Arbeitsrecht - Bundesarbeitsgericht zur Beweislast: Überstunden muss immer noch der Arbeitnehmer nachweisen

Arbeitsrecht - Bundesarbeitsgericht zur Beweislast: Überstunden muss immer noch der Arbeitnehmer nachweisen

Klagt ein Arbeitnehmer auf Bezahlung von Überstunden, muss er diese auch nachweisen können. Auf das berühmte „Stechuhr-Urteil“ kommt es dabei nicht an, so das BAG. Demnach ändern auch die Vorgaben des europäischen Gerichtshofs (EuGH) zur verpflichtenden Arbeitszeiterfassung nichts an der Beweislastverteilung im Überstundenprozess.

BAG, Urteil vom 04.05.2022 – 5 AZR 359/21.

Hintergrund

In dem konkreten Fall hatte das BAG über die Klage eines Auslieferungsfahrers zu entscheiden. Seine Arbeitszeit erfasste er mittels technischer Zeitaufzeichnung, wobei nur Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit dokumentiert wurden, nicht jedoch die Pausenzeiten. Zum Ende des Arbeitsverhältnisses ergab die Auswertung der Zeitaufzeichnungen einen Positivsaldo von 348 Stunden. Insgesamt machte der Mann 429 Überstunden geltend und verlangte dafür eine Vergütung i.H.v. rund 6.400,00 €. Er habe die gesamte aufgezeichnete Zeit gearbeitet. Pausen seien nicht möglich gewesen, da sonst die Auslieferungsaufträge nicht hätten abgearbeitet werden können. Der Arbeitgeber hat dies bestritten, weshalb der Fall vor Gericht kam.

In der ersten Instanz gab das Arbeitsgericht Emden dem Arbeitnehmer Recht. Dieser vertrat die Auffassung, durch das EuGH Urteil, wonach die EU-Mitgliedstaaten die Arbeitgeber verpflichten müssen, ein objektives, verlässliches und zugängliches Arbeitszeit-Erfassungsdatum einzuführen, werde die Darlegungslast im Überstundenvergütungen modifiziert. Nach Meinung des Arbeitsgerichts war die Forderung der Überstundenvergütung begründet, weil der Arbeitgeber seinerseits nicht hinreichend konkret dargelegt habe, dass der Mitarbeiter Pausenzeiten in Anspruch genommen habe.

 

Vorgaben des EuGH verändern die Darlegungs und Beweislast nicht

Der Arbeitgeber ging gegen das erstinstanzliche Urteil in Berufung und bekam vor dem Landesarbeitsgericht Niedersachsen Recht. Nun schloss sich auch das BAG in der Revisionsverhandlung der Rechtsauffassung des Landesarbeitsgerichts an. Demnach habe der Kläger nicht hinreichend konkret dargelegt, dass erforderlich gewesen sei, ohne Pausenzeiten durchzuarbeiten, um die Auslieferungsfahrten zu erledigen. Die bloße pauschale Behauptung ohne nähere Beschreibung des Umfangs der Arbeiten genüge hierfür nicht.

Wie aus dem BAG-Urteil hervorgeht, müssen Arbeitnehmer in einem Überstundenprozess einerseits die zeitliche Lage und den Umfang der Überstunden nachweisen und andererseits darlegen, dass der Arbeitgeber die geleisteten Überstunden angeordnet, geduldet oder nachträglich gebilligt hat. Nach BAG-Auffassung werden durch die EuGH Vorgaben zur Einführung eines Arbeitszeiterfassungssystems die Grundsätze zur Verteilung der Darlegung und Beweislast für die Leistung von Überstunden nicht verändert. Die Vorgaben des EuGH zur Arbeitszeiterfassung würden dem Gesundheitsschutz dienen. Sie fänden grundsätzlich keine Anwendung auf die Vergütung der Arbeitnehmer, so das BAG.

Das Urteil zeigt, dass für die Geltendmachung von Überstunden in der Praxis hohe Anforderungen gestellt werden. Kann der Arbeitnehmer die genauen Nachweise nicht erbringen, würde er die Bezahlung von Überstunden in der Regel nicht erfolgreich geltend machen können. Die spielt selbstverständlich den Arbeitgebern in die Karten, die durch das BAG-Urteil von einer Klagewelle aufgrund der Abgeltung von Überstunden verschont bleiben werden.

 

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BGH zur Schließung von Fitnessstudios in der Pandemie - Studios müssen Mitgliedsbeiträge zurückzahlen

BGH zur Schließung von Fitnessstudios in der Pandemie - Studios müssen Mitgliedsbeiträge zurückzahlen

Wer im Corona-Lockdown das Fitnessstudio nicht nutzen konnte, bekommt die für diese Zeit gezahlten Mitgliedsbeiträge zurück. Die Laufzeit des Vertrags kann auch nicht nach hinten hinaus verlängert werden, so der BGH.

BGH, Urteil vom 04.05.2022 – XII ZR 64/21.

Betreiber von Fitnessstudios sind zur Rückzahlung von Mitgliedsbeiträgen verpflichtet, welche sie in der Zeit der Corona bedingten Schließungen von Kunden per Lastschrift eingezogen haben. Aufgrund der Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie hatte eine Betreiberin ihr Fitnessstudio für ca. drei Monate schließen müssen. Die Monatsbeiträge für diesen Zeitraum hatte sie weiterhin vom Konto der Kunden eingezogen. Ein Kunde hatte schriftlich die Kündigung erklärt, was von der Betreiberin auch akzeptiert wurde. Nachdem die geforderte Rückzahlung nicht erfolgt war, hatte der Kunde die Betreiberin aufgefordert, ihm ein Wertgutschein auszuhändigen. Sie hat ihm aber lediglich eine Gutschrift über Trainingszeit für den Zeitraum der Schließung angeboten. Dieses Angebot hatte der Kunde nicht angenommen und Klage eingereicht.

Das Amtsgericht Gelsenkirchen als erste Instanz hat die Betreiberin zur Rückzahlung der Monatsbeiträge für den Schließungsantrag verurteilt. Die Berufung gegen das Urteil hatte beim LG Essen dann keinen Erfolg. Der BGH hat die Ansichten der Vorinstanzen bestätigt und den Rückzahlungsanspruch gemäß der §§ 275 Abs. 1, 326 Abs. 1 S. 1 und Abs. 4, 346 Abs. 1 BGB des Kunden bejaht. Dem Anspruch könne die Betreiberin auch nicht entgegenhalten, der Vertrag sei wegen Störung der Geschäftsgrundlage dahingehend anzupassen.

In dem Fall würde rechtliche Unmöglichkeit vorliegen, so die Karlsruher Richter. Wegen der Corona-Maßnahmen war es der Betreiberin rechtlich unmöglich, dem Kunden Nutzung des Fitnessstudios zu gewähren und damit ihre vertraglich geschuldete Hauptleistungspflicht zu erfüllen. Eine nur vorübergehende Unmöglichkeit sei nicht anzunehmen, denn die Leistung ist nicht mehr nachholbar. Der Zweck eines Fitnessstudiovertrags liege gerade in der regelmäßigen sportlichen Betätigung. Daher sei gerade die regelmäßige und ganzjährige Öffnung des Studios von entscheidender Bedeutung. Kann der Betreiber des Fitnessstudios während der Vertragslaufzeit die Nutzung des Studios zeitweise nicht gewähren – wie hier – aufgrund hoheitlicher Maßnahmen, kann der Vertragszweck für den Zeitraum der Schließung nicht erreicht werden.

Der BGH lehnt auch eine Vertragsverlängerung ab. Die Betreiberin könne dem Rückzahlungsanspruch nicht entgegenhalten, der Vertrag sei wegen Störung der Geschäftsgrundlage anzupassen mit der Folge, dass sich die Vertragslaufzeit verlängere. Diese Auffassung verkenne das Konkurrenzverhältnis zwischen § 275 Abs. 1 BGB und § 313 BGB. Eine Vertragsanpassung an die tatsächlichen Umstände komme nicht in Betracht, wenn die Vorschriften über die Unmöglichkeit greifen.

Es ist das erste Urteil des BGH in der Frage, wie mit Mitgliedsbeiträgen für Fitnessstudios während der Corona Pandemie zu verfahren ist. Auch wenn die Argumentation des BGH nach unserer Ansicht zumindest bestreitbar ist, so ist das Urteil dennoch als richtungsweisend anzusehen.


Arbeitsrecht - Jahresurlaub verjährt nicht automatisch nach drei Jahren

Arbeitsrecht - Jahresurlaub verjährt nicht automatisch nach drei Jahren

Nimmt ein Arbeitnehmer seinen Jahresurlaub nicht im laufenden Kalenderjahr, muss der Arbeitgeber ihn über das mögliche Erlöschen informieren. Erst dann beginnt auf die Verjährungsfrist zu laufen, so der EuGH Generalanwalt Jean Richard.

Der Anspruch auf Resturlaubstage aus Vorjahren verjährt nicht einfach so nach drei Jahren, wie es das Bürgerliche Gesetzbuch in Deutschland eigentlich vorsieht. Die Verjährungsfrist beginnt erst dann zu laufen, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer über das mögliche Erlöschen informiert hat. Diese Ansicht vertritt der Generalanwalt am Europäischen Gerichtshof, Jean Richard in seinen Schlussanträgen.

EuGH, Schlussanträge vom 05.05.2022, RS – C – 120/21.

Dem EuGH liegt ein Fall aus Deutschland vor. Es geht um eine Steuerfachangestellte, die grundsätzlich im Kalenderjahr 24 Urlaubstage zur Verfügung hatte. Im Jahr 2011 und den Vorjahren konnte sie wegen des hohen Arbeitsaufwands in der Kanzlei den Urlaub nicht in Gänze ausschöpfen. Anfang März 2012 bescheinigte ihr der Arbeitgeber, dass dieser Resturlaub von 76 Tagen nicht wie üblich am 31. März verfalle. Doch auch in den folgenden Jahren nahm die Frau den Urlaub nicht vollständig Anspruch. Ihr Arbeitgeber forderte sie aber weder auf, weiteren Urlaub zu nehmen, noch wies er darauf hin, dass nicht beantragte Urlaub mit Ablauf des Kalenderjahres oder Übertragungszeitraums verfallen könnte. Die Steuerfachangestellte verlangte dann die Abgeltung von 101 Tagen bezahlten Jahresurlaubs aus dem Jahr 2017 und den Vorjahren. Ihr Arbeitgeber meint, dieser sei verfallen.

Nach dem die deutschen Arbeitsgerichte der Angestellten recht gaben, landete der Fall beim Bundesarbeitsgericht. Das wies zwar auf ein bereits ergangenes EuGH-Urteil hin, nachdem der Arbeitgeber den Arbeitnehmer über das mögliche Erlöschen des Urlaubsanspruchs informieren muss. Ansonsten verfalle der Anspruch nämlich nicht. Oder verfällt er doch nach drei Jahren, wie es im deutschen Recht § 195 BGB vorsieht? Das BAG möchte dies vom EuGH per Vorabentscheidungsersuchen wissen.

Der EuGH Generalanwalt Jean Richard ist nun der Ansicht, dass diese Verjährungsfristen tatsächlich gegen Unionsrecht verstoßen. Als solches seien zwar weder die Fristen an sich noch ihre Länge problematisch, aber der Beginn des Laufs der Frist.

Die Frist dürfe erst dann beginnen, wenn der Arbeitgeber seiner Hinweispflicht nachgekommen ist. Erst dann könne der Arbeitnehmer überhaupt Kenntnis von seinem Anspruch auf Jahresurlaub nach § 199 Abs. 1 BGB erlangen und ihn dann auch wahrnehmen.

 

Die Entscheidung zeigt, wie immens wichtig es für Arbeitgeber ist, den Arbeitnehmer auf den Verfall seines Resturlaubs ausdrücklich hinzuweisen. Unsere auf das Arbeitsrecht spezialisierten Anwälte stehen Ihnen in sämtlichen Themenkomplexen des Arbeitsrechts kompetent zur Verfügung.


Immobilienrecht – Grundstückskauf - Kaufentscheidung kann bis zum Notartermin beeinflusst werden

Immobilienrecht – Grundstückskauf - Kaufentscheidung kann bis zum Notartermin beeinflusst werden

Der Verkäufer eines Grundstücks haftet für seine unzutreffende öffentliche Äußerung über Sacheigenschaften der Immobilie nur dann nicht, wenn seine Aussage eine Kaufentscheidung nachweislich nicht beeinflusst. Entscheidend ist dabei der Zeitpunkt der notariellen Beurkundung, auch wenn zuvor bereits Kaufbereitschaft signalisiert worden war, wie der BGH klarstellt. Wurden in einem nach signalisierter Kaufbereitschaft übersandten Exposé unzutreffende Angaben gemacht, könne dies damit die Kaufentscheidung noch beeinflussen.

BGH, Urteil vom 16.07.2021 – V ZR 119/20

Hintergrund

Die ehemalige Eigentümerin zweier bebauter Grundstücke sowie deren Gesellschafter wurden aus abgetretenem Recht der Käuferin auf Schadensersatz i.H.v. 600.000,00 € in Anspruch genommen. Die Käuferin hatte das Areal, auf dem zwei Mehrfamilienhäuser standen, im Oktober 2015 für 1,5 Millionen € erworben. Eine Haftung für Sachmängel war ausgeschlossen. Laut Kaufvertrag sei ihr bekannt, dass das Objekt seit ca. drei Jahren entmietet und ohne Heizung sei und das pro Gebäude nur vier Wohneinheiten genehmigungsfähig sein. Nachdem die Interessentin die Häuser besichtigt hatte, berichtete sie dem Makler per E-Mail von Ihrer Kaufbereitschaft. Er schlug ein und übersandte ihr das Prospekt und die Visualisierung einer ursprünglich von der Gesellschaft geplanten Umbaumaßnahme. Die dafür im August 2012 befristet auf drei Jahre erteilte Baugenehmigung war inzwischen abgelaufen, wovon sie wusste.

 

Vorinstanzen verneinen Schadenersatzanspruch

Die Klage scheiterte sowohl vor dem Landgericht Hamburg als auch vor dem Oberlandesgericht Hamburg. Auf das Exposé könne kein Schadensersatz Anspruch gestützt werden, da das Grundstück den darin gemachten Angaben entsprochen habe. Die Visualisierung begründe jedenfalls deshalb keinen Sachmangel, weil sie den Kaufentschluss nicht habe beeinflussen können. Die Käuferin sei im Zeitpunkt, zudem ihr die Visualisierung übersandt worden sei, bereits entschlossen gewesen, das Grundstück zu erwerben, so die Begründung.

 

BGH – notarielle Beurkundung ist entscheidend

Aus Sicht der Karlsruher Richter lag ein möglicher Sachmangel aufgrund der im Exposé gemachten Äußerungen vor.

Die Visualisierung, bei der Bebauungsmöglichkeiten für ein gekauftes Grundstück bildlich dargestellt werden, stelle eine öffentliche Äußerung der Beklagten dar. Den Richtern zufolge konnte die Käuferin erwarten, dass eine Sanierung der Mehrfamilienhäuser möglich war. Die Illustration habe ihre Kaufentscheidung nach § 434 Abs. 1 S. 3 HS 2 BGB beeinflussen können. Hier sei entgegen der Ansicht des OLG nicht der Zeitpunkt entscheidend, zudem der Käufer sich entschlossen habe das Grundstück zu erwerben, sondern der Zeitpunkt der notariellen Beurkundung des Grundstückskaufvertrags. Der Käufer könne bis zur notariellen Beurkundung des Vertrags durch öffentliche Äußerungen des Verkäufers über Eigenschaften der Kaufsache bei seiner Entscheidung, den Kaufvertrag zu schließen oder nicht, beeinflusst werden. Der BGH verwies die Sache daher an das OLG zurück, dass die baurechtliche Unzulässigkeit des Umbaus sowie den Vorwurf der Arglist prüfen müsse.

 

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Immobilienrecht – Grundstückskauf - Bei arglistiger Täuschung des Verkäufers ist Maklerprovisionen schadensersatzfähig

Immobilienrecht – Grundstückskauf - Bei arglistiger Täuschung des Verkäufers ist Maklerprovisionen schadensersatzfähig

Kann sich der Käufer einer Immobilie aufgrund einer Pflichtverletzung des Verkäufers von dem Kaufvertrag lösen, stellen die von ihm an einen Makler gezahlte Provision und die von ihm entrichtete Grunderwerbsteuer ersatzfähige Schadenspositionen dar; die Erstattungsansprüche gegen den Makler und den Fiskus sind entsprechend § 255 BGB an den Verkäufer abzutreten.

BGH, Urteil vom 24.09.2021 – V ZR 272/19

Hintergrund

Der Beklagte verkaufte ein bebautes Grundstück (Wohnhaus mit Betriebsgebäude) an einen Käufer, den Kläger. Nach Abschluss des Kaufvertrags zahlte der Kläger eine Maklerprovision an die von ihm beauftragte Maklerin. In der Folgezeit focht der Erwerber den Kaufvertrag wegen arglistiger Täuschung durch den Verkäufer erfolgreich an. Der Kaufvertrag wurde rückabgewickelt. Der Erwerber verlangte vom Immobilienverkäufer den Kaufpreis zurück und forderte außerdem Schadensersatz für die von ihm gezahlte Grunderwerbsteuer sowie die Maklerprovisionen.

 

BGH: Schadensersatz

Der BGH sprach dem Kläger einen Schadensersatz betreffend die Grunderwerbsteuer sowie die Maklerprovisionen zu. Wegen der vorvertraglich erfolgten arglistigen Täuschung des Beklagten kann der Kläger von diesem nach § 280 Abs. 1, § 241 Abs. 2, § 311 Abs. 2 BGB den Ersatz seines Vertrauensschadens und mithin die von ihm entrichtete Grunderwerbsteuer sowie die Maklerkosten verlangen.

Die Vorinstanzen lehnten ein Schadensersatzanspruch noch ab. Dies wurde damit begründet, dass dem Immobilien Erwerber kein Schaden entstanden sei. So gelte, dass durch die Rückabwicklung des Kaufvertrages der getäuschte Erwerber sowohl die Grunderwerbsteuer als auch die Maklerprovisionen zurückfordern kann (§ 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB).

Dieser Ansicht folgten die Karlsruher Richter nicht und verwiesen auf den Rechtsgedanken in § 255 BGB. Danach müsse sich der Geschädigte nicht darauf verweisen lassen, dass er einen Anspruch gegen einen Dritten habe, der zum Ausgleich seiner Vermögensbeeinträchtigung führen könne. Es stehe ihm in dieser Situation frei, wen er in Anspruch nehme. Dadurch solle den Aufwand, der mit der Durchsetzung des anderen durch die Pflichtverletzung entstandenen Anspruchs verbunden ist, sowie das mögliche Insolvenzrisiko auf den Schädiger verlagern können.

In entsprechender Anwendung von § 255 BGB ist der Schädiger (Beklagte) allerdings nur Zug um Zug gegen Abtretung der Ansprüche gegen den Dritten (Maklerin) zum Schadensersatz verpflichtet.

 

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Maklerrecht - Zugang der Widerrufsbelehrung nebst Musterwiderrufsformular unter Verwendung der Maklersoftware OnOffice

Maklerrecht - Zugang der Widerrufsbelehrung nebst Musterwiderrufsformular unter Verwendung der Maklersoftware OnOffice

Der Unternehmer muss dem Verbraucher eine formell ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung nebst Musterwiderrufsformular aushändigen. Ausreichend ist, wenn die Widerrufsbelehrung dauerhaft abrufbar ist und die jederzeitige Möglichkeit besteht, sich das Musterwiderrufsformular hervorzurufen. Wird die Widerrufsbelehrung mit Musterwiderrufsformular automatisch vom System per E-Mail mit richtiger E-Mail-Adresse versandt, nachdem der Interessent den für den Download des Exposé erforderlichen Button gesetzt hat und ist die Konfiguration des Unternehmers nicht manipulierbar, so ist der Beweis für den Zugang der E-Mail erbracht.

Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, Urteil vom 07.06.2021, Az.: 16 U 139/20

Hintergrund

Der klagende Makler weist dem beklagten Kunden ein Objekt nach, unter Hinweis auf seine Provisionsforderung. Der notarielle Kaufvertrag wird noch im selben Monat abgeschlossen. Der Kunde widerruft den Maklervertrag nach Ablauf der Widerrufsfrist und trägt vor, er habe die vom Makler im Rechtsstreit vorgelegte Widerrufsbelehrung nicht erhalten. Zudem seien die im Rechtsstreit vorgelegte Widerrufsbelehrung und Musterwiderrufsformular leicht manipulierbar. Das Landgericht Itzehoe gab der Provisionsklage statt. Der Käufer legte Berufung ein.

 

Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht weist Berufung zurück

Der Kläger habe den Beklagten ordnungsgemäß belehrt und die Belehrung nebst Musterwiderrufsformular per E-Mail ausgehändigt. Die vorgelegte Widerrufsbelehrung entspreche zudem dem gesetzlich vorgegebenen Muster. Das Musterwiderrufsformular setze nicht voraus, dass das nach Art. 246 a § 1 Abs. 2 Anl. 2 EGBGB vorgesehene Musterwiderrufsformular eins zu eins übernommen werde. Es genüge, wenn der Makler seinem Kunden einen inhaltlich verständlichen Text anbiete, mit der aus der Widerrufsbelehrung ersichtlichen Maßgabe, dass dieser nicht notwendig zu verwenden ist.

 

Der Senat führt unter anderem folgendes aus:

Nach Art. 246 a § 1 Abs. 2 EGBGB steht dem Verbraucher ein Widerrufsrecht nach § 312 g Abs. 1 BGB zu. Der Unternehmer ist verpflichtet, den Verbraucher über die Bedingungen, die Fristen und das Verfahren für die Ausübung des Widerrufsrechts nach § 355 Abs. 1 BGB sowie das Musterwiderrufsformular in der Anlage 2 zu informieren.

Nach Abs. 1 S. 2 kann der Unternehmer diese Informationspflichten dadurch erfüllen, dass er das in der Anlage 1 vorgesehene Muster für die Widerrufsbelehrung zutreffend ausgefüllt in Textform übermittelt. Die Erfüllung der Verpflichtung zur Information über das Musterwiderrufsformular setzt danach nicht voraus, dass das in der Anlage 2 dargestellte Formular eins zu eins übernommen wird.

Maßgebend ist danach, ob die Belehrungen in genügender Form überlassen worden sind. Auch das ist zu bejahen. Nach der Entscheidung des BGH ist der Sinn der formalen Anforderungen an die hier inhaltlich unstreitig genügende Widerrufsbelehrung in Form einer Dokumentation, dem Verbraucher die Möglichkeit zu verschaffen, die Bedingungen, die Fristen und das Verfahren zur Ausübung des Widerrufsrechts bei Bedarf jederzeit nach Vertragsschluss nachlesen zu können. Diesem Interesse ist Genüge getan, wenn die Widerrufsbelehrung dauerhaft abrufbar ist und damit verbunden die jederzeitige Möglichkeit besteht, sich das Musterwiderrufsformular hervorzurufen.

Zudem habe der Kläger durch Zeugeneinvernahme den Nachweis erbracht, dass dem Beklagten, nachdem er die für den Download des Exposé erforderlichen Häkchen gesetzt hatte, von OnOffice eine automatisch generierte E-Mail mit Widerrufsbelehrung nebst Musterwiderrufsformularen an seine E-Mail-Adresse zugesandt wurde.

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme habe der Zeuge nachvollziehbar und glaubwürdig geschildert, dass der Inhalt der Widerrufsbelehrung, der auf die Konfiguration des Klägers zurückgeht, nicht manipulierbar sei; ferner, dass bei der gängigen Adresse „@web.de“ und vom Beklagten selbst zuvor verwandten E-Mail-Adresse ein Fehler in der Mail sehr unwahrscheinlich sei. Vielmehr sei davon auszugehen, dass eine E-Mail, wenn die Adresse richtig geschrieben ist, praktisch immer ankommt.

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FIFA begrenzt Höchstzahl an Leihspielern - mehrjährige Verpflichtungen und Drittvereine verboten

FIFA begrenzt Höchstzahl an Leihspielern - mehrjährige Verpflichtungen und Drittvereine verboten

Die FIFA verschärft ab der kommenden Saison die Regeln bei Leihtransfers sowohl was die Zahl als auch den Zielverein angeht. Eigentlich sollten die Beschränkungen bereits ab Juli 2020 gelten. Wegen der Corona Pandemie verschob sich das Vorhaben, bei dem auch eine neue Höchstdauer einer Leihe von einem Jahr eingeführt wird. Ebenso wie eine maximale Anzahl an Spielern, die ein Verein ausleihen darf. Die neuen Regelungen sollen am 01.07.2022 Inkraft treten. Künftig sollen nur noch sechs Spieler verliehen werden dürfen, wobei die FIFA einen stufenweisen Übergang gewährt.

Viele Vereine haben aus dem Verleihen von Spielern mittlerweile ein einträgliches Geschäftsmodell entwickelt. Dies ist gerade in England und Italien zu beobachten. In England hat sich für Vereine mit besonders ausgeprägten Leihspielerstrategien der Begriff „Loan Army“ durchgesetzt. Der FC Chelsea beispielsweise hat derzeit 21 Spieler vorübergehend an andere Clubs abgegeben. Neun Profis aus der ersten Mannschaft und zwölf aus der Reserve. Atalanta Bergamo hat sogar über 60 Spieler andernorts im Einsatz. Knapp weniger hat Juventus Turin.

Mit den Beschränkungen will die FIFA in erster Linie eine bessere Förderung von Nachwuchsspielern gewährleisten, sowie das sportliche Gleichgewicht im Wettbewerb verbessern. Verhindert werden soll, dass Vereine Spieler horten. Darüber hinaus soll etwa verboten werden, bereits an einem Club verliehene Spieler weiter zu verleihen an Drittvereine. Als Mindestdauer für eine Leihe wird die Zeit zwischen zwei Transferperioden festgelegt, also ein halbes Jahr. Neu eingeführt wird eine Höchstdauer von einem Jahr. Mehrjährige Leihen sind damit ausgeschlossen. Weiterhin darf ein Verein auch zu keinem Zeitpunkt innerhalb einer Saison mehr als drei Spielern einem bestimmten Club ausleihen. Die limitierte Gesamtzahl der verliehenen Spieler eines Clubs wird ab Juli zunächst noch auf acht Profis gedeckelt, ab 2023 nur noch sieben, und ab dem 01.07.2024 wird die Zahl auf sechs Profis weiter reduziert. Spieler im Alter von 21 Jahren und jünger sowie vom Verein ausgebildete Spieler sind von diesen Beschränkungen ausgenommen. Die einzelnen Verbände innerhalb der FIFA haben drei Jahre Zeit, die neuen Regelungen in die nationalen Bestimmungen aufzunehmen.

Die FIFA hat überblicksartig folgende Reformvorhaben umgesetzt:

 

– Pflicht zum Abschluss einer schriftlichen Leihvereinbarung

– Laufzeit einer Leihgabe über mindestens den Zeitraum zwischen zwei Registrierungsperioden (Transferfenster) sowie von maximal einem Jahr

– Verbot, ausgeliehene Berufsspieler an Drittvereine weiter zu verleihen

– Beschränkungen der Zahl der Leihgaben

 

Die neuen Regelungen kommen insbesondere bei den Spielerberatern nicht gut an. Das ist verständlich, greift eine Einschränkung der Spielerleihen doch in ihr Geschäft ein. So ist es nicht verwunderlich, dass die Berater bereits raffinierte Umgehungsstrategien entwickelt haben. Statt einer Leihe wird beispielsweise über einen Transfer mit Rückkaufsoptionen und anderen Umgehungskonzepten nachgedacht. Nicht auszuschließen ist auch, dass jemand den Weg zum EuGH suchen und mit der Arbeitnehmerfreizügigkeit gegen die Reform vorgehen wird.


Gesellschaftsrecht - Fortsetzung der Gesellschaft nach Auflösung durch Ablehnung der Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse

Gesellschaftsrecht - Fortsetzung der Gesellschaft nach Auflösung durch Ablehnung der Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse

Wird eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung durch die rechtskräftige Ablehnung der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Gesellschaft mangels Masse gemäß § 60 Abs. 1 Nr. 5 GmbHG aufgelöst, kann sie nicht fortgesetzt werden. Dies gilt auch dann, wenn die Gesellschaft über einen das satzungsgemäße Stammkapital übersteigendes Vermögen verfügt und die Insolvenzgründe beseitigt wurden.

BGH, Beschluss vom 25.01.2022 – II ZP 8/21


Sportrecht – Bundesligaclubs können Krawall-Fans in Regress nehmen

Sportrecht – Bundesligaclubs können Krawall-Fans in Regress nehmen

Nach der Verurteilung des VfL Bochum durch das DFB-Sportgericht aufgrund eines Becherwurfs eines Fans auf den Schiedsrichter-Assistenten Christian Gittelmann bleibt abzuwarten, ob der VfL Bochum – sollte es zu einer strafrechtlichen Verurteilung wegen Körperverletzung kommen – den verantwortlichen Fan in Regress nimmt. Bereits im Jahr 2016 hat der BGH die Weichen hierfür gestellt. Demnach können Fußballvereine Geldstrafen wegen Ausschreitungen an die randalierenden Fans weiterreichen. Hintergrund war ein Vorfall bei einem Zweitliga-Heimspiel des ersten FC Köln, bei welchem ein Zuschauer einen Böller gezündet hatte, der sieben Menschen verletzte. Dieser Fan muss dem Verein die Verbandsstrafe erstatten, welche das Sportgericht des DFB gegen ihn verhängt hatte. Das entschied der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 22.09.2016 – VII ZR 14/16.

Vereine haften verschuldensunabhängig für Ihre Fans

Gemäß § 9a der Rechts- und Verfahrensordnung des DFB sind Vereine und Tochtergesellschaften für das Verhalten ihrer Mitglieder, Anhänger und Zuschauer verantwortlich. Sie haften im Stadionbereich für Zwischenfälle jeglicher Art. Auf Grundlage dieser verschuldensunabhängigen Haftung verfolgt der DFB eine zunehmend strengere Bußgeldpolitik.

Die Höhe der Verbandsstrafe orientiert sich an der Leistungsfähigkeit des Fußballclubs. Das war eines der Argumente, welches gegen eine Regressmöglichkeit der Clubs gegenüber den Fans eingewandt wurde. Bußgelder, die für ein Verein angemessen sind, können für Privatpersonen schnell den finanziellen Ruin bedeuten. Dennoch hat z.B. Hannover 96 schon mehrfach versucht, Geldstrafen für das Fehlverhalten von Fans zurückzuholen. Teilweise mit Erfolg. Beim Europa League Spiel in Kopenhagen hatte im November 2011 ein Anhänger von Hannover 96 Pyrofackeln entzündet, ein anderer war als Flitzer auffällig geworden. Die UEFA verhängte eine Strafe von 15.000,00 € gegen den damaligen Bundesligisten, der Club holte sich vor Gericht einmal 6.000,00 € und einmal 2.500,00 € von den Fans zurück. Im Jahr 2014 sorgte eine schwere Böllerattacke bei einem Match in Wolfsburg für Aufsehen. Hannover 96 wurde zu einer Geldstrafe von 50.000,00 € verklagt und nahm anschließend den Werfer der Chinaböller auf 20.000,00 € Schadensersatz in Anspruch. Der BGH hat im Jahr 2016 klargestellt, dass Fans, die im Stadion eine Pyroshow veranstalten, sehr wohl für die deshalb dem Verein auferlegte Geldstrafe haften können. Diese sei kein Schaden, der nur zufällig durch das Verhalten des Fans verursacht worden wäre, so der siebte Zivilsenat des BGH. Sie stehe vielmehr in einem inneren Zusammenhang mit dem Wurf des Knallkörpers und werde gerade wegen der Störung durch den Zuschauer verhängt. Zudem dienten sowohl die Pflichten aus dem Zuschauervertrag als auch die Regeln des Verbandes dazu, Spielstörungen durch Randale zu verhindern.

Problematisch ist in diesem Zusammenhang, ob die Vereine die Urteile bei ihren Fans auch vollstrecken können. Die Höhe der Strafen hängt von der Festsetzung durch den DFB gegenüber dem Verein ab. Deshalb droht randalierenden Fans ein finanzieller Schaden in nicht kalkulierbarer Höhe. Der Fan weiß nicht ob ein Fehlverhalten 20.000,00 € oder 200.000,00 € kosten kann.

In unserer auf das Sportrecht spezialisierten Kanzlei stehen wir Ihnen bei sämtlichen Fragen zu Verbandsstrafen und der Umlegung auf Fans bzw. Zuschauer kompetent zur Verfügung.


Sportrecht - Nach Becherwurf in Bochum Geldstrafe und Fanausschluss auf Bewährung

Sportrecht - Nach Becherwurf in Bochum Geldstrafe und Fanausschluss auf Bewährung

Der Becherwurf auf den Schiedsrichter-Assistenten Christian Gittelmann im März hat nun auch finanzielle Konsequenzen für den VfL Bochum. Der Club ist zu einer Geldstrafe i.H.v. 100.000,00 € sowie einem Zuschauer-Teilausschluss auf Bewährung verurteilt worden.

Bei weiteren erheblichen Vorfällen muss der Ruhrgebietsclub einen Teil seines Stadions für Zuschauer schließen. Dies teilte der DFB am 13.04.2022 mit. Die Bewährungszeit läuft bis zum 30.06.2023.

Das Bundesligaspiel gegen Borussia Mönchengladbach war am 18. März beim Spielstand von null zu zwei abgebrochen worden, nachdem Schiedsrichter-Assistent Christian Gittelmann von einem gefüllten Getränkebecher am Kopf getroffen worden war. Das Spiel wurde mit zwei zu null für Borussia Mönchengladbach gewertet. Von der Geldstrafe i.H.v. 100.000,00 € kann ein Betrag i.H.v. 33.000,00 € für sicherheitstechnische und gewaltpräventive Maßnahmen verwendet werden. Der VfL Bochum erhielt zudem Geldstrafen für Becherwürfe in weiteren Partien in einer Gesamthöhe von 15.000,00 € sowie mehrere Auflagen. So müssen die Bochumer insbesondere ein Konzept zur Einführung eines hochauflösenden Videoüberwachungssystems erarbeiten und ein Pfandbecher-Mehrwegsystem einführen. Der Revierclub stimmte allen Urteilen zu.

Da der VfL Bochum aktiv bei der Täterermittlung mitgewirkt hat und zudem zur Optimierung der Sicherheit im Stadion die verbesserte Videoüberwachung und das Pfandbecher-Mehrwegsystems umsetzen wird, hat der DFB-Kontrollausschluss beim Sportgericht des DFB beantragt, den Zuschauerausschluss noch zur Bewährung auszusetzen. Bereits beim darauf folgenden Spiel gegen Bayer Leverkusen hatte der VfL Bochum zusätzliche Videotechnik im eigenen Stadion eingesetzt. Im Zusammenhang mit dem Spielabbruch hat auch die Staatsanwaltschaft Bochum Anklage wegen Körperverletzung gegen einen 38 Jahre alten Tatverdächtigen erhoben. Wenn dieses strafrechtliche Verfahren abgeschlossen ist, ist es nicht ausgeschlossen, dass der Verein den Becherwerfer auch zivilrechtlich in Regress nimmt. Spätestens seit einer Entscheidung des BGH im Jahr 2016 ist geklärt, dass Fußballvereine Geldstrafen an die verantwortlichen Täter weiterreichen können. Ob der Verein von dieser Möglichkeit Gebrauch machen wird, ist noch nicht klar.

 

Bei sämtlichen Fragestellungen zum Thema Sportrecht stehen wir Ihnen in unserer spezialisierten Kanzlei gerne zur Verfügung.