus der ursprünglichen Treuhand wurde für den Fall der Kündigung des Treuhandvertrags die Abtretung eines Geschäftsanteils Nr. 1 mit einem Nennbetrag von € 20.000,00 an die Klägerin vereinbart. Den weiteren Geschäftsanteil Nr. 2 mit einem Nennbetrag von € 5.000,00 hielt die Beklagte.

Die Klägerin kündigte den Treuhandvertrag mit Schreiben vom 16.08.2011 und 26.08.2011. Die beim Handelsregister eingereichte Gesellschafterliste vom 24.08.2011 wies die Klägerin als Inhaberin des Geschäftsanteils Nr. 1 und die Beklagte als Inhaberin des Geschäftsanteils Nr. 2 aus. Mit Schreiben vom 25.08.2011 focht die Beklagte den Treuhandvertrag 2 unter anderem wegen arglistiger Täuschung an. Der Geschäftsführer der F reichte am 02.09.2011 eine Gesellschafterliste beim Handelsregister ein, in der die Beklagte als Inhaberin beider Geschäftsanteile ausgewiesen war. Die Klägerin erwirkte am 09.09.2011 eine einstweilige Verfügung, mit der der Gesellschafterliste ein Widerspruch hinsichtlich der Inhaberschaft des Geschäftsanteils Nr. 1 zugeordnet wurde.

Am 20.10.2011 fand eine Gesellschafterversammlung der F statt, zu der die Klägerin nicht eingeladen war und von der sie auch nicht unterrichtet wurde. Darin beschloss die Beklagte, die Satzung der F unter anderem dahingehend zu ändern, dass das Quorum für die Beschlussfähigkeit der Gesellschaft von 75 % auf nunmehr 85 % angehoben wird und Gesellschafterbeschlüsse nunmehr grundsätzlich mit einer Mehrheit von 85 % der Stimmen zu fassen sind. Außerdem legte sie fest, dass der Versammlungsleiter nicht mehr mehrheitlich gewählt wird, sondern die Versammlungsleitung regelmäßig dem einladenden Gesellschafter oder Geschäftsführer obliegt. Die Änderung der Satzung wurde am 29.11.2011 im Handelsregister eingetragen.

Eine Ende 2016 erhobene Beschlussmängelklage der Klägerin blieb ohne Erfolg.

LG Frankfurt stellt Inhaberschaft der Klägerin fest

Mit Urteil des LG Frankfurt am Main vom 27.06.2012, rechtskräftig seit 28.07.2016, wurde im Verhältnis der Parteien festgestellt, dass die Klägerin Inhaberin des Geschäftsanteils Nr. 1 ist. Am 10.07.2014 wurde eine Gesellschafterliste beim Handelsregister aufgenommen, welche die Klägerin als Inhaberin des Geschäftsanteils Nr. 1 auswies. Die Klägerin verlangt nunmehr die Zustimmung der Beklagten zur Rückänderung der Satzung, der F in den Zustand vor dem 29.11.2011.

Das LG wies die Klage ab, das OLG gab ihr statt. Die Revision der Beklagten hatte vor dem BGH keinen Erfolg.

BGH – Anspruch Klägerin auf Zustimmung Änderung Satzung

Nach Ansicht der Karlsruher Richter hat das OLG einen Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte auf Zustimmung zu der begehrten Änderung der Satzung der F rechtsfehlerfrei bejaht.

Die Annahme einer vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung der Klägerin durch die Beklagte und damit der Voraussetzungen der §§ 826 BGB durch das OLG hält rechtlicher Nachprüfung stand. Dem Anspruch der Klägerin auf Zustimmung zu der begehrten Satzungsänderung der F steht nicht entgegen, da sie gegen den satzungsändernden Beschluss vom 20.10.2011 erfolglos geklagt hat.

Das OLG, das auch über die Beschlussmängelklage der Klägerin entschieden hat, meinte, dass der satzungsändernde Beschluss jedenfalls analog § 242 Abs. 2 Satz 1 AktG geheilt sei, weil er bei Klageerhebung 2017 mehr als drei Jahre im Handelsregister eingetragen war. Nach dieser Vorschrift kann die Nichtigkeit eines Hauptversammlungsbeschlusses, der nach § 241 Nr. 1, 3 o. 4 AktG nichtig ist, nicht mehr geltend gemacht werden, wenn der Beschluss im Handelsregister eingetragen worden ist und seitdem drei Jahre verstrichen sind. Richtig ist, dass die von der Klägerin erhobene Beschlussmängelklage schon wegen Zeitablaufs keinen Erfolg haben konnte.

Die Unanfechtbarkeit eines sittenwidrig erwirkten satzungsändernden Gesellschafterbeschlusses schließt ein darauf gestütztes, auf Wiederherstellung der ursprünglichen Satzung gerichtetes Schadensersatzverlangen des geschädigten Gesellschafters aber nicht aus, soweit ihm nicht schutzwürdige Rechte Dritter entgegen stehen. Wie der Senat bereits ausgesprochen hat, kann sich der betroffene Gesellschafter selbst gegenüber der Gesellschaft darauf berufen, dass die Ausnutzung eines unanfechtbaren Gesellschafterbeschlusses sittenwidrig und rechtsmissbräuchlich sei, wenn die Gesellschaft nur aus ihm und dem Mitgesellschafter besteht und schutzwerte Interessen Dritten davon nicht berührt werden.

Die Besonderheiten des GmbH-Rechts, insbesondere, dass aus einer entsprechenden Anwendung der §§ 243 ff AktG abgeleitete Erfordernis der Anfechtungsklage zur Geltendmachung nicht zur Nichtigkeit führenden Beschlussmängel, rechtfertigen keine andere Beurteilung. In Folge der Versäumung der Anfechtungsfrist wird ein mit derartigen Mängeln behafteter Beschluss zwar rechtswirksam. Die sittenwidrige Ausnutzung einer formalen Rechtsposition ist im Recht der GmbH aber ebenso wenig zulässig, wie auf anderen Rechtsgebieten. Dabei hat der Senat ausdrücklich vorausgesetzt, dass der durch den Gesellschafterbeschluss geschädigte Gesellschafter von seinem sittenwidrig handelnden Mitgesellschafter zu dem Schadensersatz in Geld oder im Wege der Naturalrestitution verlangen kann.

Daran wäre auch für Fälle wie den vorliegenden festzuhalten. Durch das Schadensersatzverlangen, an einer ex nunc wirkenden Änderung der Satzung mitzuwirken, wird die Wirksamkeit der vorangegangenen Satzungsänderung nicht berührt. Einem solchen Verlangen stehen in aller Regel und so auch hier keine schutzwürdigen Rechte Dritter entgegen. Der Beklagten wäre es auch ohne gerichtliche Inanspruchnahme durch die Klägerin ohne Weiteres möglich, durch entsprechende Stimmabgabe daran mitzuwirken, die Satzung mit ihrem ursprünglichen Inhalt wieder herzustellen. Ob diese Erwägungen über § 826 BGB hinaus Gültigkeit beanspruchen und auch auf Fälle plus treupflichtwidriger Stimmabgabe zu erstrecken sind, bedarf hier keiner Entscheidung.

Entgegen der Auffassung der Revision steht dem Schadensersatzverlangen der Klägerin nicht entgegen, dass diese bei Änderung der Satzung nicht mehr in der Gesellschafterliste eingetragen war. Die Gesellschafterliste entfaltet nach § 16 Abs. 1 Satz 1 GmbH-Gesetz nur formelle Legitimationswirkung. Die materiell rechtliche Gesellschafterstellung als solche und ihr Schutz vor sittenwidriger Schädigung durch einen Mitgesellschafter blieb von ihr unberührt. Der Beklagten stehen gegen den Schadensersatzanspruch auch keine Einwendungen oder Einreden zu.

Unsere auf das Gesellschaftsrecht spezialisierten Anwälte beraten Sie gerne zu sämtlichen Fragen hinsichtlich der Anfechtbarkeit von Gesellschafterbeschlüssen sowie Streitigkeiten hinsichtlich Satzungsänderungen.


Interview des edit.magazins mit Rechtsanwältin Alexandra Lades - Menstruation - Urlaub wegen der Periode?

Interview des edit.magazins mit Rechtsanwältin Alexandra Lades - Menstruation - Urlaub wegen der Periode?

Stechende Schmerzen im Unterbauch, Kopfschmerzen, Übelkeit und Stimmungsschwankungen: Das spanische Parlament möchte Menschen mit Menstruationsbeschwerden durch einen Sonderurlaub entlasten. Warum das in Deutschland nicht zur Debatte steht.

„Diese Legislaturperiode ist eine Legislaturperiode der feministischen Errungenschaften“, sagte die spanische Ministerin für Gleichstellung, Irene Montero. Die Politikerin der linksgerichteten Partei Podemos hatte Grund zur Freude, als das spanische Parlament im Dezember 2022 mehrheitlich für den Menstruationsurlaub stimmte. Der Entwurf muss noch vom Senat verabschiedet werden, dann ist Spanien das erste europäische Land mit einem Menstruationsurlaub.

Der Begriff ist allerdings irreführend: In Spanien sollen sich Frauen mit starken Menstruationsbeschwerden bald mehrere Tage pro Monat zusätzlich freinehmen können. Die Schmerzen müssen aber ärztlich abgeklärt werden. Der Staat zahlt das Gehalt während den Fehlzeiten. Klingt auf den ersten Blick einwandfrei, oder? Die neue Regelung stößt aber auch auf ziemlich viel Kritik. Dass der Sonderurlaub in Spanien umstritten ist, zeigt sich schon bei der Abstimmung im Parlament. Der Gesetzentwurf wurde mit 190 Ja-Stimmen und 154 Nein-Stimmen angenommen. Die spanische Gewerkschaft UGT befürchtet eine Benachteiligung für Menstruierende. Arbeitgeber*innen könnten dadurch Männer bevorzugen.

In Deutschland gibt es bisher keine politische Debatte, ob ein Menstruationsurlaub auch hierzulande angebracht wäre. Zwar kann man in den sozialen Medien sehen, dass einige Menschen sich diese Regelung wünschen würden, im Bundestag ist dieses Thema aber bisher nicht angekommen. Das hat verschiedene Gründe. Was bringt der Periodenurlaub für Nachteile mit sich und wäre diese Regelung in Deutschland überhaupt möglich und sinnvoll?

Was spricht für einen Menstruationsurlaub?

Stechende Schmerzen im Unterbauch, Kopfschmerzen, Übelkeit und Stimmungsschwankungen – das alles sind Symptome der Periode. Auch wenn diese Schmerzen meist eine harmlose Ursache haben, für Betroffene stellen sie jeden Monat eine große Belastung dar.

Wie viele Menschen haben überhaupt Menstruationsbeschwerden? Dabei kommen verschiedene Umfragen zu unterschiedlichen Antworten. Die gemeinnützige Organisation Plan International ist zum Ergebnis gekommen, dass etwa 72% der befragten Frauen an Unterleibsschmerzen während der Periode leiden. Laut einer Umfrage der Erdbeerwoche haben 63% der befragten Frauen Bauchschmerzen und 27% leiden unter Rückenschmerzen als Begleiterscheinung der Periode. Hinzu kommt, dass bestimmte Unterleibserkrankungen wie Endometriose oft mit stärkeren Periodenschmerzen einhergehen.

Auch die Leistungsfähigkeit wird von der Periode beeinflusst. Das zeigt eine niederländische Studie. Von den über 32 000 befragen Frauen gaben 80% an, trotz Beschwerden zur Arbeit, Schule oder Universität zu gehen, an diesen Tagen aber deutlich unproduktiver zu sein. Es macht also Sinn, Menschen mit Menstruationsbeschwerden frei zu geben.

Wenn der Staat den Lohn während des Sonderurlaubs zahlt, werden Arbeitgeber*innen finanziell entlastet. Der Menstruationsurlaub könnte Menschen mit regelmäßigen, periodenbedingten Fehlzeiten somit besser vor einer krankheitsbedingten Kündigung schützen. Zudem wird die Menstruation dadurch in Zukunft vielleicht weniger tabuisiert.

Welche Nachteile bringt der Menstruationsurlaub mit sich?

Frauen haben es auf dem Arbeitsmarkt immer noch schwerer als Männer. Das zeigt unter anderem der Gender Pay Gap. Bestimmte Rechte für Frauen, wie das Recht auf Mutterschutz sind für Arbeitgeber*innen eine zusätzliche finanzielle Belastung und deshalb unattraktiv. Die Diskriminierung von Frauen könnte sich durch einen Periodenurlaub weiter verschlimmern. Gerade in einem kleinen Betrieb mit wenig Personal stellt der Sonderurlaub für Arbeitgeber*innen eine Belastung dar. Jede fehlende Arbeitskraft muss schließlich ersetzt werden.

Die Menstruation ist zudem immer noch stark mit Scham behaftet. Die niederländische Studie kam zum Ergebnis, dass nur 20% der Frauen ihren Arbeitgeber*innen offen sagen würden, dass Menstruationsbeschwerden der Grund für ihre Fehlzeiten sind. Sich wegen der Periode krank zu melden, ist für viele Menschen eine große Überwindung. Deshalb ist es gut möglich, dass die meisten Menschen ihr Recht auf einen Menstruationsurlaub überhaupt nicht nutzen würden.

Ist ein Menstruationsurlaub in Deutschland gesetzlich möglich?

Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz verbietet Diskriminierung aufgrund des Geschlechts. Daher müssen für Männer und Frauen, genauso wie für nicht binäre Menschen am Arbeitsplatz die gleichen Rechte gelten.

Für die Einführung des Menstruationsurlaubs stellt das eine Hürde dar. Das Gesetz muss einem Menstruationsurlaub aber nicht zwingend im Weg stehen, findet Rechtsanwältin Alexandra Lades. Sie arbeitet in einer Nürnberger Rechtsanwaltskanzlei im Bereich Arbeitsrecht.

„Es ist im Arbeitsrecht ein großes Problem, dass man Sachverhalte immer unterschiedlich auslegen kann“, sagt Alexandra Lades und fügt hinzu: „Diese Auslegungen werden immer dann interessant, wenn sich jemand daran stört.“ Im Falle des Periodenurlaubs müsse man diesen dann juristisch argumentieren, wenn sich Menschen ohne Periode durch den Sonderurlaub diskriminiert fühlen und sich auf das Gleichbehandlungsgesetz berufen würden. „Ja in diesem Fall würde der Sonderurlaub erst einmal dagegen verstoßen“, erklärt Lades. Ein Gegenargument seien aber die körperlichen Unterschiede der biologischen Geschlechter von Mann und Frau. „In diesem Fall könnte man sehr gut argumentieren, weil Periodenschmerzen eine naturgegebene Benachteiligung sind,“ sagt die Nürnberger Rechtsanwältin. Laut Alexandra Lades sei sich die Mehrheit der Jurist*innen einig, dass man diese Regelung rechtlich durchbringen könnte.

Ist ein Menstruationsurlaub in Deutschland sinnvoll?

„Soweit die Menstruationsbeschwerden einer Arbeitnehmerin über das übliche Maß hinausgehen, begründet dies in Deutschland eine krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit.“, erklärt eine Sprecherin des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales.

Das heißt, Menschen mit Menstruationsbeschwerden können sich in Deutschland drei Tage ohne Attestpflicht krankschreiben lassen. Arbeitgeber*innen sind in dieser Zeit verpflichtet, den Lohn weiter zu zahlen.

In Spanien ist das anders: Die ersten drei Tage haben Arbeitnehmer*innen keinerlei Ansprüche auf eine Fortzahlung des Lohns. „Das hat mich tatsächlich schockiert“, meint Rechtsanwältin Lades. Demnach würde der Menstruationsurlaub in Spanien Menschen finanziell schützen, die aufgrund von Periodenschmerzen nicht arbeiten gehen können.

„Wenn wir uns das deutsche System anschauen, haben wir diese Probleme so nicht, weil es bei Fehlzeiten während der Menstruation einen guten Schutz gibt“, erklärt Lades. Dem Arbeitgeber muss der Grund außerdem nicht offenbart werden. Das sehe in der Praxis jedoch oft anders aus: „Wenn man sich krank meldet, will meist jeder wissen, was man hat. Ob man dann offen sagt, dass Menstruationsbeschwerden der Grund sind, ist aber eine andere Sache“, meint Alexandra Lades.

Dass der Menstruationsurlaub in Deutschland eingeführt wird, ist unwahrscheinlich. Gesetzlich möglich wäre die Regelung, aber wäre sie für uns Betroffene eine Verbesserung? Wenn wir starke Periodenschmerzen haben, können wir uns drei Tage ohne Attest krankmelden. Natürlich ist die Menstruation keine Krankheit. Letztendlich ist das Ergebnis aber das gleiche: Menschen, die wegen Periodenschmerzen nicht arbeiten können, müssen gesetzlich geschützt werden. In Deutschland ist das einfach und unkompliziert.

Es könnte bestimmt viele Reformen in Deutschland geben, um Menstruierende zu entlasten. Home Office während der Periode oder vom Staat subventionierte Periodenprodukte wären Möglichkeiten. Der klassische Menstruationsurlaub eher nicht.