Maklerrecht – Unklare Widerrufsbelehrung setzt den Lauf der Widerrufsfrist nicht in Gang.

Maklerrecht – Unklare Widerrufsbelehrung setzt den Lauf der Widerrufsfrist nicht in Gang.

Der BGH hat in seiner Entscheidung vom 01.12.2022, Az. I ZR 28/22, darauf hingewiesen, dass bei einer unklaren Widerrufsbelehrung die Widerrufsfrist von 14 Tagen nicht anläuft, sondern vielmehr die Widerrufsfrist 12 Monate und 14 Tage beträgt.

In dem zu entscheidenden Fall hat die Maklerfirma Sparkassen Immo als Tochter einer Sparkasse eine Widerrufsbelehrung erteilt, bei der der Adressat des Widerrufs entweder die Maklerfirma, also die Tochter der Sparkasse sein konnte oder die Sparkasse selbst.

Für diesen Fall hat der BGH eine Irreführung des Verbrauchers angenommen und damit festgestellt, dass die verwendete Widerrufsbelehrung den gesetzlichen Anforderungen nicht genügen würde, weshalb die Widerrufsfrist 12 Monate und 14 Tage gedauert hätte.


Maklerrecht – Käufer sollten Provisionszahlung zurückhalten, bis der Verkäufer den Nachweis der Provisionszahlung erbracht hat

Maklerrecht – Käufer sollten Provisionszahlung zurückhalten, bis der Verkäufer den Nachweis der Provisionszahlung erbracht hat

Der Käufer einer Immobilie, die von einem Makler erfolgreich vermittelt wurde, sollte seine Provisionszahlung wegen § 656 c Abs. 1 BGB zurückhalten, bis der Maklernachweis, dass der Auftraggeber des Maklers seiner Zahlungspflicht tatsächlich nachgekommen ist, vorliegt (BT-Drs. 19/15827, S. 33).

Zahlt der Käufer allerdings die Provision anstandslos und fordert sie später zurück, weil er der Meinung ist, der Auftraggeber, also der Verkäufer habe seinen Provisionsanteil noch nicht bezahlt, so muss er dies auch beweisen, wie das LG Münster in seinem Urteil vom 15.12.2022, Az. 8 O 212/22, entschieden hat. Eine Pflicht zur Urkundenvorlegung im Rahmen eines Auskunftsanspruchs des Kunden zu Lasten des Maklers hat das Landgericht verneint.


Dieselskandal - Deutsche Umwelthilfe klagt erfolgreich gegen Kraftfahrtbundesamt - Fahrzeuge mit Thermofenstern droht Stilllegung

Dieselskandal - Deutsche Umwelthilfe klagt erfolgreich gegen Kraftfahrtbundesamt - Fahrzeuge mit Thermofenstern droht Stilllegung

Die deutsche Umwelthilfe konnte vor dem Verwaltungsgericht Schleswig erneut einen Sieg gegen das deutsche Kraftfahrtbundesamt einfahren. So hält eine Kammer des Verwaltungsgerichts in Schleswig die vor Jahren genehmigten Thermofenster bei Fahrzeugen des VW-Konzerns für unzulässig. Wie auch das Internetportal LTO berichtet, möchte die DUH, dass das Kraftfahrtbundesamt sogenannte Freigabebescheide aufhebt. Mit diesen hat es in der Vergangenheit ein Software-Update als ausreichende Nachbesserung im Zusammenhang mit den unzulässigen Abschalteinrichtungen an bestimmten Dieselmotoren genehmigt.

Dem schiebt das Verwaltungsgericht Schleswig nun den Riegel vor. So hält dieses die sogenannten Thermofenster für unzulässige Abschalteinrichtungen, die das Kraftfahrtbundesamt nicht hätte genehmigen dürfen. Betroffen sind 62 ältere Modelle verschiedener Marken des Volkswagenkonzerns. Im Gleichklang mit dem EuGH sowie dem Bundesgerichtshof sind nach dem Verwaltungsgericht Schleswig Abschalteinrichtungen nur zulässig, wenn sie dazu dienen, Schäden am Motor zu verhindern. Dies sei hier aber nicht der Fall.

Der Volkswagenkonzern berief sich stets darauf, dass das Thermofenster dazu dient, den Motor zu schützen und damit Unfälle vorbeugt. Es ging sogar soweit, dass mitgeteilt wurde, dass Fahrzeuge unter Thermofenster nicht genehmigungsfähig wären.

Dieser Argumentation folgten die Richter aber nicht. Folge des nunmehrigen Urteils ist, dass das VG Schleswig Millionen Dieselfahrzeuge des VW-Konzerns für illegal hält. Das Kraftfahrtbundesamt muss die Freigabebescheide aufheben. Den Fahrzeugen droht nun ein Stilllegungsverfahren.

Insoweit eröffnet sich hier noch mal eine Möglichkeit, Schadensersatzansprüche gegenüber den Fahrzeugherstellern geltend zu machen.

Mit unserer langjährigen Erfahrung auf dem Gebiet des Abgasskandals stehen wir Ihnen bei der Prüfung von möglichen Ansprüchen gerne jederzeit zur Verfügung.


Erbrecht - Bundesfinanzhof zu § 23 EStG: Kein anteiliger Erwerb eines zur Erbmasse gehörenden Grundstücks bei entgeltlichem Erwerb eines Miterbenanteils

Erbrecht - Bundesfinanzhof zu § 23 EStG: Kein anteiliger Erwerb eines zur Erbmasse gehörenden Grundstücks bei entgeltlichem Erwerb eines Miterbenanteils

Der entgeltliche Erwerb eines Anteils an einer Erbengemeinschaft führt nicht zur anteiligen Anschaffung eines zum Gesamthandsvermögen der Erbengemeinschaft gehörenden Grundstücks.

1.
Eine gesamthänderische Beteiligung ist kein Grundstück und auch kein Recht, das den Vorschriften des bürgerlichen Rechts über Grundstücke unterliegt.

2.
Eine anteilige Zurechnung im Sinne des § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO wird im Rahmen des § 23 Abs. 1 S. 1 EStG nur erforderlich, wenn die Gesamthand selbst den Besteuerungsbestand erfüllt. § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO ist nicht anzuwenden, wenn der Tatbestand eines privaten Veräußerungsgeschäfts deshalb nicht erfüllt ist, da kein Grundstück, sondern ein Gesellschaftsanteil der Gemeinschaft oder Gemeinschaftsanteil angeschafft worden ist.

3.
Soweit im Beschluss des Großen Senats des BFH vom 05.07.1990 – GrS 2/89 ausgeführt ist, dass dem Erbteilskäufer Anschaffungskosten für die hinzuerworbenen Anteile am Gemeinschaftsvermögen entstehen, lässt diese Aussage nicht hinreichend klar erkennen, ob die Anschaffungskosten den Anteilen oder den Gegenständen im Gemeinschaftsvermögen zuzuordnen sind. Eine Anfrage an die anderen Senate bzw. einer erneuten Anrufung des Großen Senats des BFH bedarf es nicht.

4. § 23 Abs. 1 S. 4 EStG ist auf Erbengemeinschaft nicht anwendbar.

§ 23 Abs. 1 S. 4 EStG besagt, dass die Anschaffung oder Veräußerung einer unmittelbaren oder mittelbaren Beteiligung an einer Personengesellschaft als Anschaffung oder Veräußerung der anteiligen Wirtschaftsgüter gilt. Dieser Grundsatz ist nach der Rechtsauffassung des BFH nicht auf die Erbengemeinschaft anwendbar. Veräußert die Erbengemeinschaft einen zum Nachlass gehörende Immobilie, fällt grundsätzlich hier keine Einkommensteuer an, soweit schon einmal vorher ein Anteil an der Erbengemeinschaft verkauft wurde (vgl. BFH, Urteil vom 26.09.2023 – IX R 13/22).

Im gegenständlichen Streitfall kaufte der Steuerpflichtige Anteile von Miterben an der Erbengemeinschaft und veräußerte dann im Anschluss die Immobilien. Dieser Verkauf wurde vom Finanzamt gemäß § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG als privates Veräußerungsgeschäft besteuert. Hiergegen wandte sich der BFH. Voraussetzung für die Besteuerung sei demnach, dass das veräußerte Vermögen zuvor auch angeschafft worden sei. Dies wäre im Hinblick auf den Kauf von Anteilen an einer Erbengemeinschaft bezüglich des zum Nachlass gehörenden Vermögens aber nicht der Fall. Mit dieser Entscheidung hat der BFH seine bisherige Rechtsprechung geändert und ist der Auffassung der Finanzverwaltung entschieden entgegengetreten. In Fällen wie diesen kann also Nachlassvermögen steuerfrei veräußert werden.

Unsere auf das Erbrecht spezialisierten Anwälte stehen Ihnen zu sämtlichen Themenkomplexen des Erbrechts sowie bei Schenkungen zu Lebzeiten jederzeit kompetent zur Verfügung.


Familienrecht - Kindesunterhalt bei überdurchschnittlichen wirtschaftlichen Verhältnissen

Familienrecht - Kindesunterhalt bei überdurchschnittlichen wirtschaftlichen Verhältnissen

Hintergrund

Die Beteiligten streiten um Kindesunterhalt. Die am 21.06.2011 geborene Antragstellerin ist die Tochter des Antragsgegners und dessen geschiedener Ehefrau. Die im Jahr 2010 geschlossene Ehe des Antragsgegners mit der Kindesmutter wurde im Februar 2014 rechtskräftig geschieden. Die Eltern sind gemeinsam sorgeberechtigt. Die Antragstellerin ist Schülerin und lebt in der Obhut der Kindesmutter, die für die gemeinsame Wohnung monatliche Ausgaben in Höhe von ca. € 2.100,00 hat. Der Antragsgegner hat sich hinsichtlich des Kindesunterhalts für unbegrenzt leistungsfähig erklärt.

Eine im Juni 2013 geschlossene Trennungs- und Scheidungsfolgenvereinbarung enthielt unter anderem eine bis zum 30.06.2019 befristete Regelung zum mit dem Ehegattenunterhalt zusammengefassten Kindesunterhalt. Für die Zeit ab Juli 2019 verpflichtete sich der Antragsgegner durch notarielle Urkunde vom 08.11.2018 zur Zahlung von 160 % des Mindestunterhalts der jeweils gültigen Düsseldorfer Tabelle entsprechend der jeweiligen Altersstufe abzüglich des hälftigen Kindergeldes.

Die Antragstellerin hat nach Abschluss der Auskunftsstufe eines Stufenverfahrens erstinstanzlich beantragt, den Antragsgegner unter Abänderung der notariellen Unterhaltsverpflichtung zu verpflichten, zu Händen ihres gesetzlichen Vertreters ab dem 01.07.2019 einen monatlichen Kindesunterhalt in Höhe von € 4.500,00 zu zahlen.

Der Antragsgegner hat mit Schriftsatz vom 19.04.2021 zunächst beantragt, den Leistungsantrag der Antragstellerin insoweit abzuweisen, als er verpflichtet werden sollte, an die Antragstellerin einen monatlichen Kindesunterhalt zu zahlen, der über 272 % des Mindestunterhalts der Düsseldorfer Tabelle hinausgeht und ausgeführt, dass der Bedarf der Antragstellerin grundsätzlich mit dem Tabellenunterhalt von 272 % der Düsseldorfer Tabelle abgedeckt und ein etwaiger berechtigter Mehrbedarf für das Hobby Reiten nicht schlüssig dargelegt worden sei. Weiter hat der Antragsgegner, der für die Zeit von Juli 2019 bis März 2022 einen Kindesunterhaltsbetrag in Höhe von € 87.253,99 bezahlt hat, mit einem Wiederantrag beantragt, die Antragstellerin zu verpflichten, den seit 01.07.2019 von ihm bezahlten, über 272 % des Mindestunterhalts der jeweiligen Altersstufe der Düsseldorfer Tabelle hinausgehenden Betrag, hilfsweise den über den in diesem Verfahren rechtskräftig festgestellten Unterhalt hinausgehenden Betrag an ihn zurückzuzahlen.

Mit Schriftsatz vom 23.06.2021 hat er diese Anträge dahin abgeändert, dass Kindesunterhalt nur in Höhe eines Betrages von 200 % des Mindestunterhalt nach der Düsseldorfer Tabelle geschuldet werde, dieser Prozentsatz auch auf das Rückzahlungsbegehren zu beziehen sei.

Das Amtsgericht hat den Antragsgegner verpflichtet, an die Antragstellerin ab dem 01.07.2019 einen monatlichen Unterhalt in Höhe von € 2.259,49 zu zahlen. Auf den Wiederantrag des Antragsgegners hat das Amtsgericht die Antragstellerin verpflichtet, an ihn € 6.095,94 zu zahlen.

Beschwerde

Gegen diesen Beschluss haben sowohl Antragstellerin als auch der Antragsgegner Beschwerde eingereicht. Das Beschwerdegericht hat die Beschwerde der Antragstellerin in vollem Umfang zurückgewiesen. Auf die Beschwerde des Antragsgegner hat es den Beschluss des Amtsgerichts teilweise abgeändert und den Antragsgegner dazu verpflichtet, an die Antragstellerin ab dem 01.04.2020 einen monatlichen Unterhalt in Höhe von € 1.808,37 zu bezahlen. Auf den Wiederantrag des Antragsgegners hat es die Antragstellerin verpflichtet, an den Antragsgegner für einen Zeitraum vom 01.07.2019 bis einschließlich März 2022 überzahlten Kindesunterhalt in Höhe von insgesamt € 18.076,54 zurückzuzahlen.

Gegen die Entscheidung des Beschwerdegerichts haben die Antragstellerin die zugelassene Rechtsbeschwerde und der Antragsgegner Anschlussrechtsbeschwerde eingelegt.

Rechtsbeschwerde begründet

Das Beschwerdegericht befand die zulässige Rechtsbeschwerde der Antragstellerin und die Anschlussrechtsbeschwerde des Antragsgegners als begründet.

Nach § 1610 Abs. 1 BGB bemisst sich das Maß des zu gewährenden Unterhalts nach der Lebensstellung des Bedürftigen, die sich bei minderjährigen Kindern bis zum Abschluss ihrer Ausbildung von den Eltern ableitet. Dabei kommt es nach der Rechtsprechung des Senats beim Unterhalt minderjähriger Kinder auf die Lebensstellung beider Eltern an. Die Unterhaltspflicht ist aber auf den Betrag begrenzt, den der barunterhaltspflichtige Elternteil aufgrund des von ihm erzielten Einkommens zahlen muss. Es entspricht vom Senat gebilligter Praxis, sich bei der Bemessung des in diesem Sinne angemessenen Unterhalts an den von den Oberlandesgerichten entwickelten Tabellenwerken zu orientieren.

Wirtschaftliche Situation der Eltern maßgebend

Bei höherem Elterneinkommen muss sichergestellt bleiben, dass Kinder in einer ihrem Alter entsprechenden Weise an einer Lebensführung teilhaben, die der besonders günstigen wirtschaftlichen Situation ihrer Eltern entspricht, sodass der Kindesunterhalt auch bei einem den höchsten Einkommensbetrag der Düsseldorfer Tabelle übersteigenden Elterneinkommen im Hinblick auf die Darlegungs- und Beweislast des Unterhaltsberechtigten für seinen Unterhaltsbedarf nicht faktisch auf den für die höchste Einkommensgruppe der Düsseldorfer Tabelle geltenden Richtsatz festgeschrieben werden darf.

Eine allgemein gültige feste Obergrenze besteht für den Kindesunterhalt weiterhin nicht. Vielmehr bleibt dem unterhaltsberechtigten Kind die Darlegung eines höheren Bedarfs unbenommen. Allerdings ist insbesondere beim Unterhalt minderjähriger Kinder zu beachten, dass dieser keine bloße Teilhabe am Luxus der Eltern beinhaltet und naturgemäß erst recht nicht zur Vermögensbildung des unterhaltsberechtigten Kindes dient. Schließlich ist das Maß des den Kindern zu gewährenden Unterhalts auch maßgeblich durch das Kindsein geprägt, berechtigt also insbesondere nicht zu einer gleichen Teilhabe am Elterneinkommen. Welche Bedürfnisse des Unterhaltsberechtigten danach unterhaltsrechtlich relevant sind und welche Wünsche des Unterhaltsberechtigten als bloße Teilhabe am Luxus nicht erfüllt werden müssen, kann nur unter Würdigung der besonderen Verhältnisse der jeweiligen Beteiligten namentlich auch einer Gewöhnung des Unterhaltsberechtigten ein von seinen Eltern während des Zusammenlebens gepflegten aufwändigen Lebensstil festgestellt werden.

Ob und in welcher Höhe ein vom Unterhaltsberechtigten geltend gemachter erhöhter Regelbedarf oder ein Mehrbedarf angemessen ist, obliegt der tatrichterlichen Würdigung. Bei der Bemessung des erhöhten Regelbedarfs ist das Gericht nicht gehindert, den zur Bedarfsdeckung erforderlichen Betrag unter Heranziehung des Mehrbetrags zu berechnen, der sich aus der Gegenüberstellung solcher besonderer Bedürfnisse mit bereits von den Richtwerten der Düsseldorfer Tabelle erfassten Grundbedürfnissen ergibt und unter Zuhilfenahme allgemeinen Erfahrungswissen nach Maßgabe des § 113 Abs. 1 FamFG i.V.m. § 287 ZPO zu bestimmen.

Unsere auf das Familienrecht spezialisierten Anwältinnen stehen Ihnen bei sämtlichen Fragestellungen dieses Rechtsgebiets kompetent zur Verfügung.


Insolvenzrecht - OLG Frankfurt zur Frage, ob Vollstreckungsmaßnahmen eines Vollstreckungsorgans Rechtshandlungen im Sinne von § 129 Abs. 1 InsO darstellen können

Insolvenzrecht - OLG Frankfurt zur Frage, ob Vollstreckungsmaßnahmen eines Vollstreckungsorgans Rechtshandlungen im Sinne von § 129 Abs. 1 InsO darstellen können

„1. Eine Vollstreckungsmaßnahme des Vollstreckungsorgans stellt keine Rechtshandlung im Sinne von § 129 Abs. 1 InsO dar. Einer solchen Rechtshandlung steht es aber nicht entgegen, wenn der Schuldner unter dem Druck der Zwangsvollstreckung zahlt. Übergibt der Schuldner dem Vollziehungsbeamten Bargeld, deren Pfändung andernfalls hätte hinnehmen müssen, ist diese Zahlung nicht nach § 131 Abs. 1 InsO anfechtbar. Umgekehrt ist aber bei einer Barzahlung von einer Rechtshandlung auszugehen, wenn der Vollziehungsbeamte auf das Bargeld nicht ohne tatsächliche oder rechtliche Hindernisse hätte zugreifen können.

2. Die Beweislast für die Rechtshandlung trägt der anfechtende Insolvenzverwalter.

3. Liegen Quittungen für den Einzahler vor, ausweislich derer der Vollziehungsbeamte jeweils einen glatten Einzahlungsbetrag in bar erhalten hat, dann sprechen die glatten Beträge für willensgeleitete Entscheidungen des Schuldners und gegen Pfändungen.

4. Ein Beklagter darf nicht pauschal eine Erklärung mit Nichtwissen abgeben, wenn ihm die Urkunden zum gegnerischen Vortrag vorgelegt worden sind. Er muss dann substantiiert bestreiten.“

Bei Fragen hinsichtlich der Anfechtbarkeit von Rechtshandlungen stehen Ihnen unsere auf das Insolvenzrecht spezialisierten Anwälte kompetent zur Verfügung.


Insolvenzrecht - Beihilfe an einer Insolvenzverschleppung durch einen Notar

Insolvenzrecht - Beihilfe an einer Insolvenzverschleppung durch einen Notar

Hintergrund

Im vorliegenden Fall hat die Staatsanwaltschaft Lübeck Anklage gegen einen Rechtsanwalt und Notar erhoben, da sie ihm zur Last legt, einen anderen zu dessen vorsätzlich begangener rechtswidriger Tat – einer Insolvenzverschleppung gemäß §§ 15 a Abs. 1 S. 1, Abs. 4 Nr. 1 InsO – Beihilfe geleistet zu haben.

So habe der Angeklagte in seiner Funktion als Notar am 20.09.2017 den Geschäftsanteilskaufvertrag mit der Urkunden Nr. 367/2017 über den Verkauf und die Abtretung von Gesellschaftsanteilen, die Geschäftsführerabberufung und Neubestellung sowie die Sitzverlegung der pp. beurkundet. Hierbei soll er gewusst haben, dass die bei diesen Beurkundungen beteiligten Personen mit der Übernahme der Gesellschaftsanteile und der Geschäftsführung den Zweck verfolgten, dieser einer ordnungsgemäßen insolvenzrechtlichen Abwicklung zu entziehen. Trotz Zahlungsunfähigkeit der pp. am 31.10.2017 hätten pp und pp. innerhalb von drei Wochen keinen Insolvenzantrag gestellt, obwohl sie dazu verpflichtet gewesen seien. Das Amtsgericht Lübeck hatte im März 2021 daher einen Strafbefehl gegen pp. erlassen unter anderem wegen vorsätzlicher Insolvenzverschleppung in Bezug auf die pp. Das Amtsgericht ging davon aus, dass die pp. spätestens am 31.10.2017 zahlungsunfähig gewesen sei.

Im Weiteren hat das Amtsgericht die Eröffnung des Hauptverfahrens aus tatsächlichen Gründen abgelehnt, da keine ausreichenden tatsächlichen Anhaltspunkte zur Begründung eines hinreichenden Tatverdachts in Bezug auf die Begehung einer Straftat gemäß §§ 15 a Abs. 1 S. 1, Abs. 4 Nr. 1 InsO, 27 StGB vorliegen. Die ermittelten Umstände begründeten keine Beihilfehandlung des Angeklagten. So liege weder eine berufsuntypische Handlung des Angeklagten vor noch sei er in die Planungen von pp. einbezogen gewesen. Bei den Beurkundungen am 20.09.2017 habe der Angeklagte nicht erkannt, dass das Handeln auf die Begehung einer Insolvenzverschleppung gerichtet gewesen sei. Dies sah das Landgericht Lübeck zusammen mit der Staatsanwaltschaft Lübeck, die die Beschwerde eingelegt hat, anders.

„1. Hinreichender Tatverdacht liegt vor, wenn bei vorläufiger Tatbewertung auf Grundlage des Ermittlungsergebnisses die Verurteilungen einer Hauptverhandlung mit voll gültigen Beweismitteln wahrscheinlich ist. Die Wahrscheinlichkeit einer Verurteilung in der Hauptverhandlung muss in der Regel höher sein als diejenige eines Freispruchs.

2. Auch ein faktischer Geschäftsführer ist nach §§ 15 a Abs. 1 S. 1, Abs. 4 Nr. 1 InsO strafrechtlich verantwortlich.

3. Bei einer berufstypischen Handlung liegt nur dann eine Beihilfehandlung vor, wenn der Handelnde weiß, dass das Handeln des Haupttäters ausschließlich auf die Begehung einer Straftat abzielt oder wenn das von ihm erkannte Risiko strafbaren Verhaltens des von ihm Unterstützten derart hoch war, dass es sich die Förderung eines erkennbar tatgeneigten Täters angelegen sein ließen.

4. Die Kenntnis eines Notars im Hinblick auf die Förderung einer Insolvenzverschleppung kann durch die Feststellung von Indizien belegt werden. Hierfür kommen unter anderem insbesondere in Betracht: Übertragung sämtlicher Geschäftsanteile an einen Dritten, Änderung der Firmierung, wiederholter Wechsel in der Person des Geschäftsführers, Sitzverlegungen der Gesellschaft an einen entfernt gelegenen Ort oder ins Ausland.“

LG Lübeck, Beschluss vom 27.03.2023 – 6 QS 33/22.

In unserer auf das Insolvenzrecht spezialisierten Kanzlei stehen wir Ihnen bei Fragen zu den Voraussetzungen einer Insolvenz sowie zu den Gefahren einer Insolvenzverschleppung gerne zur Verfügung.


Erbrecht - OLG München zur Auslegung eines privatschriftlichen Testaments

Erbrecht - OLG München zur Auslegung eines privatschriftlichen Testaments

„1. Zur Auslegung eines privatschriftlichen Testaments, das der Erblasser mehr als zehn Jahre vor seinem Tod errichtet hat und das als Erben denjenigen bestimmt, der den Erblasser bis zu seinem Tod gepflegt und betreut und gleichzeitig eine Person nennt, die dies gegenwärtig tut.

2. Ein Testament ist nichtig, wenn der Wortlaut der Verfügung so unbestimmt ist, dass die Auslegung ergebnislos bleiben muss.

3. Auf einen Mindestbedeutungsgehalt der vom Erblasser verwendeten Begriffe kann nur dann abgestellt werden, wenn feststeht, dass der Erblasser diese in eben jenem Sinne verwendet hat.“

OLG München, Beschluss vom 02.10.2023 – 33 Wx 38/23 e

 

Bei Fragen zur Auslegung privatschriftlicher Testamente sowie zu deren Herstellung stehen Ihnen unsere auf das Erbrecht spezialisierten Anwälte kompetent zur Verfügung.


Insolvenzrecht - Schadensersatzpflicht des Wirtschaftsprüfers im Insolvenzverfahren

Insolvenzrecht - Schadensersatzpflicht des Wirtschaftsprüfers im Insolvenzverfahren

„1.
Die vom BGH entwickelten Grundsätze zur Haftung des Steuerberaters für die Erstellung eines unzutreffenden Jahresabschlusses – wie sie zuletzt in der Entscheidung des BGH vom 26.01.2017 (IX ZR 285/14) ihren Niederschlag gefunden haben – finden auch auf die Haftung des Wirtschaftsprüfers Anwendung.

2.
Eine Pflichtverletzung des Wirtschaftsprüfers scheidet aus, wenn der Lagebericht eine eindeutige Formulierung aufweist, aus welcher er schließen kann, dass der Geschäftsleitung ein Insolvenzrisiko bekannt war.“

LG Ingolstadt, Beschluss vom 22.05.2023 – 81 O 2018/22, Beck RS 2023, 20727.

Hintergrund

Der Kläger macht als Insolvenzverwalter der UG & Co. KG Schadensersatzansprüche gegen die Beklagte aufgrund eines Insolvenzvertiefungsschadens geltend. Die im Jahr 2016 als GmbH & Co. KG gegründete UG (haftungsbeschränkt) & Co. KG bot auf dem Kapitalmarkt Kapitalanlagen an und bewarb diese. Das hierbei praktizierte Anlagemodell sah vor, dass private Anleger der Schuldnerin ein Darlehen gewähren. Die eingeworbenen Gelder sollten ihrerseits als Darlehen und Projektgesellschaften weitergereicht werden, die mit den Geldern Anlagen zur Erzeugung erneuerbarer Energien errichten und betreiben sollten. Die Darlehensverträge zwischen der Schuldnerin und den Anlegern einerseits und der Schuldnerin und den Projektgesellschaften andererseits enthielten jeweils qualifizierte Rangrücktrittsklauseln. Durch diese sollte das wirtschaftliche bzw. unternehmerische Risiko vollständig auf die Darlehensgeber verlagert werden. Die Schuldnerin beauftragte die Antragsgegnerin, den Jahresabschluss der Schuldnerin für das Jahr 2018 und den hierzu erstellten Lagebericht im Rahmen des ihr erteilten Prüfauftrags am 10.09.2019 zu erstellen. Der Jahresabschluss aus dem Jahr 2018 wurde von der Antragsgegnerin mit folgender Bemerkung versehen:

„Die Gesellschaft weist zum 31.12.2018 einen nicht durch Vermögensanlagen gedeckten Fehlbetrag aus. Eine Überschuldung im Sinne der Insolvenzordnung ist aufgrund der Rangrücktrittsvereinbarungen in den in der Gesellschaft gewährten Nachrangdarlehen nicht gegeben.“

Sie hat den erstellten Jahresabschluss für das Jahr 2018 am 10.09.2019 testiert. Der Antragsteller trägt vor, dass dem Geschäftsführer der Schuldnerin zwar die Problematik der Wirksamkeit der Nachrangklausel bekannt gewesen sei. Er habe demgegenüber den Zusammenhang zwischen der Unwirksamkeit der Nachrangklauseln an dem Fehlen einer positiven Führungsprognose nicht gekannt und damit keine Kenntnis von seiner Verpflichtung, einen Insolvenzantrag zu stellen, gehabt.

Für den Fall, dass der Geschäftsführer der Schuldnerin von der Beklagten auf das Fehlen einer positiven Fortführungsprognose hingewiesen worden wäre, wäre er seiner Verpflichtung, einen Insolvenzantrag zu stellen, umgehend nachgekommen. Die Antragsgegnerin sei zum Ersatz des entstandenen Insolvenzvertiefungsschaden verpflichtet.

Landgericht verneint Haftung des Wirtschaftsprüfers

Eine Haftung der Antragsgegnerin unter dem Gesichtspunkt einer Verletzung von Hinweis- und Warnpflichten nach den §§ 280 Abs. 1, 675 Abs. 1 BGB kommt bereits deswegen nicht in Betracht, da die Antragsgegnerin bzw. der konkret für sie tätige Prüfer Grund zu der Annahme hatte, dass die Insolvenzschuldnerin sich der Umstände, die auf einen Insolvenzgrund hinweisen – hier die Problematik der Rechtswirksamkeit der Nachrangklauseln – bewusst und in der Lage war, die tatsächliche und rechtliche Bedeutung dieser Umstände einzuschätzen.

Der Lageplan ist ein selbstständiger Teil des Jahresabschlusses. Dieser wird zwar, wie auch die anderen Teile, vom Wirtschaftsprüfer testiert. Der Wirtschaftsprüfer erstellt jedoch den Lagebericht nicht selbst. Außerdem wurde der Lagebericht vom damaligen Geschäftsführer der Insolvenzschuldnerin gezeichnet. Lediglich das Testat am Ende des Jahresabschlusses stammt vom Wirtschaftsprüfer. Da beim Lagebericht der damalige Geschäftsführer somit selbst festgehalten hat, dass eine Überschuldung der Firma im insolvenzrechtlichen Sinne nur wegen der Rangrücktrittsvereinbarungen in den der Gesellschaft gewährten Nachrangdarlehen nicht gegeben sei, steht zur Überzeugung des Gerichts bereits positiv fest, dass dem Geschäftsführer der Insolvenzschuldnerin die tatsächliche und auch rechtliche Problematik der nach Rechtswirksamkeit der Nachrangklauseln bewusst und in der Lage war, die tatsächliche und rechtliche Bedeutung bewusst war.

Eine Pflichtverletzung des Wirtschaftsprüfers scheidet hier also aus, wenn der Lagebericht eine eindeutige Formulierung aufweist, aus welcher man erschließen kann, dass der Geschäftsleitung ein Insolvenzrisiko bekannt war. Es bleibt festzuhalten, dass aber grundsätzlich die vom BGH entwickelten Grundsätze zur Haftung des Steuerberaters für die Erstellung eines unzutreffenden Jahresabschlusses auch auf die Haftung eines Wirtschaftsprüfers Anwendung finden.

Unsere auf das Insolvenzrecht spezialisierten Anwälte stehen Ihnen bei der Geltendmachung und Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen gegen einen beauftragten Wirtschaftsprüfer oder Steuerberater kompetent zur Verfügung.


Insolvenzrecht - Schadensersatzpflicht des Rechtsberaters im Insolvenzverfahren

Insolvenzrecht - Schadensersatzpflicht des Rechtsberaters im Insolvenzverfahren

„1.
Die Einbeziehung eines Dritten in den Schutzbereich des zwischen Rechtsberater und Mandant geschlossenen Mandatsvertrags ist nicht allein deshalb ausgeschlossen, weil dem Berater im Verhältnis zum Mandanten nur eine Schutz- oder Fürsorgepflichtverletzung zur Last fällt.

2.
Die Hinweis- und Warnpflicht des Rechtsberaters bei möglichem Insolvenzgrund kann Drittschutz für den Geschäftsleiter der juristischen Person oder Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit entfalten; Voraussetzung ist ein Näheverhältnis zu der nach dem Mandatsvertrag geschuldeten Hauptleistung.

3.
In den Schutzbereich des Vertrags bei Verletzung der Hinweis- und Warnpflicht bei möglichem Insolvenzgrund kann auch ein faktischer Geschäftsleiter einbezogen sein.“

 

Hintergrund

Der BGH entschied in einem Fall, in welchem die Klägerin die Beklagte als Haftpflichtversicherer eines in insolvenzgefallenen Rechtsanwalts in Anspruch nimmt. Sie macht geltend, ihr stünden Schadensersatzansprüche aus abgetretenem Recht gegen den versicherten Rechtsanwalt zu, da dieser Hinweis- und Warnpflichten verletzt habe.

Zedenten des abgetretenen Schadensersatzanspruchs sind M und J. M Senior war bis Ende 2009 Geschäftsführer der persönlich haftenden Gesellschafterin der M GmbH & Co. KG. Danach wurde sein Sohn J Junior, Geschäftsführer. Die Klägerin behauptet, M Senior sei weiterhin faktisch als Geschäftsführer tätig gewesen. Die KG beauftragte den Rechtsanwalt ab Juli 2009 wiederholt mit ihrer Beratung. Auf Antrag vom 04.06.2012 wurde am 01.08.2012 das Insolvenzverfahren über das Vermögen der KG eröffnet. Der Insolvenzverwalter nahm M und J wegen verbotener Zahlungen nach Insolvenzreife in Anspruch. Diese verpflichteten sich im Wege eines Vergleichs als Gesamtschuldner zu einer Zahlung in Höhe von 85.000,00 €. Die Zahlung wurde geleistet.

In Höhe dieses Betrags verlangt die Klägerin von dem beklagten Haftpflichtversicherer Schadensersatz. Sie meint, der Rechtsanwalt habe seine Beratungspflichten im Blick auf eine bestehende Insolvenzreife der KG verletzt; M und J sind als formaler und faktischer Geschäftsführer in den Schutzbereich der mit der KG geschlossenen Mandatsverträge einbezogen gewesen. Auf dieser Grundlage begehrt die Klägerin zudem Ersatz von Rechtsanwaltskosten in Höhe von 11.766,66 €, die M und J in der rechtlichen Auseinandersetzung mit dem Insolvenzverwalter über den geltend gemachten Anspruch wegen Zahlungen nach Insolvenzreife entstanden sind.

Landgericht gibt Klage statt

Das Landgericht hat der Klage in Höhe von 96.766,66 € stattgegeben. Das Berufungsgericht hat die Klage abgewiesen. Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin den Anspruch weiter.

BGH – Klägerin hat Anspruch auf Schadensersatz

Nach Auffassung des BGH hat das Berufungsgericht sich nach Beweisaufnahme nicht davon überzeugen können, dass der Rechtsanwalt im Sinne einer Hauptpflicht gehalten gewesen sei, auf einen möglichen Insolvenzgrund und die daran anknüpfenden Handlungspflichten der organschaftlichen Vertreter der KG hinzuweisen. Ob eine entsprechende Nebenpflicht bestanden habe, hat das Berufungsgericht offengelassen. Insoweit fehle es an einer Einbeziehung der Vertreter in den Schutzbereich des zwischen dem Rechtsanwalt und der KG geschlossenen Mandatsverträge. Bestünden bloß nebenvertragliche Hinweis- und Warnpflichten, etwa wenn sich im Zusammenhang mit der anwaltlichen Tätigkeit als Punkte für die Gefahr einer Insolvenz des Mandanten ergeben, führe es zu weit, den organschaftlichen Vertreter in den haftungsrechtlich relevanten Schutzbereich des Vertrags zwischen der Gesellschaft und dem Rechtsanwalt auch hinsichtlich der Verletzung solcher bloß nebenvertraglichen Pflichten einzubeziehen. Dem folgt der BGH nicht.

Die Einbeziehung eines Dritten in den Schutzbereich des zwischen Rechtsberater und Mandant geschlossenen Beratungsvertrages ist nicht allein deshalb ausgeschlossen, weil dem Berater im Verhältnis zum Mandanten nur eine Schutz- oder Fürsorgepflichtverletzung (§ 241 Abs. 2 BGB) zur Last fällt.

Vor diesem Hintergrund kann offenbleiben, ob es revisionsrechtlicher Prüfung standhält, dass sich das Berufungsgericht nicht hat von einer Haftpflicht des Rechtsanwalts überzeugen können, auf eine mögliche Insolvenzreife der KG und die daran anknüpfenden Handlungspflichten hinzuweisen. Die Einbeziehung eines Dritten in den Schutzbereich eines Vertrags kommt auch dann in Betracht, wenn der Vertragsschuldner nur eine Schutz- oder Fürsorgepflicht verletzt hat. Auch die Hinweis- und Warnpflicht des Rechtsberaters bei möglichem Insolvenzgrund kann Drittschutz entfalten. Die Insolvenzantragspflicht begründet Handlungspflichten für den Geschäftsleiter; missachtet er die Antragspflicht, drohen ihm persönlich Haftungsfolgen. Die Haftungsfolgen sind im Fremdinteresse angeordnet, nicht aber im Interesse des Mandanten. Es handelt sich materiell um eine Haftung im Interesse der Gesamtheit der Gläubiger der insolvenzreifen Gesellschaft, um die verteilungsfähige Vermögensmasse zu erhalten und eine zum Nachteil der Gesamtheit der Gläubiger gehende, bevorzugte Befriedigung einzelner Gläubiger zu verhindern.

Die Insolvenzantragspflicht und die Haftung im Fremdinteresse, welche den Drittschutz begründen, sind der maßgebliche Unterschied zu der Fallgestaltung, in der die Beratung für Entscheidungen des Mandanten Gegenstand des Mandatsvertrags ist und für den Vertreter die Gefahr besteht, auf der Grundlage der Beratung seinerseits seine gegenüber dem Mandanten bestehenden Pflichten zu verletzen. Verhält es sich so, scheiden Schutzwirkungen des Mandatsvertrags zugunsten des Vertreters im Allgemeinen aus. Die Hinweis- und Warnpflicht bei möglichem Insolvenzgrund greift nur unter engen Voraussetzungen ein. Geschuldet sind Hinweis oder Warnung erst, wenn dem Berater der mögliche Insolvenzgrund bekannt wird, dieser führend offenkundig ist oder der Insolvenzgrund sich ihm bei ordnungsgemäßer Bearbeitung des Mandats aufdrängt. Die bloße Erkennbarkeit reicht nicht aus. Ferner muss der Berater Grund zur Annahme haben, dass sich der Geschäftsleiter nicht über den möglichen Insolvenzgrund und die daraus folgenden Handlungspflichten bewusst ist. Die Hinweis- und Warnpflicht erfordert keine eigenständige Prüfung oder Ermittlung des Insolvenzgrundes.

In unserer auf das Insolvenz- und Gesellschaftsrecht spezialisierten Kanzlei stehen wir Ihnen bei der Geltendmachung und Durchsetzung von Schadensersatzverpflichtungen eines Rechtsberaters im Insolvenzverfahren kompetent zur Verfügung.