Gesellschaftsrecht – Wirtschaftliche Neugründung einer GmbH
1. Von einer wirtschaftlichen Neugründung ist auszugehen, wenn die Kapitalgesellschaft eine leere Hülse ist, also kein aktives Unternehmen betreibt, an das die Fortführung des Geschäftsbetriebs – sei es auch unter wesentlicher Umgestaltung, Einschränkung oder Erweiterung seines Tätigkeitsgebiets – in irgendeiner wirtschaftlichen noch gewichtbaren Weise anknüpfen kann.
2. Eine wirtschaftliche Neugründung ist gegenüber dem Registergericht offen zu legen und der Geschäftsführer hat mit der Anmeldung der weiteren Eintragungsgegenstände entsprechend § 8 Abs. 2 GmbH-Gesetz zu versichern, dass die in § 7 Abs. 2, 3 GmbH-Gesetz bezeichneten Leistungen auf die Stammeinlage bewirkt sind und der Gegenstand der Leistung sich – weiterhin oder jedenfalls wieder – in seiner freien Verfügung befindet.
Kammergericht Berlin, Beschluss vom 14.10.2022 – 22 W 48/22
Hintergrund
Die seit dem 24.02.2022 im Handelsregister des AG Charlottenburg, Abteilung B, eingetragene Beteiligte ist eine GmbH, die die Eintragung ihrer am 30.03.2022 angemeldeten Änderungen der Firma sowie des Unternehmensgegenstands begehrt.
Die ursprünglich seit dem 10.07.2003 gemäß ihrem vormaligen Sitz in K. im Handelsregister des AG Rostock, Abteilung B, eingetragene Beteiligte, verlegte Anfang des Jahres 2022 ihren Sitz nach Berlin. In der Gesellschafterversammlung vom 19.01.2022, in der die Sitzverlegung beschlossen wurde, wurde zugleich die Bestellung des Herrn AD zum Geschäftsführer sowie die Entpflichtung der bis zu diesem Zeitpunkt geschäftsführenden Gesellschafter, der Herren HF und AS beschlossen. Ein in den Registerordner aufgenommene Gesellschafterliste vom 25.02.2022 weist Herrn AD zudem als Alleingesellschafter der Beteiligten aus. Mit notariell beglaubigter elektronischer Erklärung vom 30.03.2022 meldete der zwischenzeitlich als Geschäftsführer eingetragene Herr AD die Änderung der Firma und des Unternehmensgegenstandes zur Eintragung an. Beigefügt war der notariell beurkundete Gesellschafterbeschluss von diesem Tag, demzufolge die Firma der Gesellschaft nicht mehr F. GmbH, sondern D. GmbH lauten sollte und der Gegenstand des Unternehmens statt der Konstruktion, die Produktion und die Montage von Wintergarten und Wintergartenanlagen; der Vertrieb von Zubehör für Wintergärten; alle mit dieser Produktion im Zusammenhang stehenden Tätigkeiten, die sonstige Verwaltung und Führung von Unternehmen und Betrieben sein sollte.
Mit Schreiben vom 19.04.2022 wies das Registergericht daraufhin, dass die Summe der erkennbaren Umstände, insbesondere Firmen- und Gegenstandsänderung, darauf schließen ließ, dass ein Fall einer wirtschaftlichen Neugründung in der Form der Mantelverwendung gegeben sei. Die wirtschaftliche Neugründung sei offenzulegen und die Versicherung entsprechend § 8 Abs. 2 GmbH-Gesetz abzugeben. Einzureichen sei daher eine auf das Ende des letzten Wirtschaftsjahres aufgestellte und durch die Geschäftsführung unterzeichnete Bilanz nebst Gewinn- und Verlustrechnung.
Mit Schreiben vom 30.05.2022 setzte das AG der Beteiligten zu 1.) eine Frist zur Einreichung von zwei Wochen, die fruchtlos verstrich und wies die Anmeldung mit Beschluss vom 27.06.2022 zurück. Hiergegen richtet sich die durch den die Anmeldung einreichenden Notar eingelegte Beschwerde, der eine auf den Dezember 2021 bezogene Summen- und Saldenliste der Gesellschaft beigefügt war.
KG Berlin – Beschwerde unbegründet
Die Zurückweisung der Anmeldung vom 30.03.2022 durch Beschluss vom 27.06.2022 in der Form des Nichtabhilfebeschlusses vom 08.08.2022 ist laut Kammergericht Berlin nicht zu beanstanden. Da der Geschäftsführer der Beteiligten keine Versicherung entsprechend § 8 Abs. 2 GmbH-Gesetz vorgelegt hat, und die wirtschaftliche Neugründung nicht anlässlich der Anmeldung offengelegt hat, war die Eintragung entsprechend §§ 9 c Abs. 1 Satz 1, 7 Abs. 2, 3 GmbH-Gesetz abzulehnen.
Mit der Anmeldung der Veränderung der Firma und des Gesellschaftsgegenstand war der Geschäftsführer der Beteiligten verpflichtet, entsprechend § 8 Abs. 2 GmbH-Gesetz zu versichern, dass die in § 7 Abs. 2, 3 GmbH-Gesetz bezeichneten Leistungen auf die Stammeinlagen bewirkt sind und der Gegenstand der Leistungen sich weiter hin oder jedenfalls wieder in seiner freien Verfügung befindet.
Dies hat der Geschäftsführer der Beteiligten entgegen der Auflage des Registergerichts nicht getan. Die von ihm mit der Beschwerde eingereichte Summen- und Saldenliste bestätigt nicht, dass die Beteiligte noch ein Unternehmen führte. Im Gegenteil ergibt sich daraus, dass dies im Dezember 2021 nicht der Fall war.
Nach der Rechtsprechung des BGH sind die Regeln der sogenannten wirtschaftlichen Neugründung anwendbar, wenn die Gesellschaft eine leere Hülse ist, also kein aktives Unternehmen betreibt, an das die Fortführung des Geschäftsbetriebs – sei es auch unter wesentlicher Umgestaltung, Einschränkung oder Erweiterung seines Tätigkeitsgebiets – in irgendeiner wirtschaftlich noch gewichtbaren Weise anknüpfen kann. Auf diese Weise soll im Sinne eines wirksamen Gläubigerschutzes die Umgehung von Gründungsvorschriften vermieden werden. Dies hätte sonst zur Folge, dass die gesetzliche und gesellschaftsvertragliche Kapitalausstattung bei Aufnahme der wirtschaftlichen Tätigkeit nicht gewährleistet ist. Indizien hierfür können sein, dass die Firma oder der Unternehmensgegenstand geändert, der Sitz verlegt, die Geschäftsführung ausgetauscht und bzw. oder die Geschäftsanteile veräußert werden, wobei diese Umstände mit einer wirtschaftlichen Neugründung einer Mantelgesellschaft einhergehen können, aber nicht müssen. So liegt der Fall hier.
Bei Fragen zur Gründung einer GmbH und den Anforderungen an die Anmeldung der wirtschaftlichen Neugründung einer Kapitalgesellschaft stehen Ihnen unsere auf das Gesellschaftsrecht spezialisierten Anwälte kompetent zur Verfügung.