Arbeitsrecht - EuGH zu Auszeiten
Die wöchentliche Ruhezeit und die tägliche Ruhezeit sind jeweils autonome Rechte der Beschäftigten, auf die sie entsprechende selbstständige Ansprüche haben. Das entschied der europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg mit Urteil vom 02.03.2023 – C-477/21.
In dem vom EuGH zu entscheidenden Fall klagte ein Lokführer aus Ungarn. Dieser bekam von seinem Arbeitgeber eine wöchentliche Mindestruhezeit von 42 Stunden, deutlich mehr als die nach der Arbeitszeitrichtlinie vorgegebenen 24 Stunden. Allerdings gewährt der Arbeitgeber diese nicht, wenn er dem Arbeitnehmer die wöchentliche Ruhezeit oder Urlaub gewährte, d. h. weder zu Beginn noch am Ende dieser Zeiten. Der Arbeitgeber handelte, als sei die tägliche Ruhezeit Teil der wöchentlichen Ruhezeit.
Die Luxemburger Richter stellten nun klar, dass die tägliche Ruhezeit nicht Teil der wöchentlichen Ruhezeit ist, sondern zu dieser hinzu kommt, auch wenn sie dieser unmittelbar vorausgeht. Denn mit den beiden Ruhezeiten würden unterschiedliche Ziele verfolgt. Über die tägliche Ruhezeit könne sich der Arbeitnehmer nach einer Arbeitsperiode aus seiner Arbeitsumgebung zurückziehen. Über die wöchentliche Ruhezeit könne er sich ausruhen. Der Anspruch auf die tägliche Ruhezeit würde aber ausgehöhlt, wenn sie bei der Inanspruchnahme der wöchentlichen Arbeitszeit wegfalle. Das gehe auch aus der Arbeitszeitrichtlinie hervor. Dort heißt es in Art. 5, das jedem Arbeitnehmer pro Sieben-Tages-Zeitraum eine kontinuierliche Mindestruhezeit von 24 Stunden zuzüglich der täglichen Ruhezeit von 11 Stunden gemäß Art. 3 zu gewähren ist.
Dass der Lokführer aus Ungarn sogar eine längere Ruhezeit bekommt, als nach der Richtlinie vorgegeben, würde nichts ändern. Eine günstigere Regelung könne dem Arbeitnehmer nicht andere Rechte nehmen, insbesondere nicht das Recht auf tägliche Ruhezeit. Daher müsse die tägliche Ruhezeit unabhängig von der Dauer der in der anwendbaren nationalen Regelung vorgesehenen wöchentlichen Ruhezeit gewährt werden.
Aus unserer Sicht ist diese Entscheidung des EuGH wenig überraschend. Ähnliche Entscheidungen zu Art. 3 und 5 der Arbeitszeitrichtlinie gab es bereits zu ärztlichen Bereitschaftszeiten. Im Vordergrund stehen die Arbeitnehmerfreundlichkeit und die Betonung des Grundsatzes, dass Ruhezeiten dem Arbeitsschutz dienen.
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