Schadensrecht - Ladekosten für einen Tesla als Schaden

Schadensrecht - Ladekosten für einen Tesla als Schaden

Ist wegen der Beschädigung einer Sache Schadensersatz zu leisten, kann der Geschädigte statt der Herstellung den dazu erforderlichen Geldbetrag verlangen (vgl. § 249 Abs. 2 S. 1 BGB). Ob dabei fiktiv auf der Grundlage eines Sachverständigengutachtens oder konkret nach den tatsächlich aufgewendeten Kosten abgerechnet wird, betrifft lediglich die Art der Schadensberechnung. Die unterschiedlichen Abrechnungsdaten dürfen aber nicht miteinander vermengt werden.

OLG Düsseldorf, Urteil vom 19.07.2022 – 1 U 109/21

Hintergrund

Die Klägerin nahm den Beklagten auf Schadensersatz aufgrund eines Verkehrsunfalls vom 02.10.2020 auf der A12 in den Niederlanden in Höhe der Auffahrt Duifen in Anspruch, bei dem der Beklagte zu 1.) mit seinem bei der Beklagten zu 2.) haftpflichtversicherten PKW Mercedes auf den PKW Tesla S 100 der Klägerin auffuhr. Die Haftung dem Grunde nach ist unstreitig. Die Beklagte zu 2.) regulierte den wirtschaftlichen Totalschaden an dem am 28.01.2019 als Neufahrzeug auf die Klägerin zugelassenen PKW mit einer Gesamtfahrleistung von 42.045 km zum Unfallzeitpunkt auf der Grundlage eines von der Klägerin eingeholten Schadengutachtens des Sachverständigenbüros F.

Das Elektrofahrzeug der Klägerin verfügte Fahrzeug, nicht personenbezogen über eine zeitlich unbegrenzte kostenfreie Lademöglichkeit an Tankstellen des sogenannten Supercharger-Netzwerkes. Obgleich diverse gebrauchte Ersatzfahrzeuge mit entsprechender kostenfreier Lademöglichkeit auf dem Gebrauchtwagenmarkt angeboten wurden, zog die Klägerin es in der Folgezeit vor, sich ein neues Teslamodell S zu einem nicht näher mitgeteilten Kaufpreis zu beschaffen.

Mit anwaltlichem Schreiben vom 23.10.2020 machte die Klägerin gegenüber der Beklagten zu 2.) weiteren nachfolgend klageweise verfolgten Schadensersatz aufgrund der nunmehr fehlenden kostenfreien Auflademöglichkeit geltend. Die Klägerin hat geltend gemacht, durch die fehlende kostenfreie Lademöglichkeit am jetzigen Ersatzfahrzeug seien ihr den Monaten Oktober bis Dezember 2020 bezifferte Schäden in Höhe von 289,54 € (monatlich 4,67 Vorladungen bei einer Ladekapazität 100 kW, einem netto Strompreis von 0,31 kW/h und einer Quote von 2/3 an kostenfreien Ladungen im Netzwerk) entstanden. Überdies müssten sie die Beklagten bei Annahme einer Mindestlebensdauer des Fahrzeugs von zwölf Jahren bis zum 28.01.2031 entsprechend mit einem für den Zeitraum der Höhe nach noch nicht feststehenden Strompreis für jährlich 3.736 kW entschädigen. Der Erwerb eines typengleichen Gebrauchtfahrzeugs mit kostenfreier Supercharger-Funktion sei ihr nicht zumutbar gewesen, weil Sie das verunfallte Fahrzeug als Neufahrzeug ständig in ihrem Besitz gehabt habe und der Erwerb eines Gebrauchtfahrtzeugs für sie als technischer Laie mit Risiken verbunden sei.

Die Beklagten haben sämtliche Angaben der Klägerin zu der angeblichen Fahrzeugnutzung mit Nichtwissen bestritten und überdies eingewandt, die Klägerin hätte sich als Ersatz ein entsprechendes gebrauchtes Modell mit kostenfreier Lademöglichkeit anschaffen können. Sie haben die Auffassung vertreten, der Klägerin sei kein erstattungsfähiger Schaden entstanden.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, für die Klägerin wäre nach eigenen Angaben und auch nach dem Inhalt des vorgelegten Privatgutachtens ein typengleiches Fahrzeug des Herstellers Tesla erwerbbar gewesen, das ebenfalls über Freibetankung mit Elektrizität verfügt hätte, da diese Freibetankung an das Fahrzeug, nicht an den Käufer gekoppelt sei.

Die Berufung zum OLG Düsseldorf ist unbegründet.

Die alleinige Haftung der Beklagten auf Schadensersatz für den streitgegenständlichen Verkehrsunfall vom 02.10.2020 nach Maßgabe der §§ 7 Abs. 1, 18 Abs. 1 StVG; 115 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 VG steht dem Grunde nach außer Streit. Die Beklagte zu 2.) hatte bereits vorprozessual eine Regulierung vorgenommen.

Wenngleich sich indes nicht nur die Frage der Haftungsquote, sondern auch die Haftungsfolgen aus einem Verkehrsunfall grundsätzlich nach dem Recht desjenigen Staates richten, in dem sich der Unfall (Tatortrecht) ereignete, gilt Abweichendes, wenn Anspruchsteller und Anspruchsgegner ihren jeweiligen Wohnsitz, wie hier, im gleichen Staat haben.

Zu Recht hat das Landgericht auf dieser Grundlage auch einen weiteren Schaden der Klägerin in Gestalt eines Verlustes der kostenfreien Lademöglichkeit als nicht schlüssig dargelegt angesehen. Die Klägerin ist nicht berechtigt, neben der fiktiven Geltendmachung ihres Schadens nach dem Wiederanschaffungsaufwand nach Gutachten sowie weitere konkrete Schäden in Form von Kosten der zukünftigen Ladung des Fahrzeugs geltend zu machen. Gemäß § 249 Abs. 1 BGB hat der zum Schadensersatz Verpflichtete den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre. Ist wegen der Verletzung einer Person oder der Beschädigung einer Sache Schadensersatz zu leisten, so kann der Geschädigte gemäß § 249 Abs. 2 S. 1 BGB statt der Herstellung den dazu erforderlichen Geldbetrag verlangen. Ob dabei fiktiv auf der Grundlage eines Sachverständigengutachtens oder konkret nach den tatsächlich aufgewendeten Kosten abgerechnet wird, betrifft lediglich die Art der Schadensberechnung. Die unterschiedlichen Abrechnungsarten dürfen aber nicht miteinander vermengt werden.

So ist insbesondere eine Kombination von konkreter und fiktiver Schadensabrechnung unzulässig. Hierdurch soll nicht nur verhindert werden, dass sich der Geschädigte unter Missachtung des schadensrechtlichen Bereicherungsverbots die ihm vorteilhaften Elemente der jeweiligen Berechnungsart aussucht (Rosinenpicken), sondern auch den unterschiedlichen Grundlagen der jeweiligen Abrechnung Rechnung getragen und deren innere Kohärenz sichergestellt werden.

Das Landgericht ist daher zutreffend davon ausgegangen, dass die Klägerin in unzulässiger Weise eine Kombination beider Vorteile aus fiktiver und konkreter Schadensabrechnung geltend macht. Entgegen dem Berufungsvorbringen handelt es sich nach allgemeiner Auffassung um eine fiktive Abrechnung, soweit die Klägerin auf der Grundlage des von ihr eingeholten Gutachtens, das einen wirtschaftlichen Totalschaden ausweist, den Wiederbeschaffungsaufwand fiktiv abrechnet.

Ansprüche neben bzw. über den Wiederbeschaffungsaufwand hinaus bestehen auch aus anderen Gründen nicht. Ist eine Reparatur wirtschaftlich ausgeschlossen, sei es, weil die 130 % Grenze überschritten ist, sei es, weil der Reparaturaufwand darunter liegt, der Geschädigte einen Integritätszuschlag aber nicht in Anspruch nimmt, kann der Geschädigte grundsätzlich die tatsächlich angefallenen Kosten einer Ersatzbeschaffung bis zur Höhe des objektiv erforderlichen Wiederbeschaffungswerts unter Abzug des Restwerts ersetzt verlangen.

Bei Beschädigungen von Gebrauchtfahrzeugen hat der Geschädigte Anspruch auf Beschaffung einer gleichwertigen und gleichartigen Sache; völlige Identität zwischen verunfalltem und Ersatzfahrzeug muss wirtschaftlich aber nicht hergestellt werden. Ein Anspruch auf ein Neufahrzeug als Ersatz bestand offensichtlich nicht.

In unserer auf das zivilrechtliche Schadensersatzrecht spezialisierten Kanzlei stehen Ihnen unsere Anwälte bei sämtlichen Fragen zur Geltendmachung von Schadensersatz- bzw. zur Abwehr von Schadensersatzforderungen kompetent zur Verfügung.


Arbeitsrecht - BAG zu unwirksamer Kündigung - Arbeitgeber bei widersprüchlichem Verhalten im Annahmeverzug

Arbeitsrecht - BAG zu unwirksamer Kündigung - Arbeitgeber bei widersprüchlichem Verhalten im Annahmeverzug

Ist ein Weiterbeschäftigungsangebot offensichtlich nicht ernst gemeint, kann ein Arbeitgeber in Annahmeverzug geraten. Seine Arbeit anbieten muss der Arbeitnehmer dann nicht mehr. Das hat das BAG am letzten Mittwoch entschieden.

Kündigt der Arbeitgeber ein Arbeitsverhältnis fristlos, weil er meint, die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses sei ihm nicht zuzumuten, bietet aber gleichzeitig dem Arbeitnehmer die Weiterbeschäftigung zu unveränderten Bedingungen während des Kündigungsschutzprozesses an, verhält er sich widersprüchlich und gerät ohne Arbeitsangebot des Arbeitnehmers in Annahmeverzug. Das hat das BAG mit Urteil vom 29.03.2023 – 5 AZR 255/22 – entschieden.

In dem zu entscheidenden Fall geht es um einen Mann, der als technischer Leiter bei dem beklagten Unternehmen beschäftigt gewesen war. Im Dezember 2019 hat der Arbeitgeber eine fristlose Änderungskündigung ausgesprochen, mit der ihm einen neuen Arbeitsvertrag als Softwareentwickler gegen eine geringere Vergütung angeboten hatte. In dem Kündigungsschreiben hieß es: „Im Falle der Ablehnung der außerordentlichen Kündigung durch Sie (also im Falle, dass Sie von einem unaufgelösten Arbeitsverhältnis ausgehen) oder im Falle der Annahme des folgenden Angebots erwarten wir Sie am 05.12.2019 spätestens um 12:00 Uhr zum Arbeitsantritt.“

Nachdem der Arbeitnehmer das Änderungsangebot abgelehnt hatte und auch nicht zur Arbeit erschienen war, hat der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis erneut und zwar außerordentlich zum 17.12.2019 um 12:00 Uhr gekündigt. Ferner hatte er darauf hingewiesen: „Im Falle der Ablehnung dieser außerordentlichen Kündigung erwarte er den Mann am 17.12.2019 spätestens um 12:00 Uhr zum Arbeitsantritt.“ In dem folgenden Kündigungsschutzprozess wurde dann rechtskräftig festgestellt, dass beide Kündigungen das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht aufgelöst haben.

Da der Arbeitgeber für den Monat Dezember nur noch einen Bruchteil der Vergütung gezahlt hatte und der Arbeitnehmer erst zum 01.04.2020 ein neues Arbeitsverhältnis begründen konnte, erhob der Arbeitnehmer Klage auf die vertraglich vereinbarte Vergütung wegen Annahmeverzuges bis zum Antritt der neuen Beschäftigung. Eine Weiterbeschäftigung zu geänderten oder auf den ursprünglichen Arbeitsbedingungen sei ihm, sofern der Arbeitgeber dies überhaupt ernsthaft angeboten habe, nicht zuzumuten gewesen. Der Arbeitgeber habe ihm zur Begründung der fristlosen Kündigungen zu Unrecht umfangreiches Fehlverhalten vorgeworfen und seine Person herabgewürdigt. Im Verfahren hatte der Arbeitgeber seinerseits eingewandt, die Beschäftigung des Arbeitnehmers sei nicht mehr zumutbar gewesen.

Die Vorinstanzen waren allesamt der Auffassung, dass der Arbeitnehmer trotz der unwirksamen Kündigungen keinen Anspruch auf Annahmeverzugsvergütung habe, da er das Angebot des Arbeitgebers, während des Kündigungsschutzprozesses bei ihm weiterzuarbeiten, nicht angenommen habe. Nach Ansicht des BAG befand sich das beklagte Unternehmen aufgrund der unwirksamen fristlosen Kündigungen jedoch im Annahmeverzug, ohne dass es eines Arbeitsangebots durch den klagenden Mann bedurft hätte. Grund dafür sei das widersprüchliche Verhalten des Arbeitgebers. Dadurch, dass er selbst deutlich gemacht hatte, dass ihm eine Weiterbeschäftigung des Mannes unzumutbar sei, spreche eine tatsächliche Vermutung dafür, dass er ihm kein ernstgemeintes Angebot einer Weiterbeschäftigung unterbreitet habe. Die Ablehnung eines solchen Angebots lasse nicht auf einen fehlenden Leistungswillen des Arbeitnehmers im Sinne des § 297 BGB schließen, so das Gericht.

In Betracht käme lediglich, dass er sich nach § 11 Nr. 2 KSchG böswillig unterlassenen Verdienst anrechnen lassen müsste. Das scheide im vorliegenden Fall jedoch aus, weil dem Arbeitnehmer aufgrund der gegen ihn erhobenen Vorwürfe und der Herabwürdigung seiner Person eine Prozessbeschäftigung bei der Beklagten unzumutbar gewesen sei, stellte das Gericht fest.

Unsere auf das Arbeitsrecht spezialisierten Anwälte stehen Ihnen bei sämtlichen Themenkomplexen insbesondere auch zum Annahmeverzugslohn kompetent zur Verfügung.


Gewährleistungsrecht / Mangelrecht - mangelhafte Fahrerassistenzsysteme bei Tesla

Gewährleistungsrecht / Mangelrecht - mangelhafte Fahrerassistenzsysteme bei Tesla

1. Bei einem mit einem Autopiloten ausgestatteten Neuwagen liegt ein Kaufmangel vor, der einen Rücktritt vom Vertrag begründet, wenn der Autopilot sowohl keine Schilder als auch keine Hindernisse auf der Autobahn und im Stadtverkehr erkennt, bei nicht relevanten Hindernissen unnötig abbremst und Verschmälerungen nicht wahrnimmt.

2. Auch wenn die Autopilotfunktion für den Stadtverkehr nach dem Betriebshandbuch nicht vorgesehen ist, kann einem durchschnittlichen Nutzer nicht zugemutet werden, bei wechselnden Fahrten Autobahn / Außerortsverkehr / Stadtverkehr wiederholt den Autopiloten oder zugehörige Funktionen händisch über das Zentraldisplay zu deaktivieren. Bleibt hingegen der Autopilot durchgehend aktiviert, stellt dies eine erhebliche Gefährdung insbesondere im innerstädtischen Verkehr für den Fahrer und den nachfolgenden Verkehr dar. Plötzliche unnötige Bremsmanöver des Fahrzeugs in einer Situation, in der Menschen entweder gar nicht oder nur leicht bremsen würden, stellen angesichts des dichten innerstädtischen Verkehrs eine massive Gefährdung dar, da es durch ein derartiges Verhalten schnell zu Auffahrunfällen kommt.

(LG München I, Urteil vom 17.06.2022, AZ: 4 O 3834/19).

In dem vom Landgericht München I zu entscheidenden Fall ging es um ein Tesla Modell XS 75 D zu einem Kaufpreis von 112.640,00 €, welches Anfang 2017 erworben wurde. Das Gericht verurteilte die Tesla Germany GmbH zur Rückzahlung des Kaufpreises von immerhin noch 99.416,39 € nebst Zinsen (unter Abzug einer Nutzungsentschädigung) Zug um Zug gegen Rückgabe und Rückübereignung des Fahrzeugs.

Das Gericht kam nach Einholung eines Sachverständigengutachtens zu dem eindeutigen Ergebnis, dass das Modell X aus mehreren Gründen erheblich mangelhaft sei. Das Zentraldisplay falle teils für mehrere Minuten komplett aus, sodass praktisch keine Fahrzeugfunktionen mehr bedient werden könnten. Dies kann nach Meinung des Gerichts zu sicherheitsrelevanten Situationen führen, z. B. wenn Scheiben beschlagen und die Lüftung nicht mehr geregelt werden kann. Ein weiteres Problem an dem Modell X waren falsch justierte Flügeltüren, die in ihrer Bewegung den Fahrzeuglack verkratzten. Der gravierendste Fehler war der verbaute Autopilot, der eine erhebliche Gefährdung insbesondere im innerstädtischen Verkehr für den Fahrer und den nachfolgenden Verkehr bedeutet.

Im Weiteren ging es um die Frage, wie lange ein Tesla eigentlich hält. Auch in der realen Welt abseits der Werbeaussagen häufen sich Berichte über Teslafahrzeuge mit bereits über 500.000 km Laufleistung. Der Rekordhalter dürfte ein Modell S sein mit 1,5 Mio. km. Die Gesamtkilometerlaufleistung hat immer Auswirkung auf die sogenannte Nutzungsentschädigung. Je mehr Kilometer desto geringer die Nutzungsentschädigung. Ein unzuverlässig arbeitendes Fahrassistenzsystem begründet einen erheblichen Mangel und ermöglicht dem betroffenen Kunden einen Rücktritt vom Kaufvertrag nach den üblichen Gewährleistungsgesichtspunkten.

In unserer auf das Gewährleistungs- und Schadensersatzrecht spezialisierten Kanzlei stehen wir Ihnen bei sämtlichen Fragen hinsichtlich der Gewährleistung beim Kraftfahrzeugkaufvertrag kompetent zur Verfügung.


Gesellschaftsrecht / Erbrecht - KG Berlin zur GmbH-Gesellschafterliste

Gesellschaftsrecht / Erbrecht - KG Berlin zur GmbH-Gesellschafterliste

Im Verhältnis zu einer GmbH gilt als Gesellschafter nur derjenige, der als solcher in der Gesellschafterliste eingetragen ist. Das Berliner Kammergericht stellt mit Beschluss vom 23.11.2022 – 22 W 50/22 – klar, dass dies auch für die Erben eines GmbH-Gesellschafters sowie – falls diese unbekannt sind – für den Nachlasspfleger gilt. Sie alle können Gesellschafterrechte erst und nur dann ausüben, wenn sie in die Gesellschafterliste aufgenommen wurden.

In dem vom KG Berlin zu entscheidenden Fall verstarb der Alleingesellschafter und zugleich alleinige Geschäftsführer einer GmbH. Zur Sicherung und Verwaltung seines Nachlasses sowie zur Ermittlung der bisher unbekannten Erben ernannte das zuständige Gericht für die unbekannten Erben einen Nachlasspfleger. Kurz darauf wurde die Lebensgefährtin des Erblassers auf deren Antrag hin vom Gericht zur alleinvertretungsberechtigten Notgeschäftsführerin bestellt, um die GmbH nicht länger führungslos zulassen. Das gefiel dem Nachlasspfleger nicht. Namens der unbekannten Erben legte er Beschwerde ein, um die Abberufung der Notgeschäftsführerin zu erreichen. Er trug vor, bei der Notgeschäftsführerbestellung nicht angehört worden zu sein. Ferner könnten die unbekannten Erben de facto die Gesellschafterrechte ohne Weiteres ausüben. Der Nachlasspfleger blieb erfolglos.

Die Berliner Richter hielten es für die allein entscheidende Frage, ob die unbekannten Erben durch die Entscheidung des Gerichts, für die GmbH einen Notgeschäftsführer zu bestellen, unmittelbar in eigenen Rechten beschwert waren. Die Antwort war ein klares Nein. Dazu muss man wissen, dass die unbekannten Erben zwar durch den Tod des Alleingesellschaftergeschäftsführers gemeinsam Inhaber des GmbH-Geschäftsanteils geworden sind (also in dessen Gesellschafterstellung eingerückt sind), aber nicht automatisch in dessen Stellung als rechtlicher Vertreter der GmbH eingetreten sind.

Auch wenn nach dem Gesetz eine GmbH, die keinen Geschäftsführer mehr hat und damit führungslos ist, von den Gesellschaftern beim Empfang von Erklärungen oder Schriftstücken vertreten wird, waren hier gleich zwei zwingende Voraussetzungen nicht erfüllt: Zum einen ist die bloße Berechtigung zur Entgegennahme von Erklärungen nicht ausreichend zur Weiterführung oder Abwicklung des Geschäftsbetriebs einer GmbH. Zum anderen gilt der Grundsatz, Gesellschafter einer GmbH ist nur, wer auch in deren Gesellschafterliste steht und dort waren die unbekannten Erben gerade nicht vermerkt. Das Einrücken in die Gesellschafterstellung durch Erbfall bildet keine Ausnahme. Die Aufnahme in die Liste ist immer notwendige Legitimationsvoraussetzung.

Die Entscheidung zeigt erneut, wie essenziell wichtig es ist, als GmbH-Gesellschafter zu prüfen, ob man im aktuellen Handelsregister seiner GmbH mit korrekter Beteiligungshöhe in der Gesellschafterliste aufgeführt ist.

In unserer auf das Gesellschafts- und Erbrecht spezialisierten Kanzlei stehen wir Ihnen bei sämtlichen Thematiken beider Rechtsbereiche kompetent zur Verfügung.


Sportrecht - FIFA verhängt Transfersperre für den 1. FC Köln

Sportrecht - FIFA verhängt Transfersperre für den 1. FC Köln

Laut eines Urteils des Weltverbandes FIFA darf der FC Köln in beiden Wechselperioden der Saison 2023 / 2024 keine neuen Spieler verpflichten.

Hintergrund der Strafe sind die Umstände der Verpflichtung des U19-Stürmers Jaka Cuber Potocnik. Die Kölner hatten den 17-jährigen im Januar 2022 verpflichtet und damit einen Streit mit dessen ehemaligen Club Olympija Ljubljana ausgelöst. Obwohl es sich um keinen Transfer für die Kölner Profimannschaft handelte, soll die Sperre nun trotzdem den ganzen Verein betreffen. Die FIFA-Kammer für die Beilegung von Streitigkeiten befand die Kölner des ungerechtfertigten Vertragsbruchs und der Anstiftung zum Vertragsbruch für schuldig. Köln muss zudem 24.000,00 € an Ljubljana zahlen. Potocnik, der zuletzt in der Kölner A-Jugend eingesetzt wurde, wird zusätzlich ab sofort für vier Monate gesperrt. Der Spieler hatte seinen U17-Vertrag in Ljubljana am 30. Januar 2022 vorzeitig gekündigt, bereits einen Tag später soll er in Köln unterschrieben haben. Der FC Köln verpflichtete ihn ablösefrei. Die Kölner teilten am Mittwochabend mit, Potocnik habe seinen Vertrag wegen zahlreicher Vertragsverletzungen seitens des Clubs gekündigt. Die Slowenen hingegen behaupteten, dass Köln den damals erst 16 Jahre alten Potocnik zum Wechsel angestiftet habe und wehrten sich bei der FIFA dagegen.

Ursprünglich wollte der Club 2,5 Mio. € Ablöse und ca. 70.000,00 € Schadensersatz. Eine einvernehmliche Lösung zwischen beiden Klubs war aussichtslos. Die Kölner bestreiten weiterhin, dass sie den Spieler zum Vertragsbruch angestiftet haben. Da der Fall für die FIFA bereits abgeschlossen ist, muss der FC gegen das Urteil vor dem internationalen Sportgerichtshof Cas Einspruch einlegen. Man werde zudem beantragen, dass sämtliche Strafen bis zum endgültigen Urteil vorläufig ausgesetzt werden.

In ähnlich gelagerten Fällen wegen Regelverstößen bei minderjährigen Transfers waren in der Vergangenheit Klubs wie der FC Chelsea und Manchester City von der FIFA bestraft worden. In den meisten Fällen wurden verhängte Transfersperren vom Cas verkürzt, vertagt oder aufgehoben.

Bei Fragen zum internationalen Verbandsrecht sowie bei der Erstellung von Spielerverträgen und der Prüfung von Vertragsverletzungen stehen wir Ihnen in unserer auf das Sportrecht spezialisierten Kanzlei kompetent zur Verfügung.


Dieselskandal – EuGH entscheidet: Schadensersatz auch bei Fahrlässigkeit

Dieselskandal – EuGH entscheidet: Schadensersatz auch bei Fahrlässigkeit

Der EuGH hat erneut im Sinne der Verbraucher entschieden. So sind die Richter der Auffassung, dass es für den Schadensersatzanspruch keiner vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung im Sinne des § 826 BGB bedarf, sondern dass Fahrlässigkeit genügt.

Die große Kammer des EuGH hat in einem Vorlageverfahren des Landgerichts Ravensburg entschieden, dass Käufer eines Kraftfahrzeugs mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung gegen den Fahrzeughersteller einen Anspruch auf Schadensersatz haben, wenn dem Käufer durch diese Abschalteinrichtung ein Schaden entstanden ist (AZ: C-100/21)

Daneben entschied der EuGH, dass das Unionsrecht neben allgemeinen Rechtsgütern auch die Einzelinteressen des individuellen Käufers eines Kraftfahrzeugs gegenüber dessen Hersteller schützt, wenn dieses Fahrzeug mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung ausgestattet ist.

Dies ist ein Meilenstein in der Thematik des Dieselskandals und könnte ein wirtschaftliches Desaster für die Automobilindustrie in Form einer neuen Klagewelle darstellen. Denn hieraus folgt, dass Autohersteller schon bei bloßer Fahrlässigkeit im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit dem drittschützenden Unionsrecht haften, wenn sie eine illegale Abschalteinrichtung in Diesel-PKWs verbauen.

Eine Haftung wegen bloßer Fahrlässigkeit hat der BGH und damit die nationalen Gerichte bislang strikt abgelehnt. Eine Vorlage an den EuGH verweigerte der BGH mit der Begründung, die Rechtslage sei eindeutig (acte claire), so dass es keiner Vorlage bedürfe. Allerdings legten andere Gerichte, hier das Landgericht Ravensburg, die Rechtsfrage vor.

Die Konsequenzen des Urteils könnten insbesondere vor dem Hintergrund, dass das Verwaltungsgericht Schleswig in einem noch nicht rechtskräftigen Urteil entschieden hat, dass Autos mit illegalen Thermofenstern von der Straße genommen oder nachgerüstet werden müssen, erheblich sein.

Dies dürfte die Dieselfahrer motivieren, erneut Klagen gegen die Autohersteller einzureichen, nachdem viele durch die zuletzt verbraucherunfreundlichen Entscheidungen des BGH massiv enttäuscht wurden.

In unserer Kanzlei begleiten wir seit Beginn des Dieselskandals Mandanten gegenüber den Autoherstellern und führen bundesweit Rechtsstreitigkeiten. Bei Fragen, ob auch Sie Schadensersatzansprüche erfolgreich gegen den Automobilhersteller durchsetzen können, stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.


Sportrecht - Manuel Gräfe geht im Prozess gegen den DFB in Berufung

Sportrecht - Manuel Gräfe geht im Prozess gegen den DFB in Berufung

Gräfe legt im Streit mit dem DFB Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Frankfurt ein. Ende Januar war ihm wegen Altersdiskriminierung eine Entschädigung von 48.500,00 € zugesprochen worden. Der ursprünglich geforderte Schadensersatz von 194.905,00 € wegen entgangener Einnahmen wurde ihm aber verwehrt. Außerdem musste der ehemalige Bundesliga-Schiedsrichter die Verfahrenskosten tragen.

Die Kamer unter Leitung von Richter Wilhelm Wolff sah als erwiesen an, dass dem Alter bei der Nichtberücksichtigung des Berliners für die Schiedsrichterliste der Saison 2021 / 2022 keine ganz unwichtige Rolle zukam. Grund für Schadensersatz erkannte sie dabei allerdings nicht, da Gräfe selbst bei Berufung auf die Liste keine Garantie auf eine bestimmte Anzahl von Einsätzen gehabt hätte. Der Betrag steht in einem angemessenen Verhältnis zum erlittenen Schaden, so das Landgericht Frankfurt. Das Gericht habe aus Sicht Gräfes nicht ausreichend erklären können, weshalb Gräfe auch ohne diese altersbedingte Diskriminierung nicht weiter als Schiedsrichter hätte tätig werden können, obwohl er in der Öffentlichkeit allseits als fachlich bester Schiedsrichter angesehen wurde, erklärten die Anwälte des 49-jährigen.

Aus deren Sicht ist ihm folglich außer der entgangenen Schiedsrichter-Tätigkeit, die rechtlich nicht einklagbar ist, zusätzlich ein erheblicher Vermögensschaden entstanden und ihm der Ersatz dieses Schadens zuzusprechen, so die Kanzlei Baum, Reiter & Kollegen.

Der DFB hat bislang noch nicht durchblicken lassen, ob auch seitens des Verbands Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Frankfurt eingelegt werden wird. Manuel Gräfe musste trotz einer Protestwelle aus der Bundesliga seine Karriere als Schiedsrichter am Ende der Saison 2020 / 2021 nach 289 Einsätzen im Oberhaus mit 47 Jahren beenden. In den Jahrzehnten zuvor hatte kein Schiedsrichter länger in der Bundesliga gepfiffen. Der Rechtsspruch des Landgerichts Frankfurt gilt in Sachen Altersgrenze nun als Grundsatzurteil für die Zukunft.

Hinsichtlich Ansprüchen wegen Diskriminierung stehen wir Ihnen in unserer interdisziplinär tätigen Kanzlei als Experten auf dem Gebiet des Arbeits- und Sportrechts kompetent zur Verfügung.


Arbeitsrecht - LAG Nürnberg sieht Diskriminierung männlichen Bewerbers

Arbeitsrecht - LAG Nürnberg sieht Diskriminierung männlichen Bewerbers

Ein Modellautohersteller, der einen männlichen Bewerber mit der Begründung abgelehnt hat, die Tätigkeit sei eher etwas für „flinke Frauenhände“, muss dem Bewerber eine Entschädigung nach § 15 Abs. 2 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG) in Höhe von 2.500,00 € bezahlen. Der Bewerber sei wegen seines Geschlechts diskriminiert worden, entschied das Landesarbeitsgericht Nürnberg in einem kürzlich veröffentlichten Urteil (Urteil vom 13.12.2022 – 7 SA 168/22).

Das Unternehmen stellt Modellfahrzeuge im Maßstab 1:87 mit 100 bis 150 Einzelteilen her und hatte eine Stelle als Bestücker (männlich/weiblich/divers) für eine Digitaldruckmaschine ausgeschrieben. In der Stellenbeschreibung hieß es unter anderem, dass Bewerber „Fingerfertigkeit“ bzw. „Geschick“ mitbringen müssen, da die an der Maschine verwendeten Teile sehr klein seien und teilweise mithilfe von Pinzetten positioniert werden müssen. Der Mann erhielt nach seiner Bewerbung eine Absage. Darin hieß es: „Unsere sehr kleinen, filigranen Teile sind eher etwas für flinke Frauenhände.“

Das LAG Nürnberg entschied in zweiter Instanz, dass der Mann daher wegen seines Geschlechts diskriminiert worden ist. Das Argument des Unternehmens, bei der Internetrecherche auf Bilder des Mannes gestoßen zu sein, die seine großen Hände zeigten, ließ das LAG nicht gelten. Daraus lasse sich nichts über die Fingerfertigkeit des Mannes ableiten. Die Gelegenheit, mittels Probearbeit nachzuweisen, dass er zu der kleinteiligen Arbeit bei der Beklagten willens und in der Lage ist, wurde ihm nicht gegeben, eben weil er ein Mann war, heißt es im Urteil.

Die Bewerbung des Mannes sei auch nicht rechtsmissbräuchlich. Anhaltspunkte dafür, dass sich der Mann nur auf die Stelle bewarb in der Hoffnung auf eine Absage, lagen laut Gericht nicht vor. Das Gericht hielt eine Entschädigung in Höhe von 2.500,00 €, also dem 1,5-fachen des auf der ausgeschriebenen Stelle erzielbaren Bruttogehalts, für angemessen.

In unserer auf das Arbeitsrecht spezialisierten Kanzlei haben wir bereits mehrfach erfolgreich Entschädigungsansprüche nach dem AGG vor dem Arbeitsgericht Nürnberg für unsere Mandanten durchgesetzt. Sprechen Sie uns hierzu gerne an.


Gesellschaftsrecht – Wirtschaftliche Neugründung einer GmbH

Gesellschaftsrecht – Wirtschaftliche Neugründung einer GmbH

1. Von einer wirtschaftlichen Neugründung ist auszugehen, wenn die Kapitalgesellschaft eine leere Hülse ist, also kein aktives Unternehmen betreibt, an das die Fortführung des Geschäftsbetriebs – sei es auch unter wesentlicher Umgestaltung, Einschränkung oder Erweiterung seines Tätigkeitsgebiets – in irgendeiner wirtschaftlichen noch gewichtbaren Weise anknüpfen kann.

2. Eine wirtschaftliche Neugründung ist gegenüber dem Registergericht offen zu legen und der Geschäftsführer hat mit der Anmeldung der weiteren Eintragungsgegenstände entsprechend § 8 Abs. 2 GmbH-Gesetz zu versichern, dass die in § 7 Abs. 2, 3 GmbH-Gesetz bezeichneten Leistungen auf die Stammeinlage bewirkt sind und der Gegenstand der Leistung sich – weiterhin oder jedenfalls wieder – in seiner freien Verfügung befindet.

Kammergericht Berlin, Beschluss vom 14.10.2022 – 22 W 48/22

Hintergrund

Die seit dem 24.02.2022 im Handelsregister des AG Charlottenburg, Abteilung B, eingetragene Beteiligte ist eine GmbH, die die Eintragung ihrer am 30.03.2022 angemeldeten Änderungen der Firma sowie des Unternehmensgegenstands begehrt.

Die ursprünglich seit dem 10.07.2003 gemäß ihrem vormaligen Sitz in K. im Handelsregister des AG Rostock, Abteilung B, eingetragene Beteiligte, verlegte Anfang des Jahres 2022 ihren Sitz nach Berlin. In der Gesellschafterversammlung vom 19.01.2022, in der die Sitzverlegung beschlossen wurde, wurde zugleich die Bestellung des Herrn AD zum Geschäftsführer sowie die Entpflichtung der bis zu diesem Zeitpunkt geschäftsführenden Gesellschafter, der Herren HF und AS beschlossen. Ein in den Registerordner aufgenommene Gesellschafterliste vom 25.02.2022 weist Herrn AD zudem als Alleingesellschafter der Beteiligten aus. Mit notariell beglaubigter elektronischer Erklärung vom 30.03.2022 meldete der zwischenzeitlich als Geschäftsführer eingetragene Herr AD die Änderung der Firma und des Unternehmensgegenstandes zur Eintragung an. Beigefügt war der notariell beurkundete Gesellschafterbeschluss von diesem Tag, demzufolge die Firma der Gesellschaft nicht mehr F. GmbH, sondern D. GmbH lauten sollte und der Gegenstand des Unternehmens statt der Konstruktion, die Produktion und die Montage von Wintergarten und Wintergartenanlagen; der Vertrieb von Zubehör für Wintergärten; alle mit dieser Produktion im Zusammenhang stehenden Tätigkeiten, die sonstige Verwaltung und Führung von Unternehmen und Betrieben sein sollte.

Mit Schreiben vom 19.04.2022 wies das Registergericht daraufhin, dass die Summe der erkennbaren Umstände, insbesondere Firmen- und Gegenstandsänderung, darauf schließen ließ, dass ein Fall einer wirtschaftlichen Neugründung in der Form der Mantelverwendung gegeben sei. Die wirtschaftliche Neugründung sei offenzulegen und die Versicherung entsprechend § 8 Abs. 2 GmbH-Gesetz abzugeben. Einzureichen sei daher eine auf das Ende des letzten Wirtschaftsjahres aufgestellte und durch die Geschäftsführung unterzeichnete Bilanz nebst Gewinn- und Verlustrechnung.

Mit Schreiben vom 30.05.2022 setzte das AG der Beteiligten zu 1.) eine Frist zur Einreichung von zwei Wochen, die fruchtlos verstrich und wies die Anmeldung mit Beschluss vom 27.06.2022 zurück. Hiergegen richtet sich die durch den die Anmeldung einreichenden Notar eingelegte Beschwerde, der eine auf den Dezember 2021 bezogene Summen- und Saldenliste der Gesellschaft beigefügt war.

KG Berlin – Beschwerde unbegründet

Die Zurückweisung der Anmeldung vom 30.03.2022 durch Beschluss vom 27.06.2022 in der Form des Nichtabhilfebeschlusses vom 08.08.2022 ist laut Kammergericht Berlin nicht zu beanstanden. Da der Geschäftsführer der Beteiligten keine Versicherung entsprechend § 8 Abs. 2 GmbH-Gesetz vorgelegt hat, und die wirtschaftliche Neugründung nicht anlässlich der Anmeldung offengelegt hat, war die Eintragung entsprechend §§ 9 c Abs. 1 Satz 1, 7 Abs. 2, 3 GmbH-Gesetz abzulehnen.

Mit der Anmeldung der Veränderung der Firma und des Gesellschaftsgegenstand war der Geschäftsführer der Beteiligten verpflichtet, entsprechend § 8 Abs. 2 GmbH-Gesetz zu versichern, dass die in § 7 Abs. 2, 3 GmbH-Gesetz bezeichneten Leistungen auf die Stammeinlagen bewirkt sind und der Gegenstand der Leistungen sich weiter hin oder jedenfalls wieder in seiner freien Verfügung befindet.

Dies hat der Geschäftsführer der Beteiligten entgegen der Auflage des Registergerichts nicht getan. Die von ihm mit der Beschwerde eingereichte Summen- und Saldenliste bestätigt nicht, dass die Beteiligte noch ein Unternehmen führte. Im Gegenteil ergibt sich daraus, dass dies im Dezember 2021 nicht der Fall war.

Nach der Rechtsprechung des BGH sind die Regeln der sogenannten wirtschaftlichen Neugründung anwendbar, wenn die Gesellschaft eine leere Hülse ist, also kein aktives Unternehmen betreibt, an das die Fortführung des Geschäftsbetriebs – sei es auch unter wesentlicher Umgestaltung, Einschränkung oder Erweiterung seines Tätigkeitsgebiets – in irgendeiner wirtschaftlich noch gewichtbaren Weise anknüpfen kann. Auf diese Weise soll im Sinne eines wirksamen Gläubigerschutzes die Umgehung von Gründungsvorschriften vermieden werden. Dies hätte sonst zur Folge, dass die gesetzliche und gesellschaftsvertragliche Kapitalausstattung bei Aufnahme der wirtschaftlichen Tätigkeit nicht gewährleistet ist. Indizien hierfür können sein, dass die Firma oder der Unternehmensgegenstand geändert, der Sitz verlegt, die Geschäftsführung ausgetauscht und bzw. oder die Geschäftsanteile veräußert werden, wobei diese Umstände mit einer wirtschaftlichen Neugründung einer Mantelgesellschaft einhergehen können, aber nicht müssen. So liegt der Fall hier.

Bei Fragen zur Gründung einer GmbH und den Anforderungen an die Anmeldung der wirtschaftlichen Neugründung einer Kapitalgesellschaft stehen Ihnen unsere auf das Gesellschaftsrecht spezialisierten Anwälte kompetent zur Verfügung.


Verkehrsrecht – Zur Sorgfaltspflicht beim Überholen eines haltenden Fahrzeugs

Verkehrsrecht – Zur Sorgfaltspflicht beim Überholen eines haltenden Fahrzeugs

Das LG Saarbrücken hat zur Sorgfaltspflicht beim Überholen eines haltenden Fahrzeugs wie folgt entschieden (LG Saarbrücken, Urteil vom 20.01.2023 – 13 S 60/22):

„Wer ein verkehrsbedingt haltendes Fahrzeug überholen sowie an einem nicht verkehrsbedingten haltenden Fahrzeug vorbeifahren möchte, muss jedenfalls – unabhängig vom Vorliegen einer unklaren Verkehrslage im Sinne des § 5 Abs. 3 Nr. 1 StVO – die sich aus § 1 Abs. 2 StVO ergebenden Sorgfaltspflichten beachten.“

Gemäß § 1 Abs. 2 StVO hat derjenige, der am Verkehr teilnimmt, sich so zu verhalten, dass kein anderer geschädigt, gefährdet oder mehr, als nach den Umständen unvermeidbar, behindert oder belästigt wird. Aus dieser pauschalen Formulierung ergibt sich keine konkrete Verhaltensverpflichtung. Denknotwendig muss beim Überholen eines haltenden Fahrzeugs ein ausreichend großer Abstand gehalten werden.